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Saufnix  
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Dieses Thema hat 54 Antworten
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 Ganz, ganz viele Fragen
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Hoffnung Offline



Beiträge: 276

25.08.2004 01:15
#16 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hi Lisl,

ich habe mir deine Zeilen mehrmals durchgelesen.
Schaun mer mal, ob ich deine Worte verstanden habe:

Die vordergründige Motivation für dein Saufdruck ist Flucht-und-Betäubung ... Diese Motivation zur Flucht und Betäubung entspringt aus deinem inneren Selbst ... Dabei hast du dir diesen Mechanismus selber erschaffen ... Die äußeren Anlässe sind nur Auslöser ... vielleicht haben sie gelegentlich sogar noch eine Alibifunktion ... Niemals sind diese äußeren Anlässe die eigentliche Ursache ... so weit richtig?

Aber was ist der Gedanke ... das Gefühl ... die Empfindung ... die hinter dieser Sehn-Sucht nach Flucht-und-Betäubung steckt ... Die Wahrheit HINTER der Wahrheit ... sozusagen ... ???

Auch diese Wahrheit hinter der Wahrheit steckt nur in dir selber ... als "Grundlage deines Saufdrucks".

Wenn du zukünftig erneut in diese Situation eines akuten Saufbedürfnisses geraten wirst ... und das wird ja geschehen ... irgendwann und irgendwo ... sonst würdest du nicht diese Worte schreiben ... Also ... wenn du erneut in diese Situation geraten wirst ... dann willst du nur HINSCHAUEN ... BEOBACHTEN ... und ERKENNEN ... deine wahren GEDANKEN erkennen ... deine wahren GEFÜHLE erkennen ... deine wirklichen EMPFINDUNGEN erkennen ... Bin ich immer noch in dem richtigen Film?

OK ... wenn das so sein sollte, dann liegen wir gar nicht so weit auseinander ... Denn das ist das "alte" Spiel des "Sich-Selber-Erkennen":

- Hinschauen + Beobachten ... ERKENNEN ... ohne jegliche emotionale Wertung ... ohne jeglichen inneren Kampf ... Nur Hinschauen-Beobachten-Erkennen!!!

- Erkennen ... und dabei ... die eigenen Gedanken empfinden ... die eigenen Gefühle empfinden ... das eigene Handeln empfinden ... DIE SELBST-WAHRNEHMUNG ... auch hierbei ... ohne jegliche emotionale Wertung ... ohne jeglichen inneren Kampf.

- Das Akzeptieren-und-Respektieren ... von dem, was man erkennt ... von dem, was man empfindet ... mit allen "negativen" Seiten ... mit allen "positiven" Seiten ... Akzeptieren-und-Respekrieren ... weiterhin ohne jegliche emotionale Wertung ... weiterhin ohne jeglichen inneren Kampf ...

Ich glaube(!), dass erst hier das SELBST-BEWUSST-SEIN einsetzt ... und damit auch die Fähigkeit zur KAPITULATION ... Denn erst ab hier hat man die freie Wahl zwischen LOS-ZU-LASSEN und BEI-ZU-BEHALTEN ... Erst ab hier ist eine wirkliche innere "Änderung" möglich ...

Aber ich glaube(!) auch, dass man auf jeder dieser Stufen Selbst-Wert-Gefühl entwickeln kann ... also Selbstachtung und Selbstliebe ... Nein ... Ich gehe sogar weiter ... Ich glaube, dass man NUR mit SELBST-WERT-GEFÜHL in der Lage ist, diesen Weg zu gehen!!!

Oje - Oje - Oje ... Jetzt befürchte ich aber, dass man meinen Worten nicht mehr folgen kann ... Also stoppe ich hier am besten meinen kleinen psycho-philosophischen Ausritt ... OK?


- Ein Kernsatz deines Beitrages war für mich der Satz:

"Eigentlich stehe ich doch innerlich auf dem Standpunkt, dass ich einen Anspruch auf etwas Besseres hätte und das mir dies vorenthalten wird."

JOUP! ... Nur mit dem kleinen Einspruch von mir, dass du dir das "Bessere" halt SELBER vorenthälst ... Eine feine Korrektur des Wesentlichen, auf die du dann später in deinem posting selber zu schreiben kommst.


Lisl ... Du bist eine "SUCHENDE"!!! ... Hoffnung


Bernd48 Offline




Beiträge: 979

25.08.2004 07:55
#17 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Hoffnung

- Hinschauen + Beobachten ... ERKENNEN ... ohne jegliche emotionale Wertung ... ohne jeglichen inneren Kampf ... Nur Hinschauen-Beobachten-Erkennen!!!

- Erkennen ... und dabei ... die eigenen Gedanken empfinden ... die eigenen Gefühle empfinden ... das eigene Handeln empfinden ... DIE SELBST-WAHRNEHMUNG ... auch hierbei ... ohne jegliche emotionale Wertung ... ohne jeglichen inneren Kampf.

- Das Akzeptieren-und-Respektieren ... von dem, was man erkennt ... von dem, was man empfindet ... mit allen "negativen" Seiten ... mit allen "positiven" Seiten ... Akzeptieren-und-Respekrieren ... weiterhin ohne jegliche emotionale Wertung ... weiterhin ohne jeglichen inneren Kampf ...

Ich glaube(!), dass erst hier das SELBST-BEWUSST-SEIN einsetzt ... und damit auch die Fähigkeit zur KAPITULATION ... Denn erst ab hier hat man die freie Wahl zwischen LOS-ZU-LASSEN und BEI-ZU-BEHALTEN ... Erst ab hier ist eine wirkliche innere "Änderung" möglich ...
Ausritt ... OK?




Hallo Hoffnung,

gelesen und gehört habe ich das alles schon mehrfach,
aber nach wie vor meine Schwierigkeiten damit.

Wie kann ich "ERKENNEN - die eigenen Gefühle empfinden - ohne emotionale Wertung" ?

Für mich ist das ein Widerspruch in sich.


Randolf Offline




Beiträge: 1.177

25.08.2004 09:54
#18 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Moin Hoffnung,

Falls ich dir damit nicht zu nahe trete: könntest du mal ein konkretes Beispiel für dieses 'Hinschauen+Beobachten=Erkennen'geben - damit es nicht nur theoretisch bleibt?

Ich suche hier nicht nach Unstimmigkeiten, es interessiert mich wirklich.

Viele Grüße

Randolf


Merryl Offline




Beiträge: 822

25.08.2004 10:53
#19 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hallo Bernd,

ich habe offengestanden auch nicht so ganz verstanden, was Hoffnung so genau meint. Vielleicht hilft es Dir aber wenn Du das emotional aus der emotionalen Wertung erst mal wegläßt. Bei mir war es zumindest so (und ist es auch heute häufig noch), dass ich versuche, bestimmte Gefühle "wegzurationalisieren", indem ich sie versuche rational zu erklären (ob ich sie damit emotional bewerte, weiß ich nun nicht).

Ein Beispiel aus Deinem Leben (verzeih mir diese anmaßung) Deine Angst vor dem trockenen Leben erklärst Du Dir mit wirtschaftlicher Not, mit Hartz, mit Ich-Ag. Du erklärst Dir selber, dass Du ja gar nicht rauskommen kannst. Wenn Du Dich aber genau anschaust, wirst Du merken, dass Du Angst hast.

Wenn Du Deine Angst akzeptierst, sie nicht erklärst, sondern einfach als Gefühl wahrnimmst, hilft Dir das ungemein. Und Du kannst dir genauso "ungerührt" andere Gefühle anschauen, die Dich so bewegen.

Das "wegrationalisieren" wird hier im Forum oft rumeiern genannt, das hast Du ja auch schon häufig gehört. Und das gehört zur Sucht so wie das Amen in der Kirche. Weil es der Sucht eben wahnsinnig hilft, wenn man nicht genau hinschaut.

Gruß
Merryl


Merryl Offline




Beiträge: 822

25.08.2004 11:00
#20 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hallo Hoffnung,

ich glaube, das es in der Reihenfolge, wie Du es beschreibst nicht geht. Ich glaube erst muss die Kapitulation stehen. Das halte ich auch für den schwierigsten Punkt auf dem Weg in die Trockenheit. Du mußt aus dem nassen denken heraus, entscheiden, dass "du fertig hast", das es nicht mehr weitergeht. Ohne zu wissen, was auf einen zukommt, denn ein "nasser" kann sich trockenes denken nicht vorstellen (mir verhalf genau diese Einsicht zum Ausstieg. Während eines Rückfalles merkte ich, dass ich saufen auf einmal wieder ganz logisch fand. Ich erinnerte mich aber an meine trockene Zeit und wußte, ohne es "nachdenken" zu können, dass saufen eben nicht logisch ist. Da merkte ich dass der Alkohol etwas mit meinem denken anstellt, mein Ich verändert und das machte mir ganz gewaltig Angst. und von da ab wars einfach.)

Also erst die Kapitulation, dann die entgiftung und dann (nach einigen Wochen Alkfreien Lebens) die beginnenden Selbsterfahrungsprozesse. Die Dinge, die Du beschreibst, kann man nur nüchtern sinnvoll erfahren.

Gruß
Merryl


Bernd48 Offline




Beiträge: 979

25.08.2004 12:14
#21 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Danke Merryl,

Deinen letzten beiden Beiträgen möchte ich mal zaghaft zustimmen und sie weiter überdenken. Noch stehe ich ja am Anfang, aber vor 12 Tagen, ich glaube, das war die Kapitulation.

Mal sehen, ob ich heute Abend in der Gruppe darüber reden kann, letzte Woche war ich eher still, es war noch zu früh.
Aber mit jedem Tag sehe ich etwas klarer.


Lisl Offline




Beiträge: 1.980

25.08.2004 14:58
#22 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hi Hoffnung

Die vordergründige Motivation für dein Saufdruck ist Flucht-und-Betäubung ... Diese Motivation zur Flucht und Betäubung entspringt aus deinem inneren Selbst ... Dabei hast du dir diesen Mechanismus selber erschaffen ... Die äußeren Anlässe sind nur Auslöser ... vielleicht haben sie gelegentlich sogar noch eine Alibifunktion ... Niemals sind diese äußeren Anlässe die eigentliche Ursache ... so weit richtig?
Richtig
Oft liegt der Grund in mir und in meiner Lebenseinstellung!
Wie du auch schreibst, versage ich mir meine eigene Lebensfreude, versage mir die Befriedigung meiner inneren Bedürfnissen....da ich mich (zu sehr?) um die äusseren, anderen Bedürfnisse kümmere!

Aber was ist der Gedanke ... das Gefühl ... die Empfindung ... die hinter dieser Sehn-Sucht nach Flucht-und-Betäubung steckt ... Die Wahrheit HINTER der Wahrheit ... sozusagen ... ???

Ich möchte mich Betäuben weil ich anscheinend durch die äusseren Anlässe überfordert bin......gestresst bin...meine Ruhe vor dem haben will...nichts mehr hören, nichts mehr fühlen, nichts mehr sehen!


Wenn du zukünftig erneut in diese Situation eines akuten Saufbedürfnisses geraten wirst ... und das wird ja geschehen ... irgendwann und irgendwo ... sonst würdest du nicht diese Worte schreiben ... Also ... wenn du erneut in diese Situation geraten wirst ... dann willst du nur HINSCHAUEN ... BEOBACHTEN ... und ERKENNEN ... deine wahren GEDANKEN erkennen ... deine wahren GEFÜHLE erkennen ... deine wirklichen EMPFINDUNGEN erkennen ... Bin ich immer noch in dem richtigen Film?

du bist immer noch im richtigen Film
ich werde trotzdem nochmals ver-suchen meine Idee-Gedanken neu zu sortieren.

Die meiste Zeit hatte ich das Gefühl dieser Saufdruck überfällt mich plötzlich aus heiterem Himmel und hüllt mich und meine Gedanken wie in einen Nebel ein!
Meine Gefühle sind wie gestorben und ich kann nicht mehr klar denken!
nur Trinken gewinnt an Bedeutung...warum?...weil ich angeblich durch die äusseren Umstände überfordert bin ....
ich weiss in diesen Momenten auch, dass ich Trinken möchte um mich zu betäuben...mehr weiss ich in diesem Moment nicht



- Hinschauen + Beobachten ... ERKENNEN ... ohne jegliche emotionale Wertung ... ohne jeglichen inneren Kampf ... Nur Hinschauen-Beobachten-Erkennen!!!

Hinschauen: indem ich mich anschaue und mich frage: "Lisl was ist los?"
Beobachte: ich beobachte mich und bemerke dass ich Saufdruck habe..
Erkennen: ich erkenne dass der Saufdruck gar nicht das Haupt-problem ist...sondern das Problem ist was ganz anderes....etwas das sich betäuben will....oder wie du schreibst:"Flüchten will" ...das bin ja ich

Ich Erkenne: meine äusseren Umstände können sich mit meinem Innerem nicht zusammentun...und in diesem Moment komme ich in Konflikt mir mir selbst...und denke ich müsste sie mit Alk betäuben

das ist die andere Sichtweise....nicht der Alk ist vordergründig und dadurch kann er mich auch nicht mehr einnebeln...oder ich mich selbst einnebeln!
Indem ich ERKENNE was los ist...kann ich mich darum kümmern...kann oder muss ich eventuell auch Kapitulieren!!!

- Erkennen ... und dabei ... die eigenen Gedanken empfinden ... die eigenen Gefühle empfinden ... das eigene Handeln empfinden ... DIE SELBST-WAHRNEHMUNG ... auch hierbei ... ohne jegliche emotionale Wertung ... ohne jeglichen inneren Kampf.

Hoffnung wenn ich das alles ohne emotionale Wertung empfinden kann, dann haben andere recht, dann habe ich schon Kapituliert!
oder ich kann es so " Sein- oder Loslassen "

Ich würde sogar sagen: "Vorher schon nicht mehr an mich ranlassen"!



- Das Akzeptieren-und-Respektieren ... von dem, was man erkennt ... von dem, was man empfindet ... mit allen "negativen" Seiten ... mit allen "positiven" Seiten ... Akzeptieren-und-Respekrieren ... weiterhin ohne jegliche emotionale Wertung ... weiterhin ohne jeglichen inneren Kampf ...

Ich verstehe dich voll und ganz...weiss was du meinst!
Das wäre schon so eine Art Achtsamkeits -Medidation...fast auch "Loslassen können vom eigenem Ego"

Doch seit ich nicht mehr Trinke, geht es für mich erst einmal darum, meine versteckten Gefühle wieder lebendig zu machen....auch um Ängste..um Wut und um Schmerz..schliesslich habe ich getrunken um das alles nicht spüren zu müssen



Aber ich glaube(!) auch, dass man auf jeder dieser Stufen Selbst-Wert-Gefühl entwickeln kann ... also Selbstachtung und Selbstliebe ... Nein ... Ich gehe sogar weiter ... Ich glaube, dass man NUR mit SELBST-WERT-GEFÜHL in der Lage ist, diesen Weg zu gehen!!!

ich denke jeder sollte seine eigenen Stufen gehen!
Mit der Stufe Alkohol habe ichs verspielt...die lasse ich nun hinter mir ...und dadurch kann das Selbstwertgefühl auch leben

[f1][ Editiert von Lisl am: 25.08.2004 16:10 ][/f]


Weggefaehrte Offline



Beiträge: 360

25.08.2004 15:10
#23 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hallo Hoffnung.

Ich schliese mich dem Posting von Merryl an. will noch ein bißschen weiter gehen. Man braucht um zu Erkennen und zu Bewerten jemand der einem einen Spiegel vorhält, der einem das Bild was man von sich beim eigenen Erkennen der Probleme erklärt. Das sind die Bausteine die man brauche um sich verändern zu können.

Wir Menschen haben einen Schutzmechnismus, der verhindrt, dass wir zu tief in unser Seelenleben hineinschauen und uns nicht selbst zerfleischen. Wir kramen deshalb immer nur an der Oberfläche, ohne an den wahren Kern der Ursachen die unser Unwohlsein und unserer Unzufriedenheit hervorrufen zu kommen.

Oft äusert es sich bei Sensiebelen Menschen, dass Depressionen auftreten und mit suchtproblemen Einhergehen. Gerade dann braucht man diese Fachliche Hilfe um sich zu verstehen.

Liebe Grüße Günther.


Hoffnung Offline



Beiträge: 276

26.08.2004 02:21
#24 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hallo Bernd!

Vorab ... Meine nun einleitenden Worte sind weder böse noch abfällig gemeint ... okay? ... Ich weiss ... auch aus eigener Erfahrung heraus ... dass das soziale Klima in D´land sehr rauh und hart geworden ist ... und es wird noch rauher und noch härter werden ... Klaro!

Aber diese sozialpolitische Lage ist NICHT die URSACHE für deinen momentanen Zustand. Deine Argumentationen diesbezüglich sind für mich typische Beispiele für "nasses" Denken und "nasses" Fühlen ... Selbstverarschung ... Auch wenn du momentan "trocken" bist, so denkst und fühlst du immer noch "nass".
Solange du die soziale Situation in D´land als URSACHE für deinen momentanen Zustand verantwortlich machst, wirst du dich weiterhin im Kreise drehen ... "Nasses" Denken und Fühlen wird immer-und-immer-wieder zu deinen "nassen" Realitäten führen.

Da ich aber mittlerweile mitbekommen habe, dass schon etliche User auf diesem Board verzweifelt versucht haben, dir diesen Selbstbetrug bewusst zu machen ... und dabei mit ihren Bemühungen immer-und-immer-wieder gescheitert sind ... möchte ich das Thema "Bernd und Soziales" hier nicht weiter verfolgen.

Es liegt nur an dir, diesen inneren Schritt in Richtung echter-und-ehrlicher Wahrheit zu gehen.

Solltest du es dann ... irgendwie und irgendwann ... aber doch geschafft haben, dies zu erkennen ... hast du eine reale Chance dich von diesem "nassen" Denken-und-Fühlen zu lösen.


Was dann möglich ist, hat Meryll in ihren Zeilen an dich recht gut beschrieben.

Hinschauen ... Beobachten ... Erkennen ... Was du dann erkennen wirst ... ist deine ANGST ... Das ist deine wahre Empfindung ... und der willst du entfliehen ... noch vor kurzer Zeit durch deine Sauferei ... und jetzt durch Ablenkung ...
Aber du kannst auf Dauer deinen Ängsten nicht entfliehen ... sie werden dich erneut einholen!!!

Zu deiner Frage:

- Erkennen OHNE emotionale Wertung ... Die Angst erkennen - ohne sie zu verdammen ... Die Angst erkennen - ohne sich selber dafür zu verdammen ...
"Diese verfluchte Scheissangst, die mir immer alles kaputt macht!" oder "Ich erbärmlicher Feigling!" wären beispielsweise emotionale Wertungen.

- Erkennen OHNE inneren Kampf ... Die Angst erkennen - ohne sich dagegen zu wehren ...
"Nein! Ich darf keine Angst haben!" wäre beispielsweise der Startschuss für eine neue Rund des leidlichen inneren Kampfes ... bei dem man letztendlich doch wieder verlieren wird ... Kämpfst du gegen die innere Angst ... verlierst du!

- Die Angst EMPFINDEN ... und nicht davor weglaufen ... und nicht davor fliehen ...
Alkoholismus ist ... wie die Depression ... eine Erkrankung der eigenen Gefühlswelt ... Der "Umgang" mit unseren eigenen GEFÜHLEN ist krank ...
Daher ist es für mich ein wichtiger Schritt, sich an diese Fähigkeit wieder zu erinnern ... die Fähigkeit, seine eigenen Gefühle zu empfinden.

Das meinte ich mit meinen Worten ... Die eigene Angst EMPFINDEN ... OHNE jegliche emotionale Verurteilung dieser Angst ... OHNE jeglichen inneren Kampf gegen diese Angst ... ERKENNEN und EMPFINDEN ... SELBSTWAHRNEHMUNG ... und sonst nichts ...
Es ist also möglich ein Gefühl zu empfinden - ohne es emotional zu bewerten ...

Der nächste Schritt wäre dann, die eigenen Angst für sich zu akzeptieren und respektieren ... Kein Fragen nach dem "Warum-Weshalb-Weswegen" ... sondern: "Ich habe meine Ängste erkannt ... Ich verurteile sie emotional nicht ... und ich kämpfe innerlich nicht gegen sie an ...
Ich bin in der Lage sie zu spüren - ohne dass ich sie betäuben muss ... Ich bin in der Lage sie zu fühlen - ohne dass ich davor fliehen muss ...
Diese Ängste sind weder als `gut` zu beurteilen ... noch sind sie als ´schlecht´ zu veruteilen ... Ich akzeptiere und respektiere meine Ängste - so wie sie sind!" ... SELBST-BEWUSST-SEIN!!!

Ich glaube, dass man erst ab dieser Stufe von einer wirklichen KAPITULATION sprechen kann .. und ich weiss, dass dann das scheinbar Unglaubliche passieren wird ... Das eigene LOSLASSEN von der ANGST ... weil man sie dann nicht mehr braucht!!!

Lesen und Hören ist kein "Leben-und-Erleben" ... und Wissen ist kein in "Erfahrung" bringen.
Diesen obigen Weg zu gehen erfordert Zeit und Geduld ... Monate? ... Jahre? ... vielleicht ein ganzes Leben lang?

Aber für MICH(!)... und hierbei schreibe ich nur für meine eigene Person ... erscheint es mein wahrer Weg zu sein.


LG ... Hoffnung


Hoffnung Offline



Beiträge: 276

26.08.2004 03:24
#25 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hi Randolf,

einen großen Teil deiner Frage habe ich schon in meinem posting an Bernd beantwortet ... Aber OK ... du möchtest ein konkretes Beispiel von mir lesen ... Es soll ein kleines Beispiel aus meinem Alltag sein:

Sozialängste ... meine größte Angst ist die Angst vor anderen Menschen ...
Ich stehe bei einer Gruppe von Menschen, die mir noch nicht so vertraut sind. Ich bemerke, wie die Angst in mir aufsteigt ... mich lähmt und blockiert ... Meine Stimme versagt ... und ich verstecke mich dabei hinter einer Maske der Unnahbarkeit ... cool und schweigsam ... Meine Angst vor anderen Menschen macht mich in diesem Augenblick einsam und allein ... leidend ... obwohl ich unter anderen Menschen bin.

Ich versuche in diesen Momenten mich innerlich nicht mehr abzuwenden ... sondern beobachte mich dann selber ... in diesem Zustand ... und erkenne die Angst ... als einen emotionalen Zustandes meines Körpers ...

Die alten Empfindungen ... "Ich Memme ... Ich Hasenfuß ... Ich Vollidiot ... Wieder einmal unterliege ich dieser beschissenen Angst ... und wieder einmal mache ich mir das Leben selber zur Hölle ... statt mich zu integrieren ... statt Spass und Freude am Gespräch zu haben ... Verflucht noch mal, ich bekomme es einfach nicht geregelt ... und, und, und ..."
Ich unterbreche dann diese Kaskade an alten emotionalen Überzeugungen ... in dem ich mir innerlich das "STOPP-Schild!" vorhalte ... aber es erfordert dabei "Übung", dieser inneren Selbstzerfleischung von Emfindung-und-Person wirklichen Einhalt zu gebieten.

Auch den inneren Kampf gegen diese Angst versuche ich zu unterlassen ... wobei mir das am "Schwersten" fällt.
Dieser Versuch sich gegen die eigene Angst aufzubäumen ... er kommt immer noch "automatisch" in mir auf.
Dieses "Jetzt reiß dich dich endlich zusammen ... Springe über deinen Schatten ... Besiege die Angst!!! ... und, und, und ..."

Ja ... denn auch das gelingt ... für eine gewisse Zeit ... Dieses Sich-Zusammen-Reißen ... über den eigenen Schatten springen ... zwingen, sich den Gesprächen zu stellen ... Integration-statt-Isolation ... auch das gelingt ... beim inneren Kampf gegen die eigene Angst ... Aber es ist in Wahrheit nur eine riesige Show ... NACH dieser Show sinke ich erschöpft zu Boden ... und blicke dabei auf einen "Pyrossieg" zurück, weil die Angst letztendlich doch stärker und mächtiger ist ...

NEIN ... Es kann nur dauerhaft gelingen, diesen inneren Kampf erst gar nicht zu beginnen ... "Ich habe jetzt Angst!" - statt - "Ich darf keine Angst haben!" ...

Das wäre so ein "Hinschauen ... Beobachten ... Erkennen" ... ohne emotionale Wertung der eigenen Angst und der eigenen Person ... ohne inneren Kampf gegen die eigenen Angst ...

Diese Angst zu fühlen und zu spüren ... ist für mich noch die schlimmste Qual ... Dieses Empfinden der Angst ... ohne Flucht-und-Schutz ... ohne Betäubung ... Kein Wegrennen als Flucht ... Kein depressiver Schleier als Schutz ... Kein Alkohol als Betäubung ... SELBST-WAHRNEHMUNG!!!

Es gibt Situationen in denen mir diese inneren Schritt gelingen ... Ich FÜHLE und SPÜRE ... In diesen Momenten akzeptiere und respektiere ich meinen inneren Zustand der Angst ... ohne jegliches Fragen nach dem "Warum-Weshalb-Weswegen" ... ohne emotionale Verurteilung ... ohne inneren Kampf ... SELBST-BEWUSST-SEIN.

Und genau dann passiert eben das Unglaubliche ... die Angst schwindet ... wie von selber ... Und eine freudige Erregung tritt an dessen Stelle ... Das Interesse erwacht ... Gespräche mit den anderen Menschen werden zu einem natürlichen Bedürfnis ... Es macht Spass und Freude ... und gelegentlich steigert es sich sogar zur Euphorie ... getragen von der Empfindung, dies alles ohne innere Ängste Leben-und-Erleben zu können.


Warum das so funktioniert, weiss ich nicht ... Ich weiss nur, dass es ... gelegentlich ... funktioniert ... weil ich es selber erfahren habe.
Dies hängt wohl mit der Dreiteilung "Seele-Körper-Geist" zusammen ... Wie anders sollte es sonst möglich sein, dass ICH mit meinem Bewusstsein den eigenen Körper samt seiner Handlungen beobachte ... ohne jegliche emotionale Wertung ... ohne inneren Kampf.

Diese Dreiteilung hat mir auch bewusst gemacht, dass der "freie" Wille eben nur eine Illusion ist ... genau so wie die Hoffnung und Erwartung nur eine Illusion ist ...
Der "freie" Wille wird geprägt ... von der Kultur, in der man aufwächst ... und von deren Geschichte ... von der Familie ... von sonstigen Umwelteinflüssen.
Der "eigene" Wille strebt nach "geprägten" Zielen ... und ist nur eine REAKTION(!) ... auf innere Bedürfnisse ... und auf äußere Reize ...

Nur der Weg, auf dem man dieser "Bedürfnisbefriedigung" nachgeht, unterliegt dem eigenen Willen ... und da setzt auch der Alkohol an ...

ABER STOOOOOOOOOOOOOOOPP JETZT ... Eine spirituelle Ausweitung des Themas würde den Rahmen des hiesigen Threads sprengen ... und das möchte ich nicht.


Auch dir viele Grüße ... Hoffnung


Hoffnung Offline



Beiträge: 276

26.08.2004 04:12
#26 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Ähh ... Merryl ... ich bin ohne Alkohol ... zwar erst seit 18 Tage kurz ... aber immerhin ...

Ich glaube, dass der erste Tag ohne Alkohol nicht gleich zu setzen ist mit der wirklichen Kapitulation ... Diese Kapitulation kommt erst später ... Der erste Tag ohne Suff ist das Ergebnis einer abgrundtiefen Verzweiflung ... Die wahre Kapitulation braucht keine Verzweiflung mehr!
Meine eigenen Erfahrungen ... und das, was ich bisher auf diesem Board oder in der SHG mitbekommen habe, unterstreichen meinen Eindruck.

Die wirkliche Kapitulation ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses ... Es ist kein plötzliches Klick-Erlebnis ... Es mag zwar sein, dass man dieses Sich-Bewusst-Werden der Kapitulation als einen KLICK empfindet ... aber der Weg dorthin ist ein langsamer und allmählicher Prozeß.

Aber natürlich gibt es Menschen mit anderen Erfahrungen ... Ich werde mich hüten, meine Worte als ein Dogma hinzustellen ... Es sind nur meine geschilderten Eindrücke, die ich bisher gesammelt habe ... und diese Eindrücke gruppieren sich mehr und mehr um diese von mir genannten Punkte.

Du beschreibst, dass du während eines Rückfalles zur wahren Kapitulation gekommen bist ... und von da an war es einfach ... EBEN!!! Während eines Rückfalles! ... Du warst vorher trocken ... und bist dann rückfällig geworden ... um so die Kapitulation wahr-zu-nehmen ... Wenn das kein ENTWICKLUNGSPROZESS ist ... Du hast hingeschaut ... und erkannt ... Du hast empfunden ... und erst dann wurde alles ganz einfach ...


Wie auch immer ... Es führen offensichtlich viele Wege nach Rom!


Gruß ... Hoffnung


Hoffnung Offline



Beiträge: 276

26.08.2004 04:14
#27 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hi Lisl!

Ok ... dann schreiben wir offensichtlich doch die gleiche Sprache ... bis auf ein paar unerhebliche Kleinigkeiten ... wie Selbstwahrnehmung vs. Selbstbewusstsein ... aber egal!


Deinen obige Antwort möchte ich einfach nur mal so stehen lassen ... JEDOCH ... Zwei Abschnitte sind mir beim Lesen deiner Zeilen besonders aufgefallen:

- "Erkennen: Ich erkenne, dass der Saufdruck gar nicht das Hauptproblem ist ... sondern das Problem ist was anderes .. etwas, das sich betäuben will ... DAS BIN JA ICH"

GENAU!!!

- "Doch seit dem ich nicht mehr trinke, geht es für mich erst einmal darum, meine versteckten Gefühle wieder lebendig zu machen ... Auch um Ängste ... um Wut und um Schmerz ... Schliesslich habe ich getrunken, um das alles nicht spüren zu müssen."

GENAU! ... NUR DARUM GEHT ES ZUERST EINMAL!!!


Mit lieben Gedanken ... Hoffnung


Hoffnung Offline



Beiträge: 276

26.08.2004 04:55
#28 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hallo Weggefährter Günther!

Klaro ist die Beziehung zu anderen Menschen ein wesentliches Element, um zu sich selber zu finden. JEDE Beziehung zu einem anderen Menschen stellt einen Blick in den eigenen Spiegel dar ... wenn man wirklich hinschaut ... und erkennt ...

Aber das meintest du jetzt nicht mit deinen Worten ... gelle? ... Du meinst die Situationen, in denen man in seinem eigenen Sumpf zu versinken droht ... Wenn man so tief in diesem eigenen Sumpf gefangen ist, dass man keine emotionale Distanz mehr besitzt und der eigene Überblick gänzlich verloren gegangen ist ... Dann braucht man fremde Hilfe ... mit der nötigen emotionalen Distanz ... mit dem erforderlichen Überblick ... mit dem fachlichen Know-How ... damit man sich durch dessen Hilfe wieder aus dem eigenen Sumpf befreien kann.

Ich bin in ambulanter psychologischer Behandlung ... besuche SHG ... und kümmere mich seit geraumer Zeit um eine Ambulante Rehabilitation Sucht ... Zusätzlich schreibe ich auf diesem Board.
Würde ich das alles machen, wenn mir nicht die Notwendigkeit von fremder Hilfe für meine Person bewusst wäre ... ???


Danke für deine besorgten Worte ... Mit lieben Gedanken ... Hoffnung


Bernd48 Offline




Beiträge: 979

26.08.2004 07:44
#29 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

Hallo Hoffnung , auch Lisl

Das habt ihr ziemlich treffend formuliert.
Und dass viele Wege nach Rom führen, ist nichts Neues.

Auch der Spiegel vor dem eigenen Ich ist da, hier auf dem Board, in der Gruppe, in den Beziehungen zu Freundinnen und Freunden.

Ob es nun die Kapitulation mit Klick war oder der Beginn des Kapitulationsprozesses ist mir auch egal.

Das wesentliche ist - ich will nicht mehr trinken.

Und noch etwas ist mir wichtig.
Ich mache nicht die Umstände in Deutschland für meine Sauferei verantwortlich.
Nicht früher, nicht jetzt. Das ist, wie es scheint, bei vielen falsch rüber gekommen. Meine Aussagen dazu sind meine Sicht der Dinge.
Unser Freund Michael vom Board hat einmal gesagt, dass der Gelassenheitsspruch der AA den falschen Namen trägt. Der Hauptteil ist der zweite Satz - daher sollte er Mutspruch heißen. Und das finde ich genau richtig. Nicht sich Abfinden und alles in die Unveränderbarkeitskiste tun, das wäre viel zu einfach. Viele Dinge sind nicht unveränderbar, wenn man die Ursachen hinterfragt und erkennt. Vielleicht sind sie für den Einzelnen unveränderbar, aber der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen, er kann nicht existieren ohne die Gesellschaft und die Gesellschaft ohne Menschen gibt es nicht. Wie weit dabei jeder geht, ist sehr unterschiedlich.

Und bei mir fange ich an zu verändern.
Die wichtigsten Themen dabei sind - Aushalten und Loslassen. Und - nicht müde werden beim Verändern.


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

26.08.2004 08:31
#30 RE: Der innere Saufkamerad ... Zitat · Antworten

hallo Hoffnung,
du schreibst: „Die wirkliche Kapitulation ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses ... Es ist kein plötzliches Klick-Erlebnis ... Es mag zwar sein, dass man dieses Sich-Bewusst-Werden der Kapitulation als einen KLICK empfindet ... aber der Weg dorthin ist ein langsamer und allmählicher Prozeß.“
Diesen "langsamen und allmählichen Entwicklungsprozess“ möchte ich bestreiten. Zweifellos findet solch langsamer Prozess statt. Aber das bist nicht etwa DU der diesen Prozess steuern könnte, oder wenigstens begreifen. Es ist der Alkohol, welcher mit dir den ständig abwärts führenden Prozess vornimmt, wobei du selber überhaupt keinen Einfluss darauf hast. Du bist ordinärer Spielball!
Und wer meint, einen solchen Prozess selber in Beobachtung zu haben, der kann ja dann gerne noch Jahre lang „beobachten“, wie es in der Regel ist. Da muss er nur aufpassen, dass er zwischendurch nicht an Herzversagen oder an Verzweiflung gestorben ist.
Und „klick“ macht es genau an der Stelle, wo du erkennst, dass du überhaupt gar nichts dagegen tun kannst, jedenfalls nicht mit deinem Kopf. Wenn du begriffen hast, dass du überhaupt keine Wahlfreiheit mehr hast, und eigentlich auch jahrelang nie echt hattest. Und dann bricht die Persönlichkeit zusammen, nicht etwa dein Denkvermögen. Und genau dann kannst du kapitulieren (na hoffen wir’s doch).
Alle Leute die ich kenne, sind im Verlaufe eines Rückfalles zur Kapitulation gekommen. Und eben nicht viele Wege führen nach Rom.
ich grüße dich, Max


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