Ich bezweifle stark, dass es je ein Alkoholiker durch Demut und Dankbarkeit geschafft hat, lange Zeit trocken zu bleiben.
Gesundes Selbstbewußtsein und ohne schlechtes Gewissen eine Grenze ziehen lernen sind da schon hilfreicher.
Nachdem ich nun aufgestanden bin soll ich also krumm durch die Welt laufen?
In meiner LZT ging es auch immer wieder darum, Konflikte sachlich auszutragen und auszuhalten. Quasi als Übungsfeld für die Zeit danach. Da stehen ja dann in aller Regel unangenehme Situationen an. Arbeit, Wohnung, Führerschein, Ämter........ - da hätte manch einer von uns mit Demut ganz, ganz schlechte Karten.
ich denke, Monica meinte mit "Demut zeigen" nicht, dadurch konstant trocken zu bleiben, sondern eher, nicht immer über Alles und Jedes zu schimpfen, statt dessen, mal sehen, was er hat.
Wenn ich mich über so Vieles im Leben ärgere, mich dagegen aufbäume und protestiere,lerne ich nicht, die kleinen Dinge zu schätzen und dafür dankbar zu sein. Zusätzlich kostet das noch unnötig Kraft, die ich anderweitig besser einsetzen kann.
Das wiederum soll aber nicht heissen, keine Grenzen zu ziehen, oder seine Meinung zu verleugnen.
Mit einer positiveren, vielleicht auch dankbareren Lebenseinstellung geht Einiges einfacher, weil zufriedenr.
Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt, denn ich finde oft nicht die richtigen Worte
ZitatIch hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt, denn ich finde oft nicht die richtigen Worte
das hast du sehr schön gesagt.
Edit: Meine natürlich nicht das Zitat sondern das davor
Bernd muß ganz einfach auch mal mit dem zufrieden sein was er hat. Ich glaube wenn Bernd einen sechser im Lotto hat jammert er noch das der Jackpot nicht größer war.
Sicher verstehe ich dich. Wenn ich jetzt schriftlich oder mündlich einen Rückblick auf mein Jahr 2004 halten sollte, würde wahrscheinlich mindestens jeder zweite Satz mit .....und dafür bin ich dankbar enden. Ich hätte auch eine Handvoll Menschen zu bieten, die mir das ermöglicht haben. Allein habe ich das nicht geschafft.
Ich habe auch überlegt, ob ich Monica überhaupt aus dem Bauch heraus antworten soll. Hätte sie hinter den Satz, der das Wort "Demut" enthält, auch noch ein Smiley gepappt, dann hätte ich das nicht getan. Dann wäre ich davon ausgegangen, dass sie hier einem Menschen antwortet, den sie gut kennt und der ihre Wortwahl versteht.
So habe ich es nun als kleinen Angriff verstanden. Böser Alkoholiker soll dankbar und demütig sein (und das schon gegenüber greifbaren Dingen).
auch ich muss dir leider widersprechen und kann gleichzeitig Patricia nur voll und ganz zustimmen.
Für mich wäre Abstinenz ohne das Erlernen von "Demut" nicht möglich. Wobei ich unter Demut verstehe, zu akzeptieren, daß es Dinge gibt die ich selbst nicht beherrsche, die dafür aber mich beherrschen.
Schönen Tag noch! Gerald,
der im übrigen den Begriff "Demut" auch erst während seiner Therapie in seinen aktive Worschatz aufgenommen hat!
Was ich als Teenie immer gehasst habe, war der Satz "Früher war alles ganz anders ..." Trotzdem, muß ich staunen, was heute in den Therapiestätten so alles möglich ist. Ich war letztes Jahr nach über 10 Jahren das erstemal wieder zu Besuch in dem Haus, in dem ich ein halbes Jahr verbracht habe, und war teilweise erstaunt, aber auch erschüttert, wie es da jetzt zugeht. Klar, sollte man wohl irgendwie mit der Zeit gehen, aber dieses Haus hatte damals einen guten Ruf, und war bekannt für die harten Regeln die da herrschten. Regeln, die für mich im Nachhinein wichtig waren, denn im Suff kannte ich sowas ja nicht mehr. Regeln, um zu lernen, Druck auszuhalten, und um zu lernen was mir wichtig ist und was nicht. z.B. Ausgangsgeld. Wir bekamen für ein Wochenende (Samstag und Sonntag) 10 DM. Somit mußte ich mich entscheiden, was mache ich mit dem Geld. Mußte lernen, mir die paar Mark einzuteilen. Fernseher: 3x die Woche einen Film. In der Gruppe wurde entschieden, was angeschaut wurde. Ausnahme: Suchtfilme. In meiner nassen Zeit lief die Glotze fast rund um die Uhr, obwohl ich gar nie registriert hatte, was da eigentlich gerade lief. Hauptsache berieselt werden. Rauchverbot zu bestimmten Tageszeiten. Sollte uns beibringen, den "Suchtdruck" auszuhalten. Tagesberichte schreiben. Jeden Abend ein Feedback über den vergangenen Tag. So war ich quasi gezwungen, mir meinen Tagesablauf mal bewußt durch den Kopf gehen zu lassen. Was war positiv, was nicht. Im Suff war ein Tag wie der andere. Enkaufsliste: Wir mußten einmal die Woche eine Liste schreiben, die Sachen wurden besorgt, und ich mußte schriftlich begründen, warum ich den einen oder anderen "Luxusartikel" unbedingt brauche, wie z.B. Klamotten. Die ersten 6 Wochen Kontaktsperre. Keine Briefe, weder schreiben noch empfangen, keine Telefonate. Danach durfte ich zweimal die Woche angerufen werden, 1x durfte ich anrufen. Mußte mich also entscheiden, wer ist wichtig für mich, mit wem will ich reden. Besuche: Jedes letzte Wochenende im Monat. Die Besucher mußten schriftlich von mir eingeladen werden. In der Gruppe mußte ich darlegen, warum ich gerade diesen Besuch bekommen will. Warum ist mir dieser Mensch wichtig. Ausgang am Wochenende. Samstag Nachmittag 3 Stunden, Sonntag Vormittag 2 Stunden, Sonntag Nachmittag 3 Stunden. Und nur zu Dritt. Im Haus herrschte ein Punktesystem. Die Punkte mußte ich mir erarbeiten, in der Arbeitstherapie. Dazu zählte auch die Hausarbeit, Wäsche waschen, abzpülen, staubsaugen etc. Sachen die ich besoffen links liegen gelassen habe. Die Punkte wurden für "Besonderheiten" z.B. Ausgang verrechnet. Für Verfehlungen, wie rauchen auserhalb der erlaubten Zeiten abgezogen. Für Verstöße gegen die Hausordnung, mußte ich mich vor der Gruppe verantworten. z.B. zu spät vom Ausgang zurückzukommen. Die Liste ist noch endlos lang, viele haben das in den ersten Tagen als "Knast" angesehen. Den Vorteil dieser Regeln habe ich erst nach und nach begriffen. Ich mußte lernen, wieder Entscheideungen zu treffen. Lernen, Kleinigkeiten wieder zu schätzen. Lernen, mit anderen Menschen unter einem Dach klarzukommen, und mich zu arrangieren. Lernen, Konflikte einzugehen. Für mich war diese Zeit eine Basis, auf der ich meine trockene Zukunft bauen konnte. Ich habe es nie als Knast gesehen, sondern eher als Schule. Klingt vielleicht etwas doof, aber ein anderer Vergleich fällt mir grade nicht ein. Was hat sich in diesem Haus geändert ? Heute rennt da jeder mit Handy rum, Ausgangsgeld hat jeder soviel er will, die Ausgangszeiten sind länger, die Therapiezeit ist von 6 auf 4 Monaten geschrumpft. Viele sagen jetzt vielleicht 'boah, das hätte ich mir nicht angetan' für mich war es eine wichtige Lektion in meinem Leben. Natürlich hatte ich zu Anfang Bammel, als ich ein halbes Jahr vor mir gesehen habe, doch erstens war die Zeit viel schneller rum, als mir lieb war, und zweitens war es das erstemal in meinem Leben, daß ich mich intensiv mit mir selber auseinandersetzen mußte; Regeln und Grenzen einhalten, Druck aushalten und lernen "demütig" zu sein. Demut, in dem Sinne wie Jerry oben beschrieben hat. 1/2 Jahr unter einer Käseglocke. Klingt anfangs lang. Raus aus dem gewohnten Umfeld, raus aus dem Alltag und weg von zuhause. Die Frage eines Patienten:"Was wird aus meiner Familie in dem halben Jahr ?" Wurde vom Therapeuten so beantwortet:"Was wird aus Deiner Familie, wenn Du Dich totgesoffen hast ?"
ZitatHeute darf ich mal wieder ins Internet, offiziell auf Arbeitssuche
Tja Bernd, was soll ich dazu noch sagen, Du fängst schon wieder an Dich und Andere zu bescheissen, auch wenn es in Deinen Augen "nur" eine Kleinigkeit ist. Zeigst nur, daß Du dem kleinsten Druck bzw. etwas "aushalten müssen" nicht gewachsen bist.
ZitatMeine Kritik an den nicht durchschaubaren Regeln hier bezüglich des Internet-Zugangs lässt mich schon als Querulanten erscheinen, aber das macht mir auch nichts aus.
Eure Beiträge sagen mir, dass ihr hinter dem Gruß sehr stark den Menschen Bernd gesehen habt, den ihr länger kennt, bzw. zu kennen glaubt.
Ich habe nur mitbekommen, daß er seine zweite LZT verspätet angetreten hat.
Ich halte es also für völlig normal, eine undurchschaubare Regelung zu hinterfragen.
Nun bin ich aber sehr nachdenklich geworden, dass das schon nasse Gedankenkonstruktionen sein sollen. Irgendwie kommt mir jetzt meine eigene Ordnung durcheinander.
Zitatim Rahmen der Arbeitssuche, die während der Therapie unterstützt wird, habe ich etwas Internet-Zeit bekommen. Da kann ich natürlich hier am Saufnix-Board nicht vorbei gehen.
ZitatMeine Kritik an den nicht durchschaubaren Regeln hier bezüglich des Internet-Zugangs lässt mich schon als Querulanten erscheinen
also, ich will das nur mal ein bißchen deuten, so wie ich das aus meiner Sicht sehe: Bernd bekommt "etwas" Internetzeit, um sich um Arbeit zu kümmern. Was macht er ? Einen Spaziergang auf andere Seiten, die nichts damit zu tun haben, wofür es eigentlich bestimmt war. Egal ob Saufnix oder eine Seite für Autozubehör. Was ist eine nicht durchschaubare Regel ? Eine Regel ist eine Regel.In der Therapie sind es die geltenden "Gesetzte". Wenn ich eine Therapie antrete, habe ich mich daran zu halten. Oder, ich muß bei übertreten oder brechen mit Konsequenzen rechnen, im schlimmsten Falle, muß die ganze Gruppe den Kopf dafür hinhalten. Es geht nicht um diese Kleinigkeit, sondern, um dieses "ich-kann-hier-nicht-vorbei". Genau das war das Ziel in meiner Therapie. Eben etwas auszuhalten, was für mich im Alltag normal oder Gang und Gebe waren. Schwups, die erst beste Gelegenheit nutzen, und das machen, was er jeden Tag gemacht hat. Dann frage ich mich, wie weit ist die nächste Schnapsflasche weg ? "Ich konnte nicht dran vorbei" Sehe ich das Alles zu krass ? Male ich den Teufel an die Wand ? Ich sehe halt nur, daß das kleinste Hintertürchen schon reicht um sich wieder durchzuschlängeln. Schon wieder alles in Frage stellen, keine einzige Überlegung was vielleicht dahintersteckt, ob diese Regeln nicht doch irgendeinen Sinn haben.
Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden
Saufnix-Chat
0
Offline
