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Saufnix  
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Dieses Thema hat 43 Antworten
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 Ganz, ganz viele Fragen
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Ulli Q Offline



Beiträge: 1.884

21.01.2011 16:02
#16 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Ich wusste auch schon sehr früh - so mit 14 - dass ich zuviel trinke und, dass das gar nicht gut ist. Das wuusste ich von meiner Mutter, die mich schon immer als gefährdet im Blick hatte und keine Gelegenheit ausließ, mir zu sagen, wie schlimm die Folgen des Alkohols sind und mich zu warnen und zu kontrollieren. Da ich damals sowieso gegen alles, was von den Eltern kam rebelliert habe, hat mich das nicht interessiert, habe heimlich und mit Freunden munter weiter getrunken. Das ging auch so weiter: Ich wusste immer, dass mein Trinkverhalten nicht o.k. war. Ich konnte nie aufhören, wenn ich angefangen habe. Ich kenne auch alle Auswirkungen auf Körper, Seele und soziales Umfeld und habe trotzdem weiter getrunken. Meine Spezialität war in den letzten Jahren, alle möglichen Feiern und sonstige Anlässe mit meinem Verhalten zu sprengen, in dem ich mich unmöglich bzw. völlig enthemmt gegeben habe. Habe dann allen mal so richtig die Meinung gesagt usw.......

Warum, so frage ich mich, habe ich nicht aufgehört? Und, warum habe ich jetzt aufgehört. Der letzte Absturz war auch nicht schlimmer als die anderen. Schon schlimm genug, aber früher hat's mich doch auch nicht abgehalten...

Jedenfalls freue ich mich, dass ich das jetzt in diesem Moment, in der Vergangenheitsform schreiben kann.

Ulli

Jeder Anfang beendet. (M. Jung)


newlife ( gelöscht )
Beiträge:

21.01.2011 22:34
#17 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Ich war so blöd und glaubte immer gar nicht süchtig zu sein. Ich lebte aber bereits einige Jahre in der Abhängigkeit. Konnte mir absolut nicht vorstellen mal keinen Alk zu trinken, aber andere trinken schließlich auch was.

Kräftige Entzüge habe ich auch schon lange, so seit 2003. Das Runterkommen wurde immer schwerer für mich, aber ich bin ja ein Kämpfer un packe das wieder.

Es war immer eine Berg- und Talfahrt. Ich war Künstler im Rauf- und Runterfahren. Ich musste ja auch, wollte ja nicht auffallen auf der Arbeit. Hin und wieder konnte ich mir auch mal unter der Woche nen Absturz erlauben, aber dann musste damit auch mal wieder gut sein. Ich stank schließlich auch den nächsten Tag von oben bis unten nach Stoff und brauchte ne Erklärung.

Krank war ich kaum. Ich war aber wahnsinnig. Ich saß im Büro und hatte immer einen Haufen Trennblätter neben mir, damit man meine klatschnassen Pfoten nicht so bemerkt. Ich konnte kaum noch meine Unterschriften machen.

Was hatte ich von diesen Kämpfereien. Das Ergebnis war, dass ich psychisch komplett zusammengebrochen bin. Ein halbes Jahr nach dem Entzug immer noch von Angst- und Panikgefühlen geplagt war. Mein vegetatives Nervensystem, war total hinüber.

Ich wollte halt ums Verrecken kein Alki sein.


katha82 ( gelöscht )
Beiträge:

21.01.2011 23:12
#18 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

@Pepe Rot: eine Frau in der Bar besoffen tot umgefallen, das ist in der Tat furchtbar und erschreckend. Und ich bin froh, dass ich nie diese Frau war, denn das hätte mir schlimmstenfalls bei den Mengen die ich manchmal so in mich reingekippt habe, auch passieren können. Du schreibst, dass du mehrere Bars hast? Dnn bist du ja permanent mit dem Nachtleben und dementsprechend vielen Trinkern konfrontiert. Auch ziemlich hart, wenn man ein Alki ist, der trcken bleiben will, oder?

@Ulli: Ja, in der Vergangenheitsform zu schreiben ist schön und macht einen ein bisschen stolz. Auch wenn der letzte Absturz nicht schlimmer war als die anderen war er ja sicher sehr schlimm. Du schreibst ja auch, dass sie meisten Abstürze schlimm waren und summiert man die auf kommt sicher so viel Leid zusammen, dass das allemal zum Aufhören reicht. Manch einer rüht schon nach einem schlimmen Absturz in seinem Leben keinen Alkohol mehr an, bei uns mussten es erst etliche sein...
Ich hatte ja mein "Schlüsselerlebnis" durch einen Absturz der noch schlimmer war als alle davor. Aber eigentlich hätte jeder einzelne Absturz für sich schon Grund genug gewesen sein müssem, die Finger vom Alkohol zu lassen. Wenn ich alle Staufstunden, die ich im Filmriss verbracht habe aufaddiere, dann komme ich insgesamt wahrscheinlich auf mehrere Wochen Filmriss am Stück in meinem Leben. Unglaublich


Agua Offline



Beiträge: 543

22.01.2011 08:36
#19 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

zuletzt als ich merkte, dass ich auf dem Weg unter die Brücke bin und mir alles egal war, ich hemmungslos getrunken habe undmir nicht mehr ins Spiegelbild schauen konnte. Ein Foto von mir hat mich fast umgehauen. Daaas bin ich?

Dann hat es endlich gereicht.


orchideen Offline



Beiträge: 14

24.01.2011 15:32
#20 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Hallo Katha82,

die Einsicht kam, als wirklich gar nichts mehr ging. Erst als ich in einer ausweglosen Situation war. Bis dahin habe ich alle paar Monate getrunken, eher gesoffen, das dann immer drei Wochen durch, dann selbst entzogen und weitergelebt wie bisher. Mein Leben war nicht in Ordnung, immer wieder andere Arbeitsstellen, Partnerschaften, die keine waren und dergleichen mehr. Aber ich konnte damit leben, kannte es seit 15 Jahren nur noch so.

Dann habe ich geheiratet, eine Schnapsidee. Einen Mann, der gewalttätig war. Und es kam mein nächster Rückfall. Nur dass ich diesmal zur Entgiftung ins Krankenhaus bin, nach Hause wollte ich ja nicht mehr, ich hatte also keine Wahl. Das war jedenfalls meine Rettung.

Es ist halt so, dass die Wenigsten einsichtig sind und etwas ändern, bis zu dem Zeitpunkt, wo es ihnen richtig dreckig geht. Das kann der Wendepunkt sein. Seinen persönlichen Tiefpunkt hat aber jeder für sich. Wie tief jemand fallen muss, lässt sich auch nicht vorhersagen.

LG
Sabine


orchideen Offline



Beiträge: 14

24.01.2011 15:44
#21 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Noch was zu der Krankheit an sich. Es ist wohl leider so, dass die wenigsten Hilfe suchen. Es gibt eine Zahl, einen prozentualen Wert, der angibt, wie viele es versuchen und wie viele es schaffen.

Aber das ist nicht wichtig. Was nützt mir eine Zahl, wenn es doch nur um mich geht.

Alleine die Tatsache, dass du hier in diesem Forum bist, ist schon gut. Ich drücke dir die Daumen, dass du an den Punkt kommst, an dem du nicht mehr rückfällig werden musst, um einzusehen, dass es auch anders geht. Eine stationäre Therapie wäre ein wirklich guter Weg, ist anstrengend und macht aber auch Spaß bzw. gute Gefühle.

Glaube mir, es lohnt sich. Ich bin jetzt seit über 20 Jahren trocken, aber ich hätte nie gedacht, dass so etwas (mir) möglich ist.

Es ging damals einfach nicht mehr.


katha82 ( gelöscht )
Beiträge:

24.01.2011 16:49
#22 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Hallo Orchideen,

danke für deine Geschichte...

Es sind nun in wenigen Tagen drei Monate ohne Alkohol. Als ich mich dazu entschieden hatte, war ich an einem Tiefpunkt, der mir für mich persönlich keine andere Wahl mehr ließ. Natürlich kann ich nicht sicher sagen, dass ich es diesmal schaffen werde, aber ich gebe mir alle Mühe, denn an den Punkt, an dem ich war, kann ich nicht zurück.

Ich glaube auch, dass stationäre Therapien sehr hilfreich sind und die Wahrscheinlichkeit trocken zu bleiben erhöhen. Doch ich lebe im Ausland, das Versicherungssystem ist hier anders, und Erstattung psychotherapeutischer Behandlung ist nicht eingeschlossen, in meiner Krankenversicherung. Wenn ich die Möglichkeit zu psychotherapeutischer Behandlung hätte vor Ort, würde ich sie nutzen. In Deutschland habe ich auch schon 2 Therapien gemacht (nicht primär wegen des Alkohols, wobei dieser natürlich auch ein Thema war). Was ich nun tue ist, hier möglichst täglich zu lesen udn zu schreiben, auch ansonsten viel zum Thema Alkohol und Sucht zu lesen! Und ich versuche mich immer mehr damit anzufreunden, doch ein mal eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen.

Katha


Komplex Offline



Beiträge: 3.878

24.01.2011 18:26
#23 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Pepe Rot
Ich habe schon ziemlich früh gewusst, dass ich Alki bin, aber es war mir schlicht weg egal. Ich dachte immer andere sind auch 80 geworden und haben gesoffen wie die Löcher. Erst als in meiner Bar ne junge Frau tot umgefallen ist weil sie zu viel und zuschnell getrunken hatte, hat es bei mir gebimmelt. Ich dachte plötzlich ups nicht jeder der säuft wir 80. Und dann habe ich was dagegen unternommen.



Darf ich mal fragen, wie "abgeschossen" Du warst, dass Du das nicht mitbekommen hast als Wirt? Oder warst Du nicht dabei?

____________________________________________________


newlife ( gelöscht )
Beiträge:

24.01.2011 18:33
#24 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

na ja, als ich meine Eltern besuchen wollte und das WE so einen derben Entzug schob, dass ich mich in mein Bett verkrochen hab. Das ganze WE keine Minute gepennt und völlig neben der Spur. War fürchterlich und das will ich am liebsten vergessen. Ich war ein paar Monate nicht mehr da gewesen und hatte es noch immer irgendwie hibekommen mich soweit runterzufahren, dass ich mal zwei Tage aushalten konnte. Und auch das ging nicht mehr. Der emotionale Tiefpunkt. Ich wills vergessen.


orchideen Offline



Beiträge: 14

25.01.2011 11:25
#25 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Grüß dich, Katha,

es gibt so viele Parallelen. Du hast dich genauso wie ich an einem Punkt entschlossen, an dem es nicht mehr weiterging in Richtung Abwärts. Damit bist du sicher auf dem richtigen Weg.

Die Einsicht ist eben eine Sache, zwischen der Einsicht und dem Trockenwerden liegen oft Jahre, weil man sich selbst in die Tasche lügt (ist doch gar nicht so schlimm....).

In den Entzügen wusste ich genau, dass ich das eigentlich nicht wollte. Aber aufhören wollte ich auch nicht. Wenn es mir wieder gut ging, verblassten die Erinnerungen an die drei Tage Entzug. Oder ich habe sie erfolgreich verdrängt.

Nun war es so, dass mein damaliger Freund jedesmal gemerkt hat, wenn ein Absturz nahte. Ich weiß bis heute nicht woran. Ich selbst habe es nicht gemerkt, habe mich immer, dachte ich, von einer Minute auf die andere entschieden zu trinken.

Wie hast du getrunken, Spiegel gehalten oder quartalsmäßig? Die Gefahren auf dem Weg in die Trockenheit sind unterschiedlich. Aber du bist an einem Punkt, an dem du gute Chancen hast.

Ich rede dir jetzt mal zu, in die Gruppe zu gehen. Du wirst am Abend fröhlich und zufrieden nach Hause gehen! Alle dort sind den gleichen Weg gegangen wie du, auch wenn die Geschichten verschieden sind, die Sucht ist die Gleiche. Du brauchst da nichts zu erklären. Jeder, aber auch jeder, trockene Alkoholiker versteht dich, wenn du etwas sagst. Deine sonstige Umwelt versteht gar nichts, so ist das leider.

Alkoholismus ist seit 1968 eine anerkannte Krankheit. Aber mit Alkohol wird immer noch genauso sorglos umgegangen. Keiner weiß, was ein Alkoholiker ist, außer die Wohnungslosen, die zusammen auf der Bank sitzen und den ganzen Tag trinken. Das ist alles, was man sich darunter vorstellt. Jedenfalls, bis man es selbst ist. Auch weiß ja niemand von deinen Angehörigen oder Freunden wirklich etwas über diese Krankheit, da kommen dann Sprüche wie, dann musst du eben mal weniger trinken und ähnliche Scherze. Die Mitmenschen meinen es gut, aber sie haben keine Ahnung.

Geh' in die Gruppe, trau dich,es geht nicht nur darum, etwas von dir zu erzählen. Du kannst auch die ersten Male einfach nur dasitzen und zuhören, das versteht jeder, habe ich auch so gemacht. Irgendwann hatte ich dann das Gefühl, ich platze, wenn ich jetzt nichts erzähle.

Auch wenn du erst mal ruhig sein solltest, die Herzlichkeit, die dir in solch einer Gruppe entgegenkommt, ist einfach überwältigend. Starke Gefühle helfen beim Trockenbleiben, Gefühle, die eben neu sind und sehr intensiv. Das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gruppe ist sehr, sehr ausgeprägt.

Die Präambel kennst du sicherlich, darin ist der Satz enthalten, die Bitte um Kraft, um zu ändern was zu ändern geht. Muss jetzt nicht religiös sein, wer es nicht ist, dem wird auch nichts aufgedrängt. Religion ist bei den AA kein Thema.

Ich möchte dir ein Buch empfehlen:

Tage der Heilung, Tage der Freude
Meditationen zur Selbstfindung
ISBN 3-453-04376-6

"Meditation" geht ein bisschen an dem Buch vorbei. Wenn man die einzelnen Abschnitte liest, sie sind in sich abgeschlossen, fällt es einem wie Schuppen von den Augen. Bei jedem Abschnitt habe ich gedacht, das bin ja ICH. Ich habe jahrelang darin gelesen und tue es heute noch wenn ich merke, dass mein Leben und meine Gedanken wieder zu oberflächlich werden.

Hinten sind auch die 12 Schritte der AA aufgeführt. Und einige andere Buchempfehlungen.

Wenn du dich sehr mit dem Thema beschäftigst, wirst du das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollen.

Ich habe das Thema auch nie abgeschlossen in den letzten 21 Jahren. Nach der Therapie habe ich erst mal gut zugenommen, Süßigkeiten, Suchtverlagerung eben. Danach waren es zeitweise Medikamente, sind es auch immer wieder. Die Veranlagung zur Sucht ist halt da.

Bleib dran! Ich finde deinen Weg Klasse.

LG
Sabine


katha82 ( gelöscht )
Beiträge:

25.01.2011 23:20
#26 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Hallo Sabine,

du fragst, ob ich Spiegeltrinkerin gewesen bin oder Quartalstrinkerin. Also, Spiegel definitiv nicht. Ich habe mich seit dem ich 13 bin, also seit nun bald 16 Jahren regelmäßig in Gesellschaft betrunken, auf Parties, in Bars, in Kneipen, auf irgendwelchen Festen, in Urlauben...dabei konnte ich nie Maß halten. Während andere zu späterer Stunde oft aufgehört haben zu trinken oder auf Cola umgestiegen sind, habe ich einfach weiter getrunken. Wenn es Mittrinker gab und noch irgendwo eine offene Kneipe, auch mal gerne bis 8 Uhr morgens. Das hat nicht selten zu Filmrissen geführt. Ich denke davon hatte ich mehrere hundert in meinem Leben.

Nun habe ich auch nie Tage am Stück komplett durchgesoffen, war aber durchschnittlich sicher einmal die Woche sternhagelvoll. Zeitweise habe ich auch so ca. 3 Abende die Woche gesoffen (als Studentin lässt sich dass ja "super" einrichten:mauer. Phasenweise habe ich aber auch mehrere Wochen (bispielsweise in Lernphasen) gar nichts getrunken, dann aber innerlich trotzdem schon wieder dem nächsten Exzess entgegen gefiebert. Mal 2 oder 3 Gläser Wein und dann aufhören...sowas gabs bei mir nur recht selten. Kam mir auch so "sinnlos" vor, denn Alkohol hatte bei mir immer die Funktion des "Abschießens" um vermeintliche Hemmungen und innere Blockaden abzubauen.

Und ja, dass Freunde und Bekannte damit reagieren, dass sie meinen, ich müsse doch einfach nicht mehr immer so viel trinken, sondern könnte es doch mal bei 2 Bier belassen, höre ich sehr oft. Dass das einfach nicht funktioniert, vor allem nicht auf Dauer scheint vielen schwer verständlich. Denn sie können es doch auch. Dass ab einer gewissen Menge Alkohol bei mir einfach kein Kontrollmechanismus mehr vorhanden ist, der mich am weiter trinken hindert, kann man den meisten schwer erklären.

Wie gesagt, zu einer Selbsthilfegruppe zu gehen habe ich mir vorgenommen und ich bin dabei mich mit dem Gedanken anzufreunden. es ist für mich zusätzlich noch etwas schwer, da auch dort nicht meiner Muttersprache (ich wohne in den Niederlanden) gesprochen werden wird.

Und ich danke dir für den Buchtip. Das Buch werde ich mir bestellen!

Katha


Mary61 Offline




Beiträge: 6.128

26.01.2011 06:11
#27 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

hallo katha

orchideen`s beitrag hat einige male kopfnicken bei mir verursacht.
den find ich richtig gut.
der und weil ich gestern in einem anderen thread über meine entgiftung geschrieben hab
und mich dadurch wieder nach langer zeit
daran erinnert hab
möchte ich dir auch andworten.

bei mir gab es zwei punkte.
meist gibt es den tiefpunkt der zur endgultigen einsicht führt.
den hatte ich auch.
aber ich hatte auch so was wie einen ("hoch?-punkt")
der erst die eigendliche wende, den entgültigen abschied und die kapitulation vor dem alk brachte.

bei meinem tiefpunkt war ich seelisch und körperlich sehr tief unten
und kämpfte auf breiter front um meine
damals noch kleinen kindern behalten zu können.
meine rest familie hatte mich beim jugendamt angezeigt
(sie wußten sich nicht mehr zu helfen und dies war ein letzter versuch, der ihnen unentdlich schwer gefallen ist
und für den ich heute dankbar bin)

ich fühlte mich verraten und verkauft
unverstanden, gedemütigt und verlassen
und schwor das meine mutter und schwester
weder die kinder noch mich, jemals wieder sehen!
die hatten doch einen schaden!
ich sah ein und ich wußte das ich was verändern mußte und auch das es ein ernsthaftes problem war
wenn ich meine kinder grade meine jüngste, behalten wollte.
nach dem mein geliebter mann und seelenpartner
ums leben gekommen war, waren sie doch alles was mich noch an das leben gebunden hat
alles andere war an seinem todestag mitgestorben.

die auflage vom jugendamt war eine entgiftung
danach würde ich einige zeit unter beobachtung stehen,
bis entgültig über ihr und somit auch mein,
schicksal entschieden würde.

der wollte ich aber entgehen und versuchte einen kalten entzug.
auch aus scharm dahin zu müssen.
meine kinder waren dabei
und als es anfing heftig zu werden
bekamen sie angst und holten hilfe,
so das mir ein richtiger krampf oder schlimmeres
erspart blieb.
die hilfe kam übrigens in form von meiner mutter mit einer flasche sekt, die sie
nachdem sie sich schlau gemacht hatte,
mir da ließ, und mich regelrecht zwang ein glas davon zu trinken bevor sie wortlos ging.
das war mein tiefpunkt!

also doch klinik.
ok, für die kinder und um die garstige mutter und schwester
nicht gewinnen zu lassen, es ihnen zu zeigen

nach einigen tagen in der klinik mußte ich am sport programm teilnehmen.
es war ein sehr heißer sommertag und ich bin unsportlich
grade wenn es um badminten geht.
es war so heiß und ich hatte sowas von keine lust und war unmotiviert

nach der sport-stunde, war ich erstaund wo die zeit geblieben war.
ich hatte das erste mal seit ewigkeiten richtig viel spass und freute mich meines lebens.
ich fühlte mich lebendig wie schon lange nicht mehr,
fühlte meinen körper und freute mich auf den nächsten tag
auf die nächste sport stunde.
war stolz und ausgepowert und voller positiver gefühle
wie ich es schon lange nicht mehr kannte.
lebensfreude nennt man das wohl

unter der dusche kam mir die idee
das ich garnicht mitgestorben bin
und noch leben auf mich wartet, das es doch noch dinge gibt
außer die kinder,
die lebens und liebenswert sind,
für die es sich lohnt sich nicht selbst aufzugeben.

von diese sekunde an
bin ich nur noch für mich selber maschiert,
nicht mehr für die kinder oder es irgendwem zu zeigen.
das war mein hoch-punkt.

in der entgiftungsklinik, an einem heißen sommertag
unter der dusche vor bald 10 jahren

übrigens,
ich hatte recht!
es hat sich gelohnt.

und wie!

lg, mary

--------------------------------------------------------------------------------------------------- "Begehe nicht den Fehler, nicht zwischen Persönlichkeit und Verhalten zu unterscheiden.
Meine Persönlichkeit ist wer oder was ich bin.....
..... Mein Verhalten hängt davon ab wer du bist."


minitiger2 ( gelöscht )
Beiträge:

26.01.2011 07:29
#28 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von orchideen
die Herzlichkeit, die dir in solch einer Gruppe entgegenkommt, ist einfach überwältigend.



ich staune immer wieder, wenn ich so etwas lese. Scheint es ja irgendwo zu geben.

Ich war in 4 verschiedenen Gruppen. Nirgends hatte ich den Eindruck, dass ich was verpasse, wenn ich wieder wegbleibe. Eigentlich ziemlich dumpfe Haufen mit reichlich bornierten Gestalten drin.

Halt...ich will nicht gegen Gruppen wettern, weiss dass sie vielen helfen. Aber die Euphorie diesbezüglich kann ich nicht teilen.


newlife ( gelöscht )
Beiträge:

26.01.2011 09:45
#29 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

@minitiger

das ist unterschiedlich und liegt wohl auch an der Persönlichkeit. Für meine Begriffe erreiche ich in den Gruppen viel, weil es reale Personen sind, die in der Runde sitzen. Ich komme vorwärts beim Kreuzbund, mache auch im Februar die Helferschulung und habe außerdem die Vorstellungsrunde in unserer Entgiftungsklinik übernommen. Vielleicht gelingt es mir auch, ein paar Jüngere für meine Gruppe zu gewinnen.

Ich habe hier im Forum manchmal den Eindruck, dass das vielleicht nicht so mein Ding ist. Werde hier nicht so richtig warm und schreibe seit meiner Anmeldung irgendwie immer das gleiche. Aber ich denke trotzdem, dass es dem ein oder anderen Neuankömmling hilfreich sein kann.

Gruß
Dirk


Liopleurodon Offline



Beiträge: 53

26.01.2011 10:08
#30 RE: Wann war der Zeitpunkt der Einsicht? Zitat · Antworten

Hallo katha,

ich möchte mich den Beiträgen von orchideen voll und ganz anschließen.

Meiner Erfahrung nach (aus jetzt ca. 16 Jahren und über 1000 Meetings) ist es tatsächlich so, das "wir" uns über jede/n Neuen freuen der zur Türe hereinkommt. Denn jede/r hat ja mal angefangen und weiß wie "schwer" es gerade am Anfang ist.

Ich lese im Internet ja immer wieder mal von "Besuchen" in SHG´s und "warum das vielen nichts bringt"! Aber sei Dir gewiß; die Menschen die ich kennengelernt habe und die mehrheitlich "wirklich" trocken werden wollten, haben sich ganz anders verhalten...

Meiner Meinung nach haben diese Menschen, die es halt nicht schaffen den "Status des Besuchers" zu überschreiten (warum auch immer) leider noch gar nicht verstanden wie umfänglich eine Selbsthilfe sein kann. Trocken werden und Nüchtern bleiben ist eben meiner Meinung nach keine Sache die ich mir mit ein paar Besuchen aneignen kann. Aber woher sollten "die Besucher" am Anfang schon wissen, das "Sie gar nicht über den "Besucherstatus" hinauskommen? Es ist nicht ihre Schuld!

Ich für mich bin heute froh darüber, das ich zu einer Zeit trocken werden durfte, in der es für mich noch lange kein Internet gab, den sonst würde ich womöglich glauben, ein Internetforum wäre eine SHG...

Gruß Liopleurodon
Alkoholiker - seit Januar 1995 bis Heute Trocken ohne Rückfall

PS: deine Saufgeschichte ist meiner sehr sehr ähnlich


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