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Saufnix  
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Dieses Thema hat 370 Antworten
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 Positives
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waldschrat1 Offline



Beiträge: 736

15.11.2004 10:13
#16 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Positives?

Hier ist sie wieder, die Einsamkeit, die ich mein ganzes Leben lang schon kenne. Eine alte Bekannte, ihre fahlen Züge sind mir so vertraut, wie mein Spiegelbild. Wie konnte ich nur annehmen, sie hier nicht wieder zu treffen?
Sei gegrüßt, nimm Platz, unterhalten wir uns ein wenig, so wie wir es aus Jahrzehnten unserer engen Beziehung ja schon so gewöhnt sind. Diesmal fehlt aber unser dritter Gesprächspartner, ich habe ihm die Freundschaft gekündigt, du musst mit mir ganz alleine Vorlieb nehmen.
Ich bin kritischer geworden.
So leicht lasse ich mich nicht mehr von dir dazu überreden, ihn doch noch zu unserem Gespräch herein zu bitten. Mit mir nicht, nicht mehr, und wenn du dich noch so sehr in meinem Leben, sogar hier, breit zu machen versuchst.

Woher kommst du eigentlich, verdammt noch einmal, was willst du in meinem Leben? Hab ich dir jemals gesagt: „ Oh, schön, dich zu sehen, komm, bitte bleib!“ …?
Hab ich nicht.
Aber ich bin kritischer geworden.
Vor allem selbstkritischer.
Was habe ich bislang getan, um unserem feuchtfröhlichen Dreier zu entkommen?
Ich habe mich unentbehrlich gemacht.
Hab ich geglaubt.
Aber die Idee dazu war zumindest vorhanden und sie wurde geboren von meinen Eltern, mir in die Wiege dazu gelegt, getarnt als ein wertvolles Geschenk, das es ja auch ist, wenn man die Weisheit dazu erwirbt, es richtig einzusetzen.

Das Geschenk hat geheißen:
„Du kannst alles, was du willst und das besser als jeder andere und hier sind die Fähigkeiten dazu, diesen Satz auch wahr werden zu lassen.“

Jetzt mach was draus.

Wie stolz waren meine Eltern auf ihren kleinen Waldschrat, er war nahezu ein Wunderkind. So eins, das man herzeigen und herumreichen konnte. Sauber war er schon mit 18 Monaten und mit drei hat er begonnen, Klavier zu spielen. Natürlich mit Unterricht im Konservatorium, versteht sich. Dann kam der Gesangsunterricht dazu. Eine engelsgleiche Stimme hatte er, reihenweise sind die Gesangslehrerinnen dahingeschmolzen, so ein begabtes Kind, zu den Sängerknaben sollte er gehen, die Aufnahmsprüfung war ein lustiger Spaziergang.
Volksschule in einer der besten Privatschulen, nur Einser, versteht sich, Applaus, Applaus!

Aber es kam doch ein wenig anders.
Klein-Waldschrat hat seine Pubertät ein wenig vorgezogen und mit zehn die Notbremse gezogen.
Keine Privatschule für Hochbegabte, keine Sängerknaben, alle Musikausbildungen abgebrochen, Lernverweigerung.
Klein-Waldschrat wollte nicht mit der Einsamkeit spielen, auch wenn diese geduldig sein ganzes Leben lang auf seine Gesellschaft gewartet hat und schließlich eben einen flotten Dreier angeboten hat, was die Unterhaltung in der Tat erträglich gemacht hat.
Aber Klein-Waldschrat hat nun seine Talente dazu benützt, andere Freunde gewinnen zu wollen, solche aus Fleisch und Blut, mit denen man spielen und lachen kann, Streiche aushecken, ganz andere Musik machen, so eine, die die Erwachsenen gar nicht mögen.
Und er war gut dabei. Verdammt gut. Viel zu gut.
Wenn’s darum ging, eine Wettfahrt mit dem Fahrrad zu gewinnen, er hat sie gewonnen.
Bäume klettern? Bis in den Wipfel an die letzte Grenze der Belastbarkeit der obersten Ästchen, weit oberhalb dessen, wohin der Nächste sich getraut hat.
Mutproben? Ein Bowiemesser in den Spalt zwischen den Füßen fallen lassen, wenn sie ganz knapp nebeneinander stehen? Klein-Waldschrat hat’s gemacht. Ohne Zucken.
Raufereien gegen andere Cliquen? Ein Schlachtfeld verlässt man als Sieger oder tot.
War Klein-Waldschrat nun beliebt?

Er war ein williger Narr, den man jederzeit dazu benutzen konnte, schwierige Aufgaben zu erledigen, die sonst keiner machen wollte, oder sich nicht getraut hat.
Aber er war kein Freund.
Er war der, den man gerufen hat, hilf mir, ich kann das nicht.
Und den man gleich danach wieder weggeschickt hat, bevor er mit seiner Klugscheißerei den anderen auf die Nerven gegangen ist.

Und die Einsamkeit saß grinsend daneben und hat zugesehen und auf ihre Chancen gewartet, die ihr Klein-Waldschrat zuhauf in die Hände gespielt hat.

Aber immer hat er gehört:
Du hast Talent, Klein-Waldschrat, mach was draus.
Egal, was du willst, du kannst es.
Und so war es.

Aus Klein-Waldschrat wurde Waldschrat, der Rebell. Der Anarchist.
Die Einsamkeit begann, ihm zuzuprosten.

Die Studienzeit verrann, nicht anders als vorher, nicht anders als danach.
Die Jagd nach Anerkennung über Können als Zugang zur Gemeinsamkeit – ein hoffnungsloses Unterfangen.

Aus Waldschrat, dem Anarchisten wurde Waldschrat, der grüne Alternativler, der Aussteiger, der nie Einsteiger war, praktizierend, versteht sich, mit Bauernhof, der’s den Bauern zeigt, wie’s geht.
Und der das auch noch schafft! (mal abgesehen von Tschernobyl)
Er hat sich damit auch keine Freunde geschaffen in der bäuerlichen Gesellschaft. Und die anderen haben ihn sowieso nicht verstanden.
Du bist doch so begabt, mach was draus!

Aber er hat eine Frau gefunden, die mit ihm diese Einsamkeit teilen wollte.
Es kam anders, aus einer Einsamkeit wurden zwei Einsamkeiten, die auch durch drei Kinder nicht wirklich zusammengeführt werden konnten. (Aber das ist vielleicht ein anderes Blitzlicht wert)

Was ich sagen wollte:
Ich kenne diese Art von Einsamkeit, in die ich immer wieder gerate, wenn ich gut sein will:
Du bist großartig, toll, phantastisch, aber lass mich in Ruh, du gehst mir auf die Nerven.

Ich grüße dich, Einsamkeit.
Wir werden wohl den Rest meines Lebens gemeinsam verbringen.

Aber versprich mir:
Lass deinen Kumpel draußen.


helena R ( gelöscht )
Beiträge:

15.11.2004 10:26
#17 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Hallo Waldschrat,

lies doch noch mal Dein Post durch: Du warst immer einsam , wenn Du großartig, toll, der Beste, Schnellste ; Klügste usw. sein wolltest oder mußtest.

Genau den Eindruck machst Du auch auf mich, das ist der Grund, warum ich Dir nicht mehr schreibe, weil Du ja doch auf alles eine Antwort weißt, es besser weißt, das letzte Wort haben mußt - das macht einsam auf Dauer!


Vielleicht lebt in Dir noch der kleine Waldschrat, den man um einiges betrogen hat in seiner Kindheit??

Fühl Dich bitte nicht angegriffen , ist nur mein ganz persönlicher Eindruck heute!

LG helena


waldschrat1 Offline



Beiträge: 736

15.11.2004 10:45
#18 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Hallo helena,

Weißt du, ich brauch mein eigenes post nicht durchlesen, ich habe hier eine Erkenntnis formuliert, die ich jetzt gewonnen habe und die eben wahr zu sein scheint, du siehst es ja auch genau so.
Wenn du allerdings das bist, wofür ich ich dich halte, dann verstehe ich diesen Satz nicht:

Zitat:
Genau den Eindruck machst Du auch auf mich, das ist der Grund, warum ich Dir nicht mehr schreibe, weil Du ja doch auf alles eine Antwort weißt, es besser weißt, das letzte Wort haben mußt - das macht einsam auf Dauer!
Zitat Ende

Es war nie so, dass du mich nicht erreichen konntest, du hast nach einem Versuch, auf den ich dir sogar geantwortet habe, aufgegeben und nur mehr über mich, nicht aber mit mir gesprochen.
Wenn ich einige Threads hier verfolge, so sehe ich dich x-mal antworten auf die Uneinsichtigkeit in Person.
Und wenn ich diese Antwort nun verfasse, so entspreche ich wiederum deiner Erwartungshaltung, die du von mir hast: Ich habe schon wieder eine Antwort und ich habe das bislang letzte Wort.
Aber sei mir nicht böse, das halte ich für das Wesen der Kommunikation schlechthin, dass man Antworten gibt und notgedrungenerweise dies für hoffentlich kurze Zeit auch des letzte Wort sein muss.
Vielleicht ist das für dich nicht ersichtlich aus dem, was du von mir gelesen hast, aber ich ringe um Erkenntnis und eine brauchbare und positive Einstellung für mein künftiges Leben und um Aufarbeitung meiner Vergangenheit.

Dabei gehe ich allerdings einen anderen Weg, nicht den von dir vorgeschlagenen.
Verletze ich dich damit?


helena R ( gelöscht )
Beiträge:

15.11.2004 10:55
#19 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Nein, Waldschrat,

ich finde auch, daß Du auf einem richtigen Weg bist, und es hat sich auch einiges geändert in Deiner Art zu schreiben.

Aber Du hast so viele hier am Board, die Dir antworten , daß ich nicht auch noch was dazu sagen muß!

Ich versuche, nur dann was zu posten, wenn ich das Gefühl habe, ich kann einen Beitrag leisten, wenn jemand um Hilfe ruft und außer mir grad keiner am Board ist, oder wenn ich mich besonders angesprochen fühle.

Ich poste eigentlich selten, um zu posten ( hoffe ich jedenfalls).

LG helena


waldschrat1 Offline



Beiträge: 736

15.11.2004 11:32
#20 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

hallo helena,

vielleicht können wir diese merkwürdige Aggressivität in unseren jeweils an den anderen gerichteten posts in Zukunft weglassen, ich habe keine Ahnung, wieso das ausgerechnet mit dir so ist.

Aber bitte, vergleiche das was du sagst, mit dem, was du tust!

Ich nehme es zur Kenntnis, dass du scheinbar der Meinung bist, meine posten hier ist kein Hilferuf, ich nehme zur Kenntnis, dass du von dir selbst glaubst, du antwortest nur, wenn außer dir keiner antwortet, weil keiner da ist und ich nehme zur Kenntnis, dass du dich durch posts, die mit einem Zitat von dir und "hallo helena!" beginnen und mit der mit Fragezeichen versehenen Frage "Warum bringe ich dich in Wut?" nicht besonders angesprochen fühlst, so dass du gar nicht darauf antwortest.

Ich glaube doch eher, dass du meine Art nicht verträgst, warum auch immer.
Aber erzähl doch ein wenig von dir:
Bist du selber Ex oder CO oder nur therapeutisch interessiert?


helena R ( gelöscht )
Beiträge:

15.11.2004 12:18
#21 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Hallo Waldschrat,

vielleicht sollten wir es einfach akzeptieren, daß wir auf völlig verschiedenen Wellenlängen senden.

Man muß sich ja im Leben nicht mit jedem Menschen gut verstehen und wohlfühlen, so ist das hier am Board auch, denke ich, ich habe hier auch so meine Leute, mit denen ich mich besonders gut verstehe, aber auch die, mit denen ich mich sehr schwer tue sowie manche, die mir garnichts sagen.

Das beruht aller Wahrscheinlichkeit nach auf Gegenseitigkeit.

Da hier aber täglich 1500 - 1800 Menschen anwesend sind bei 738 angemeldeten Mitgliedern , sollte das ja auch garkein Problem darstellen.

Also, Waldschrat, nichts für ungut
Helena


laufchrissi ( gelöscht )
Beiträge:

15.11.2004 12:56
#22 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Tja, ich habe fetsgestellt, ist gibt immer wieder Menschen bei denen stimmt die Chemie einfach nicht. Aber das das auch über das I-Net geht??? Seeehhrr seltsam.

Nehmt Euch doch einfach nicht so wichtig.
Leben und leben lassen.
Easy does it.

Mensch Ihr seit trocken, daß ist doch die Hauptsache.


waldschrat1 Offline



Beiträge: 736

15.11.2004 13:03
#23 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Ok, helena, eben verschieden.
Zum Schluss nehme ich auch noch zur Kenntnis, dass du auf konkrete Fragen einfach gar keine Antworten gibst.
Ganz verschieden.

Liebe Grüße


Weggefaehrte Offline



Beiträge: 360

15.11.2004 13:25
#24 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Hallo Waldschrat.

Deine Post mit Deinen Gedanken zur Einsamkeit, passen gut als Ergänzung zu meinem Post dass ich Dir Geschriben hatte. Du bestätigst darin nämlich genau meine Ausführungen über die Gefühlsverletzungen im Kindesalter als Fundament für eine spätere Suchterkrankung.

Du hattest mir darauf geantwortet, dass Deine Kindheit in Ordnung war und Du ein liebesvolles Elternhaus hattest. nach Deinem Post sehe ich dies aber jetzt ganz anders. Deine Rolle in Deiner Familie war wohl das des Superhelden der für das Familienimage verantwortlich war.

Für gute Leistungen wird man gelobt und belohnt. Um dies zu ereichen muß man immer hundertprozentige Leistung bringen. Da das ganze Umfeld diese Leistungen erwartet, wird es immer schwerer diese 100% zu bringen. Wie Du ja selbst schreibst, hast Du Dich mit 10 Jahren dagegen aufgelehnt und Dein verhalten geändert. Waren jetzt Deine Eltern immer noch so Stolz auf Dich, den ich könnte mir vorstellen, dass Du jetzt nicht mehr so leicht als Superheld von Deinen Eltern vorgestellt werden konntest.

Man wird Einsam weil einen die Anderen meiden die mit diesen Supperleistungen nicht mithalten können. Man ist gezwungen immer besser als die Anderen zu sein um Anerkennung zu erhalten. Natürlich wirst Du damit kommen, dass das alles falsch gesehen oder verstanden wurde. Aber mir war es wichtig Dir meine Gedanken mitzuteilen,da ich auch aus so einem Elternhaus komme, wo nur Anerkennung und Lob für außergewöhliche Leistungen gegben wurde. Da ich mich genau wie Du irgentwann dagegen auflehnte war ich plötzlich der Versager, egal was ich auch tat und wie groß die Bemühungen auch waren, nichts war mehr gut genug.

Diese Dinge waren mit verantwortlich für meine Erkrankung, aber dies ist mir erst in meiner Therapie klar geworden. Ich verstand plötzlich woher es kam, dass ich immer im Mittelpunkt stehen wollte und dies immer mit Höchstleistunden auch schaffte. Ich bin heute dankbar dafür,
dass mir Therapeuten halfen diese Dinge aufzuarbeiten und abzulegen und einen neuen Weg zu gehen.

Liebe Grüße von Günther.


waldschrat1 Offline



Beiträge: 736

15.11.2004 13:47
#25 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Lieber Günther, Weggefährte!

Ganz recht, du hattest Recht und ich hab mich dagegen gewehrt. Wenn ich jetzt damit deine Ausfühungen bestätige, hat das System.
Zu dem Zeitpunkt, wo ich sagte, meine Kindheit war in Ordnung, war ich auch ganz sicher dieser Meinung. Ich war kein verwahrlostes, zu Hause ungeliebtes Kind mit schlechten Vorbildern, sondern das Gegenteil. Dass das nicht heißt, die Kindheit war in Ordnung, sehe ich erst jetzt.
Vielleicht kann man mein mich Wehren jetzt einmal in einem anderen Licht sehen. Nämlich überhaupt nicht als "immer Recht haben müssen", sondern um das Ringen nach Verständnis, ohne Dinge (schon wieder) unhinterfragt zu akzeptieren.
Tatsächlich laufe ich jeder Kritik, die hier an mir geäußert wird, sei sie jetzt lieb oder scharf formuliert, hinterher und frage warum.

Meine Eltern?
Ich konnte machen, was ich wollte, ich blieb ihr Superheld. Und wenn ich nur der Superheld der Möglichkeiten war.
Mit dem Ausklingen der Pubertät hat ja auch die Lernverweigerung aufgehört, dazu war mir Wissen einfach zu interessant.
Ich bin dankbar dafür, dass ich hier die Gelegenheit habe, zu solchen Erkenntnissen zu kommen und meinen neuen Weg zu gehen.


fallada Offline



Beiträge: 2.386

15.11.2004 21:20
#26 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Hi Waldschrat,

kann so die Einsamkeit der (Hoch-)Begabten aussehen? (Hat nix mit den Strebern zu tun.)
Wer liebte die denn schon, die in der Schule kaum was machten, aber immer Einser bekamen? Was sie anpackten, gelang. Drei oder so Wochen auf der Gitarre üben und sie konnten alles von den Beatles spielen. Die Bräute lagen ihnen zu Füßen: Was ne Gemeinheit!
Wurden gehaßt, beneidet, maximal bewundert.. Aber in der Clique (wie hieß das eigentlich in den 60-ern:gruebel waren sie ungern gesehen, irgendwie. Ich erinnere mich, daß die Schlauen sich meistens allein rumdrückten... Auch Scheiße!
Ich glaub, so mancher hat sich gewünscht, etwas weniger Grips in der Birne zu haben.

Übermäßig Hirn zu haben, ist wohl Segen und Fluch zugleich.

Trinker sind alle gleich, aber jeder ist anders,
fallada


waldschrat1 Offline



Beiträge: 736

16.11.2004 07:05
#27 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Hallo fallada und alle,

Die Vielseitigkeit hatte noch eine zweite, gar nicht günstige Auswirkung:
Ich konnte mich nie für irgendeine berufliche Laufbahn (nicht Karriere, die interessiert mich sowieso nicht) entscheiden. Immer war alles ungefähr gleich interessant, kaum habe ich mich für eine Materie gerade interessiert und mich damit beschäftigt, habe ich von allen Seiten gehört, mach doch das, das liegt dir doch so, du könntest ein großartiger dieses oder jenes werden.
Ja, aber dann hätte ich die anderen interessanten Dinge nicht mehr tun können, also habe ich mich im Grunde genommen bis heute für gar nichts entschieden.

"Der Zerrissene" könnte man mein Leben übertiteln, oder "Wanderer zwischen den Welten", komm' Zigan, spiel mir das Lied vom Tod.
Aber ich hab einen Weg gefunden, der für mich passt.
Ich verdiene meinen Lebensunterhalt als freiberuflicher Erfinder und mach' was für meine Seele als Teilzeit-Behindertenbetreuer bei Schwerst- und Mehrfachbehinderten.
Damit bleibe ich frei wie eine Schwalbe...


waldschrat1 Offline



Beiträge: 736

16.11.2004 08:41
#28 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Ich fühle bereits eine Welle von Hass auf mich zurollen. Ich höre einige Forumsteilnehmer schon in die Tasten klopfen:
Du Angeber, was willst du hier eigentlich veranstalten? Eine one-man show für einen kranken Egomanen? Du ach so kluger Zeitgenosse, nimm deine angeblichen Begabungen und steck sie dir sonst wo hin, aber verschone uns mit deinen Aussagen.

Aber so merkwürdig das vielleicht für manche klingen mag:
Für mich waren und sind diese Aussagen ein Bekenntnis, sie gehören zu meinem outing dazu.
Immer und überall versuche ich das zu verstecken.

Warum arbeite ich mit (geistig -)Schwerstbehinderten ?
So wie Hass und Liebe zwei entgegengesetzte Gefühle sind, die auf der gleichen Ebene zu Hause sind, die in ihrer Gewichtung vergleichbar sind, die einander absolut nicht ausschließen, sondern zugleich sich auf ein Ziel richten können, so ist es mit der Begabung auch. Genie und Wahnsinn sind das gleiche, nur scheinbar diametral entgegengesetzt. Somit kümmere ich mich, als ein Schwerstbehinderter um meine Leidensgenossen, die halt eine andere Form der Behinderung aufweisen, die sie daran hindert, sich um sich selbst zu kümmern. Wir Randerscheinungen der Gesellschaft sollten einfach zusammenhalten.

Die gleiche Ablehnung, wie sie oft Behinderten entgegengebracht wird, die habe ich auch verspürt, deshalb ist Understatement normalerweise die geeignete Methode.

Es ist fast unerträglich, wenn die Menschen nur noch darauf warten, dass man einen Fehler macht, um dann mit größter Schadenfreude sagen zu können: Ha, schau ihn dir an, den Herrn Neunmalklug, jetzt hat er aber Scheiß gebaut! Wenn in allen Sätzen, die du sagst, nur nachgebohrt wird, ob du dir nicht irgendwo widersprichst. Es ist zum Kotzen.
Zum eigenen Perfektionismus, den man mit sich herumschleppt, kommen dann noch Latten, die einem gelegt werden, die absolut unmöglich zu überspringen sind, nur damit man scheitert und das Selbstbewusstsein der Mitmenschen nicht erschüttert wird.

Ich liebe geistig Behinderte.
Hat jemand schon einmal gesehen, wie sich ein Behinderter freuen kann?
Es ist die reine Freude, jungfräulich und unantastbar, ein ganzes Leben lang. Kein Wenn und Aber trübt sie und sie kommt eruptiv aus den Tiefen der Seele, gewaltig wie ein Naturereignis.
Dagegen sind die Empfindungen von sogenannten „normalen“ Menschen wie schaumgebremstes Abwaschwasser.
Freude ist Freude, Schmerz ist Schmerz und Wut ist Wut, der reine Extrakt der Gefühle, zum Hinschauen und Lernen.


minitiger2 ( gelöscht )
Beiträge:

16.11.2004 09:00
#29 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

Waldschrat, für mich ist es sehr interessant, Deine Selbstdarstellung zu verfolgen.

Denn sehr vieles von Deiner Argumentation, auch die Einsamkeit, und die Unfähigkeit, sich für einen eindeutigen Weg zu entscheiden, kenn ich von mir.

Ich könnte ja was verpassen, und irgendwie kann ich ja alles...könnte glatt ich sein, und zwar ich, wie ich von anderen beschrieben werde. Ich hab ein wahnsinniges Talent, irgendwo wichtig zu werden. Und dann will ich wieder - nix wie weg -

Aber wozu eigentlich? Waldschrat, was hab ich denn wirklich davon, wenn ich alles kann, nur eins kann ich nicht, nämlich glücklich und zufrieden sein?
Alles was ich mach, ist doch irgendwie in den Wind gepisst, in hundert Jahren kräht kein Hahn mehr danach, dem Universum ist es eh wurscht, und ich selbst hab in hundert Jahren sowieso nix mehr davon.

Also was bringt es mir, wenn ich irgendwo besser bin, als andere?
Ich leb ja deswegen nicht sorgloser wie andere, das wirkliche Geld verdienen die Schlauen, die die Intelligenten für sich arbeiten lassen, und es sind auch die Schlauen, die ein sorgloses Leben haben.

Kann ich mich wegen meiner ganzen Intelligenz und meiner ganzen Talente besser fallen lassen? Läuft deswegen mein Leben, einfach so, rund und wie geschmiert? Kann ich wirklich tun und lassen was ich will? Und zwar das, was ich wirklich will - kann ich einfach so glücklich und zufrieden sein und mein Leben einfach so nehmen, wie es sich mir bietet? Einfach so, locker, passt schon, ich bin auch nur ein Mensch und nach mir die Sintflut..

..Nein, kann ich nicht, aber ich arbeite dran (schon wieder arbeiten, kanns doch nicht wirklich sein, oder)..

Nein, erst angucken, und dann loslassen, was ich nicht haben will.

Und ich mein, in Deinen Beschreibungen ist doch auch schon einiges durchgekommen, was mit einem lockeren Leben aber auch gar nix zu tun hatte..und das merk ich auch daran, dass Deine Lebensbeschreibung keine Spur Neid in mir erweckt.

Schade, dass ich grad nicht die Zeit hab, heut morgen weiterzudiskutieren. Aber vielleicht fällt Dir trotzdem was dazu ein.

Ich hab die Welt nicht geschaffen, ich hab die Welt nicht zu verantworten, und ich muss die Welt nicht heilen..

..und das beste was ich mit meinem Leben machen kann, ist es zu geniessen.


der minitiger


Lisl Offline




Beiträge: 1.980

16.11.2004 09:05
#30 RE: Blitzlichter Zitat · Antworten

guten morgen Waldschrat

nur ganz kurz von mir da ich es eilig habe

Für einen Behinderten zu arbeiten ist nichts besonderes

auch die bringen mich mehr oder weniger an meine Grenzen
oder auch wie du auch schreibst, zum lachen


doch auch bei nichtbehinderten Menschen erlebe ich das genauso


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