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Saufnix  
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 Deine eigene Alkoholkarriere
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Max mX Offline




Beiträge: 5.878

03.02.2004 15:53
#46 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

hallo Olga,
bei mir war es kein "Übergang vom Säufer zum Nicht-Säufer", sondern ich bin und bleibe Alkoholiker. Vorher ein nasser, und jetzt ein trockener.
Erzählt habe ich das überhaupt keinem, wozu auch?! Ich wollte nicht meine (ohnehin sehr schwachen!!) Kräfte vergeuden mit Erklärungen, die weder mir noch den anderen nützen. Außerdem habe ich meinen "Bekanntenkreis" komplett umgetauscht. Selbst Teile meiner leiblichen Familie, die meinten mich vorher verachten zu müssen, konnten mich hinterher dann auch mal kreuzweise.
Vielleicht geht es auch anders, aber sooo auf meine Weise war es kompromisslos und geradeaus. Punkt!!

Maus oder Tiger, Amboss oder Hammer, Licht oder Dunkelheit, usw. ist vielleicht etwas zu dramatisch, für meine Vorstellungen. Aber auf die Maus kann man ja leicht drauf-latschen, jedenfalls wenn sie besoffen ist. Und grau im Winkelchen zu sein, dann sehe ich das wirkliche Licht ja niemals?!!
Sauf man lieber nicht, und plage dich redlich,
Grüße von Max


Biene ( gelöscht )
Beiträge:

03.02.2004 16:23
#47 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo Olga,

kann gut nachvollziehen,dass es schwer fällt,an eine neue Persönlichkeit zu denken.
Konnte mir damals auch nicht vorstellen,dass ich irgendwie anders sein müsste,denn ich gefiel mir doch ganz gut.

Aber ich ahnte schon,dass in mir noch eine andere Roswitha stecken müsse...

Also ließ ich mich überraschen.Ich ließ den Alk weg,ließ auch den Therapeuten an mich ran,aber immer im Hinterkopf:

Dann zeig mir mal Deine tolle Welt.Und wenn es mir keinen Spass macht,dann gehe ich wieder.

Ich bin geblieben.

Liebe Olga,nach all Deinen Posts,denke ich,hast Du kaum die Wahl.Du mußt die neue Welt einfach ausprobieren.
Und besser gefallen wird sie Dir bestimmt.
Vielleicht nicht heute oder morgen,aber irgendwann wirst auch Du wieder auf den Kern Deiner Persönlichkeit stossen und mir Sicherheit wirst Du dem Himmel danken(oder wem auch immer),dass Du die Kurve gekratzt hast.
Du befandest Dich bis vor Kurzem in einer ganz drastischen Abwärtsspirale,selbst wenn Du das selber nicht so wahrgenommen hast.


Olga ( gelöscht )
Beiträge:

03.02.2004 17:11
#48 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hi Max, glaub ich dir nicht, dass du die alle von jetzt auf nun kreuzweise gehabt hast. Einfach so??? Bist du ein Super-Max? Ich tu so, als ob ich die Super-Olga wäre. Nee, bin ich nicht. Bitte, ich will ehrliche Antworten!“ Das wollte ich eigentlich zurückscheiben.
Wann ist man wirklich ehrlich?
Ist es gut, ehrlich zu sein?
Ist es nicht ein Schutz zu lügen?
Das sind Fragen, die ich wirklich ernst meine und über die ich gern diskutieren würde.
Liebe Roswitha, wie hast du es geschafft, den Therapeuten an dich ranzulassen?
Ich hab mit meinem gestern über den Alkoholismus gesprochen. Aber er hat doch keine Ahnung, wovon ich rede....
An alle: Ich sitz jetzt bestimmt seit zwei Stunden am PC und versuche mich kurz zu fassen. So blöde Antworten ich schreibe – die Postings gehen mir lange im Kopf rum. Vermisst ihr nicht auch den klassischen Brief mit Briefmarke, Stempel und der Handschrift eines guten Freundes / einer guten Freundin?
Hab gerade Riesen-Kohldampf. Gruetzi Miracoli!
Olga

In Wirklichkeit hab ich Sehnsucht nach Wahrheit


Biene ( gelöscht )
Beiträge:

03.02.2004 17:36
#49 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo Olga,

mit einem ja-aber-Gefühl.
Da ich mich kannte(wusste wie stark mein Trotzkopf ausgebildet ist),musste ich mich und meine Sucht überlisten.

Hab mir gedacht: "Okay,Ihr seid der Meinung,dass bei mir was nicht rund läuft.Na,denn,zeigt mir mal wie ich es anders machen kann.
Und wenn es mir nicht gefällt,gehe ich zu mir zurück,in meinen Trott,den ich ja soooo gut kenne."

Ich hab es auf mich zukommen lassen,ließ mich überraschen,von dem,was meine ShG mir geben könne ect.ect.

Muss aber sagen,dass ich eine Reha hatte und noch habe,mit Leuten,die speziell für diese Thematik und Problematik ausgebildet sind.

Aber was mich fasziniert hat,ist der Satz,der bei Dir ganz unten steht.
Aber,liebe Olga,das was du suchst,findest Du nie und nimmer auf dem Grund einer Flasche.....


Beachen Offline




Beiträge: 3.654

03.02.2004 17:43
#50 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hi Olga !

Ehrlich zu sein ist nicht nur gut.
Es ist für mich der einzige Weg, zufrieden abstinent zu sein. Absolute Ehrlichkeit mir selbst gegenüber.
Keine Selbstlügen mehr. Ich habe mir viele Jahre lang genug vorgemacht in dem ich geglaubt habe, "so schlimm ist es doch bei mir noch nicht".
Es sind auch die Selbstlügen, die einen weiter trinken lassen, und die Spirale geht immer weiter nach unten.
Ich erzählte meinem Freund anfangs unserer Beziehung sogar, trinken sei mein Hobby, was für eine farce.
Die Abhängigkeit hat mich im Griff gehabt, sonst nichts.

Und wenn ich mich selbst nicht mehr belüge, muß ich das auch anderen gegenüber nicht mehr tun.
Ich halte das wie Maxe, wen geht das überhaupt etwas an ?
Außerdem wissen doch die meisten sowieso, das ich ein "Festhubbe" war, also viel getrunken habe.
Glaube bloß nicht Olga, das bleibt geheim.

Das ist eine ehrliche Antwort !
Und was deine Russen betrifft, was kümmert es dich, was diese denken ? Es geht um dich, dein Leben, deine Gesundheit, deine Zukunft, deine Sicht der Dinge, dein Lebensgefühl, deine Lebensqualität, deine Zufriedenheit, dein Selbstwertgefühl. Das sind alles Gründe, ob ein durchgezechter abend mit den Russen dir mehr bedeutet oder nicht.
Und denke daran, es gibt auch den Tag danach, an dem du dich wieder hundeelend fühlen wirst und dich nicht wirklich traust in den Spiegel zu schauen.

Grüßle
Bea


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

03.02.2004 18:46
#51 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

liebe Olga,
es ist tatsächlich so wie ich geschrieben hatte. FÜR DICH aufgeschrieben.
dein Zitat: "Hi Max, glaub ich dir nicht, dass du die alle von jetzt auf nun kreuzweise gehabt hast. Einfach so??? Bist du ein Super-Max? Ich tu so, als ob ich die Super-Olga wäre. Nee, bin ich nicht. Bitte, ich will ehrliche Antworten!“
Ganz bestimmt KEIN super-Max, sondern eine ganz arme Sau, damals. Das war das allererste was mir meine Gruppe beigebracht hatte: meide alle deine Kumpels, die mit Alk zu tun haben, deine Kneipen, auch die netten Örtlichkeiten im Grünen, wo ich einer der "Karten-Haie" war, die bis 2 Promille beim Skat auch nicht den kleinsten Fehler machten, usw. Das habe ich einfach befolgt. Und es war gut. Ich hatte mit mir selber schon genug zu tun. Die ersten 4 Monate waren eine einzige Besinnung auf mich selber, wer bin ich denn überhaupt!?? Die eigene Frau sprach mit mir kein Wort (war vielleicht auch besser so), alle Kollegen schauten auf mich, keiner sagte was, es war ein Spießrutenlaufen!. Na und!!! Wollte ich denen nun gefallen, oder wollte ich mit meinen neuen Freunden trocken sein und bleiben?!!
Liebe Olga, das war schon das ganze Geheimnis. Ich wollte einfach leben lernen, seit ich begriffen hatte, dass ich nur noch vegetierte.
Kleiner Gag noch am Rande: Ich spielte tatsächlich 10 Jahre lang keinen Skat. Und dann war Instituts-Preisskat. Da haben sie mich doch belatschert mitzuspielen. Und ich hatte doch glatt, mit 300 Augen Vorsprung!!!, den ersten Platz belegt. Ist mir heute noch peinlich, aber Skat verlernt man eben nicht. Genauso wie Schwimmen oder Fahrradfahren. Hiermit wollte ich bloß meine konsequente Lebensführung belegen.
Zur leiblichen Familie: Meine Mutter, die eigentlich meine Adoptivmutter war, (und eine schrecklich herschsüchtige Person,) hatte vorher bereits allen Bekannten und Verwandten "ihr Leid" geklagt, wie sehr doch "der Junge" missraten war. Und nach meiner Trockenlegung und Befreiung kam sie dann, nach Erkundigungen über mich, tatsächlich mal an. Danke nein, das war's!! Auch das war keine super-Max-Leistung, sondern bloß konsequent.
Und meine Tochter Gisela hatte immer zu mir gehalten. Wir mögen uns bis heute herzlich, ohne jeden Schatten, besuchen uns usw. Und meine "kleine" Tochter Ulrike (22) ist stolz auf mich, weil ich mich immer all die vielen Jahre um Alkoholiker gekümmert habe. Sie ist damit aufgewachsen, und sie weiß auch, dass alle diese Menschen ganz lieb waren. Und nicht zuletzt deswegen - also meinem Beispiel zu folgen - wird sie jetzt auch Musik-Therapeutin. Also genauer gesagt, weil auch ihr Vater (also ich) keinen bedürftigen Menschen jemals missachtet hat. Das war ein sehr großes Lob für mich. Auch mein Sohn Fridolin lebt zwar bei seiner Mutter (wie die Made im Speck), kommt aber alle Nase lang zu mir.
So, liebe Olga, das war es erst einmal für dich. Ich schreibe dir auch gerne noch mehr auf, falls dich meine Konsequenz immer noch wundern sollte. Hauptsache du bleibst trocken.
liebe Grüße von Max


Saftnase Offline




Beiträge: 1.206

04.02.2004 01:04
#52 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo Olga,

ich hatte Dir schon mal geschrieben: "Willst Du Dein Elend verlängern und damit Dein Leben verkürzen? Glaub mir, jeder trockene Alkoholiker wird Dir bestätigen, dass der Weg dorthin holprig ist und nur zu bewältigen und einzuhalten, wenn man Konsequent zu sich selbst ist und eine große Portion Egoismus an den Tag legt. GRUNDSÄTZLICH bist Du niemandem Rechenschaft schuldig, warum Du keinen Alkohol mehr trinkst. Wenn Du ANGST vor Personen und deren Reaktion hast, wenn Du Dich outen MUßT, weil man Dir, die von "DENEN" als Ausreden aufgefassten Begründungen fürs Nichttrinken nicht glaubt, dann mußt du im Vorfeld dafür sorgen, dass der Kontakt mit diesen Leuten nicht zustande kommt. Und zwar um DEINER!!! Seelen- und Körperheil. Dies ist die erste KONSEQUENZ, die Du durchziehen mußt. Ich kann mir vorstellen, dass Du diese Russen und alle anderen Saufkumpanen, im jetzigen Stadium wie großen BALLAST empfindest und den DU unbedingt los werden möchtest. Im Grunde genommen WILLST und KANNST Du, den Alkohol für immer aus Deinem Leben verbannen, aber Du brauchst und darfst Dir das Trinkverhalten von anderen Leuten nicht als Beispiel nehmen und Dich verunsichern und ängstigen lassen.
GENAUSO habe ich es auch gemacht und es funktionierte einwandfrei!!! Du wirst nicht nur den Müll als Messie aussortieren lernen, sondern auch den "menschlichen Müll" aus Deinem Leben entfernen. Man kann es nicht jedem recht machen, nur um zu gefallen oder anerkannt und akzeptiert zu werden. In erster Linie mußt Du Dir gefallen und Dich annehmen, so wie Du WIRKLICH bist!!!
Der Alkohol versteckt Dein WAHRES ICH. Deshalb hast Du mit Leuten Kontakt, die genauso UNECHT mit Alkohol sind, wie DU. Steh nüchtern zu Dir und Du wirst neue Menschen und Freunde kennenlernen, die Dich TROCKEN ehrlich und mit Respekt mögen und akzeptieren. Das Zauberwort ist aber"Konsequenz"!!

Zum Abschluß noch etwas, wo ich vermute, dass es Deine Gedanken sein könnten:

Wenn ich mich suche, wie merke ich, dass ich mich gefunden habe? Und wenn ich mich gefunden habe, woran merke ich, dass ich es bin?

Antwort: "Suchen", "Finden" und "Merken" geht nur OHNE Alkohol.

Ich wünsche Dir alles Gute

Laila


Olga ( gelöscht )
Beiträge:

04.02.2004 07:24
#53 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo ihr Lieben!
Ich wollte gestern eigentlich noch ein bißchen schimpfen, dass das alles so theoretisch ist und so. Aber aus euren Beiträgen spricht das Leben! Danke....
Ich bin so ein Mensch, der es anschaulich braucht. Heute will ich mich mal in die Spielzeug-Abteilung begeben und mir ein Puzzle kaufen, eins, das schön ist und so um die 1000 Teile hat. Ich bin bestimmt kein Mensch, der sich Puzzles an die Wand hängt, aber da wegen meinem Messie-tum eh keiner hier rein darf, kaufe ich mir dazu noch ein großes Stück Pappe, das an die Wand gebappt wird, als Hintergrund. Jede Mini-Leistung soll mit einem Puzzle-Stück belohnt werden. Ein Teil dafür, dass ich mein Bett mache, ein Teil fürs Abwaschen, ein Teil fürs Nüchternsein usw. Wenn das Puzzle fertig ist, werde ich mir einen neuen PC kaufen, neu oder gebraucht, jedenfalls besser als mein derzeitiger 3.86er (Lacht nicht!!! Grins...)
Muss jetzt mal Geld verdienen gehen.
Euch allen einen wunderschönen Tag!
Olga


WolframK Offline



Beiträge: 383

04.02.2004 10:44
#54 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo Olga ,

es freut mich riesig, dass es Dir schon wieder so gut gehst und Du viele Aktivitäten entwickelst.

Noch ein Tipp zum Konservieren von fertig gestellten Puzzles:

Du brauchst die Teile nicht auf eine Pappe zu kleben, damit Du das Gesamtwerk an die Wand hängen kannst. Du bekommst in sehr vielen Geschäften (Spielwarengeschäft, Hobbymarkt, Baumarkt, ...) sogenannte Puzzlekleber oder Puzzlekonservierer. Mit diesem transparenten Leim muss nun nur noch die Bildseite des Puzzles bestrichen werden und nach dem Abtrocknen kannst Du das Werk an die Wand hängen.

Diese Konservierung hält ewig (ich habe im Keller Puzzles herumstehen, die bestimmt mindestens 30 Jahre alt und immer noch nicht auseinander gefallen sind). Und falls Du das Puzzle doch noch einmal von vorne anfangen willst, so lassen sich die Teile auch sehr leicht wieder auseinandernehmen.

Viele liebe Grüsse

Wolfram


Winkelbube ( gelöscht )
Beiträge:

04.02.2004 10:59
#55 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hey, hallo Olga.

Interessante Fragen, die Du im vorletzten Posting gestellt hast. Ich habe mal versucht, Antworten zu finden.

Zitat

Wann ist man wirklich ehrlich?


Das kann wohl jeder nur für sich selber beantworten. Ich hab mehrere Anläufe gebraucht und festgestellt, eine Antwort darauf ist gar nicht einfach zu formulieren. Da gibt es wohl einmal die Ehrlichkeit vor sich selber, dann die vor dem Anderen, für den heisst das dann Wahrheit. Ich glaube, da ist ein Unterschied. Ich bin wohl dann ehrlich, wenn ich mit meiner Wahrheit vor mir selber bestehen kann, kein Wissen um etwas schlechtes daran habe.

Zweiter Ansatz:
Wenn man dass, was man denkt, und sagt, als wahr empfindet. Insofern gibt es überhaupt keine Wahrheit und damit auch keine Ehrlichkeit. Darüber muss man wohl im Zusammenspiel mit seinen Mitmenschen einen Konsens erzielen. Ehrlichkeit ist ja etwas, das kommt von mir, ist also etwas persönliches. Wahrheit dagegen ist eine Übereinkunft in einer sozialen Gemeinschaft über die Definition von etwas, die von allen seinen Mitgliedern als richtig anerkannt wurde. Die reife Banane ist gelb, beispielsweise. Darüber haben wir uns geeinigt. Ich könnte auch behaupten, sie sei blau. Wie kann man mir das Gegenteil beweisen, wenn ich der ehrlichen Überzeugung bin, sie sei blau?


Zitat

Ist es gut, ehrlich zu sein?


Ich versuch mal ein Beispiel, das mir grad so in dem Kopf kommt: Von mir wurde die Definition der Farbe Rot als wahr angenommen und ich kann diese Farbe auch sehen. Wie sieht es aber bei einem Farbenblinden aus? Der muss mir Glauben schenken, wenn ich behaupte, mein Pullover beispielsweise sei rot. Er ist darauf angewiesen, dass ich ehrlich bin. Ist der Pullover wirklich rot, dann bin ich auch dann noch zufrieden, sollte der Farbenblinde mir das trotzdem nicht abnehmen mit der Farbe. Anderfalls fühlt ich mich schlecht hinterher, wenn der Pullover in Wahrheit grün war, ich dem Farbenblinden gegenüber aber behauptet hatte, er sei rot. Ganz besonders schlecht dann, wenn er es mir auch noch als wahr abgenommen hatte und nun an meine Ehrlichkeit glaubt.

Zitat

Ist es nicht ein Schutz zu lügen?


Dazu reicht meine Kraft heute nicht aus, darüber nachzudenken. Ich freu mich auf die Meinungen der anderen Boarder hier.


Zitat

An alle: Ich sitz jetzt bestimmt seit zwei Stunden am PC und versuche mich kurz zu fassen. So blöde Antworten ich schreibe – die Postings gehen mir lange im Kopf rum. Vermisst ihr nicht auch den klassischen Brief mit Briefmarke, Stempel und der Handschrift eines guten Freundes / einer guten Freundin?



Das hatte schon was, selbstgeschriebene Briefe. Ich könnte leider kaum noch eine volle Seite beschreiben, weil schon nach kurzer Zeit meine Handschrift nicht mehr lesbar wäre. Einfach deshalb, weil ich es nicht mehr gewohnt bin und die Hand sich nach kurzer Zeit verkrampft. Schrecklich, ich weiss. Bestimmt schon seit 20 Jahren schreibe ich fast alles nur noch mit dem PC. Die Idee vom papierlosen Büro hab ich auch in das Private übernommen. Ausserdem brachte das mein Beruf schon so mit sich, Zeitungen, Zeitschriften, Werbung gestalten. Einen handgeschriebenen Brief nehme ich heute allerdings auch immer noch für sehr viel persönlicher und schreibe bei solcherart Anlässen auch noch mit der Hand. Dann dauert das allerdings eine ganze Weile.

Uff, war anstrengend, das Denken.

Ich grüss Dich Olga und Alle hier.
Ralph


Joosi Offline




Beiträge: 2.036

04.02.2004 17:21
#56 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Olga,

dir ist es sehr ernst mit dem Trockenwerden! Das lese ich aus jeder Zeile von dir!

Ich finde, die anderen haben viele gute und vor allem EHRLICHE Gedanken geschrieben. Das ist es auch, was mich an diesem Board so fasziniert bzw. mir in vielen Situationen, wieder ein Stück weiter geholfen hat.

In Allem einfach ehrlich zu sein und allen die Tatsachen, wie sie sind, vor den Latz zu knallen - das ist bewundernswert, sehr konsequent. Das ist der ehrlichste Weg, aber meiner Ansicht nach auch ein sehr schwerer Weg, bei dem man gerade in der Anfangsphase unheimlich viel aushalten (können)muss.

Meine Priorität im Ehrlichsein sieht so aus, seit ich nicht mehr trinke:

1. Zu mir selbst: immer und absolut

(und wenn ich mir nicht sicher bin, solange forschen
bis ich es weiß...so müssen manche Unternehmungen,
Vorhaben etc. manchmal eben vertagt werden, bis ich
weiß, ob ich wirklich damit klarkomme(n will).


2. Zu anderen: nur so weit, wie ich es aushalten kann.

(und das ist im Moment noch nicht so wahnsinnig viel.
Das bedeutet für mich, das ich anderen nur
Informationen über mich gebe (wie z.B. Outen, dass
ich Alkoholikerin bin), wenn ich das Gefühl habe,
diese Person kann damit umgehen oder wird es mir nicht
ausreden wollen oder mich abwerten.

Ich bin ein grundehrlicher Mensch (bin so unter schlimmsten Androhungen erzogen worden) und habe mir selbst damit schon viele Steine in den Weg gelegt. Bei mir ist es so, dass ich eher lernen muss, dass nicht jeder immer alles von mir wissen muss. Ich bin nicht verpflichtet, Leuten, die meine Bemühungen dann vielleicht ins Lächerliche ziehen könnten, die absolute Wahrheit über mich zu erzählen.

So ist es bei mir eine reine Selbstschutzmaßnahme, dass ich nur nach und nach Personen in meine Alkoholsucht einweihe. Nur wenn mein GEFÜHL sagt, dass es jetzt gut wäre.

So ist das bei mir - aber jeder Mensch ist anders.

Es ist traurig, aber wahr, dass es ein schlechteres "Image" hat, wenn eine Frau sagt, dass sie Alkoholikerin ist, als wenn sie z.B. Psychopharmaka gegen Depressionen nähme. Was dagegen helfen könnte (gegen dieses schlechte Image) wäre sicherlich, wenn immer mehr Leute offen damit umgehen und es nicht alle so vertuschen würden (so wie ich es im Moment ja auch noch weitgehend tue). Deshalb denke ich, dass ich es zwar im Moment noch etwas vertusche, aber ich bin sehr entschlossen, dies nicht dauerhaft zu tun. Ich möchte erst etwas sicherer auf meiner Abstinz stehen, bis ich dann Leute, die es interessiert oder die mir wichtig sind mit einbeziehe.

Ich sehe das z.B. vergleichbar mit einem Epileptiker. Ein Epeliptiker ist ein ganz normaler Mensch und wenn er regelmäßig seine Medikamente nimmt, kommt es oft jahrelang nicht zu einem Krampfanfall. Er läuft auch nicht in der Welt rum und erzählt JEDEM, dass er Epileptiker ist. Das würde auch viele Menschen abschrecken, die sich mit der Krankheit noch nicht beschäftigt haben und deshalb das Klischee vom krampfenden, schäumenden Epeleptiker, der sich in die Hose pinkelt haben, und diesen dann lieber meiden. Jeder Mensch, meidet gerne Krankheiten bzw. distanziert sich von solchen, meine ich - das ist so eine Art Urinstinkt oder Fluchtreflex.Auch wenn ein Epileptiker z.B. Menschen kennenlernt, sagt er nicht als erstes: hallo, ich bin Epileptiker. Das würde ein Kennenlernen oder z.B. auch Jemanden für eine Beziehung zu finden doch total erschweren. Man sagt es doch erst, wenn ein Mensch wichtiger geworden ist, man mehr Zeit mit ihm verbringt.

So möchte ich auch nicht die Alkoholikern mit der Gaby hintendran sein, sondern Gaby, unter anderem auch (stolze) trocke Alkoholikerin!

Tja, so sehe ich das. Deshalb möchte ich mir zur Zeit überlegen, wer sind denn die wichtigen Menschen in meinem Leben, denen ich es sagen WILL. Bestimmt nicht flüchtige Dorfbekanntschaften, die selbst auf jeder Feier bis zum Black out saufen.

Auf jeden Fall zu sich selbst ehrlich sein...das ist anstrengender, als man im ersten Moment vermuten könnte und als Alkoholiker hat man sich ja jahrelang selbst belogen.

In diesem Sinne

nur du Selbst kannst deine eigene Wahrheit sein!

(und du bekommst es unmittelbar zu spüren, wenn du es nicht bist...)

Liebe Grüße
Gaby[f1][ Editiert von Joosi am: 04.02.2004 17:22 ][/f]


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

04.02.2004 18:23
#57 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

hallo ihrs,
wenn mir einer oder eine sagt "ich bin Alkoholiker(in), dann freue ich mich. Dann weiß ich nämlich, dass ich hier ganz einfach die Wahrheit sagen kann. Wir brauchen uns dann beide nicht zu verstecken, oder uns irgendwas zu verheimlichen.
Ich hoffe doch stark, dass ich hier den Eindruck von Offenheit, Ehrlichkeit, Wahrheit erweckt habe? Jedenfalls im Rahmen meiner eigenen Erfahrungen.
Grüße von Max


Winkelbube ( gelöscht )
Beiträge:

04.02.2004 20:25
#58 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo Max,

ich gratulier Dir zu Deinem 300. Beitrag. Mit dem Jubiläum aber diese Frage zu verbinden?

Ich habe viel von Dir gelesen, ich fand immer den wahren Max, offen und ehrlich, darin wieder.

Mehr sag ich nicht dazu, nur noch

Gruss Ralph.


WolframK Offline



Beiträge: 383

04.02.2004 20:44
#59 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo Max ,

auch von mir herzlichen Glückwunsch zum 300. Posting. Du hast Dich in kürzester Zeit mit sehr hilfreichen, lehrreichen und interessanten Beiträgen auf diesem Board unentbehrlich gemacht.

Bitte schreib weiter so fleissig, Du wirst sehr vielen Hilfesuchenden damit äusserst wertvolle Dienste erweisen.

Viele liebe Grüsse

Wolfram


Olga ( gelöscht )
Beiträge:

04.02.2004 21:54
#60 RE: wie hoch muss der Leidensdruck sein? Zitat · Antworten

Hallo!
Medias in res zum Thema Ehrlichkeit.. Ich hatte das Posting von gestern mit dem Nachsatz „Ihr habt es bestimmt gemerkt, ich habe getrunken. Ich will euch nicht belügen“ beendet. Als ich es dann aus Word hier reinkompierte, löschte ich diesen Satz raus und schrieb stattdessen „In Wirklichkeit habe ich Sehnsucht nach Wahrheit.“ Als ob ich vor mir selbst verbergen wollte, dass ich gesoffen habe. Und um jetzt ganz ehrlich zu sein, ich hab auch am Montag getrunken. Gestern war es allerdings heftig. Ich hab schon nachmittags angefangen. Das hat sich immerhin gerächt. Als ich heute aufwachte, war meine Brille verbogen, und ich hatte ne Beule über dem Auge... Dass ich dann hier so optimistisch gepostet habe, war wieder reiner (Selbst-)Betrug.

Ich finde diesen Satz des Säufers im „Kleinen Prinzen“ so toll: „Ich trinke um zu vergessen, dass ich trinke.“ Im Suff erträgt sich die Wahrheit besser. Dass ich ein Alkoholproblem habe, lag bis vor kurzem wie ein lästiger Schatten im Hinterkopf, auseinandersetzen tu ich mich damit eigentlich erst, seitdem mein Therapeut knallhart gesagt hat, dass ich einen Entzug machen muss und er das über die Blutwerte kontrolliert.
Irgendwie hat es etwas erleichterndes, wenn man über die Sucht reden kann wie über jede andere Krankheit auch. Ich habe mich lange Zeit furchtbar dafür geschämt gegenüber Therapeuten, Psychiater und v.a. mir gegenüber. Tja, und gesoffen, um zu vergessen, dass ich saufe. Ich, ein Mensch mit Abi und guten Umgangsformen – eine Alkoholikerin? So langsam versuche ich, das in mein Selbstbild zu integrieren und mir einzugestehen, dass ich krank bin, aber die Möglichkeit, gesund zu werden.
Noch etwas direkt lustiges zum Thema Betrug: Mir war heute nachmittag total elend zumute, ich zitterte so sehr, dass ich mich fragte, ob ich es noch in einen Laden zwecks Alk-Beschaffung schaffe und ob ich den Entzug wirklich alleine schaffe. Auf dem Weg zum Laden fiel mir dann ein, dass ich ja evtl. nur Hunger haben könnte. Also deckte ich mich fett mit Käse und anderen Leckerein ein und öffnete noch im Laden einen Becher Fruchtbuttermilch. Den anderen trinke ich jetzt gerade, weil mein Waldbeerentee noch zu heiß ist und ich Durst habe. Die „Entzugserscheinungen“ verschwanden übrigens schon auf dem Heimweg.
Drückt mir die Daumen, dass ich heute nicht mal wieder beim Laden im Bahnhof lande!!!!
Olga


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