Heute ging's in meiner Gruppe unter anderem darum, ob ich meinen Alkoholismus als eine Art Schwachstelle empfinde, die ein gedachter Feind sich zum Angriffspunkt machen könnte - eine verletzliche Seite sozusagen.
Spontan konnte ich dazu nur sagen, dass ich gar keine Lust dazu habe, aus diesem Teil meiner Vergangenheit etwas zu machen, was verschleiert gehört. Ich würde es mir zwar (noch nicht?) auf ein T-Shirt drucken lassen - aber abgesehen davon wird es mir immer wurschter, ob jemand 'es' weiß oder nicht
Und je länger ich nun so drüber nachdenke, desto nachdrücklicher kommt das eigentlich auch so aus meinem Innern. Da gibt es einen Teil, der behauptet sogar, dass es gut oder doch zumindest nötig war, um mich werden zu lassen. Ein Teil des Wegs - nicht mehr, nicht weniger.
Mir fällt da die Geschichte von dem Karatemeister ein, der seinem einarmigen Schüler nur einen einzigen Griff beibringt. Mit diesem Griff gelingt es dem Schüler, alle seine Gegner zu besiegen. Daraufhin erklärt ihm der Meister: "Auf den Griff gibt es nur einen einzigen Gegengriff - und der geht auf den Arm, der dir fehlt."
"Da gibt es einen Teil, der behauptet sogar, dass es gut oder doch zumindest nötig war, um mich werden zu lassen. Ein Teil des Wegs - nicht mehr, nicht weniger."
Das find ich gut! so geht es mir auch, dieses "nicht mehr ,nicht weniger" bringt genau das mass an schulerzucken zur geltung, mit der ich meiner vergangenheit inzwischen begegne.
naja so richtig "gut" fand ich es nicht, dass ich soviel getrunken habe, aber ich bin mit dem ergebnis dieser mühevollen tortur doch einigermassen zufrieden.*quälgrins* ich weiss jetzt was, dass ich vorher nicht wusste, nämlich umzugehen mit etwas, dass ich früher "trinkgründe" nannte.
übrigens gehen meine smilies nicht . *blöd-aus-der-wäscheguck*, aber damit kann ich auch umgehen. *souverän-schmunzelnd-mit -einem-hauch-von -gruss-auf-den lippen*
Alkoholismus kann eine Schwachstelle aber durchaus auch eine Stärke sein. Es kommt wie bei allem darauf an, was ich daraus mache. Schäme ich mich für meine Krankheit und versuche sie zu vertuschen oder setze ich mich mit meiner Krankheit auseinander und stärke mein Selbstbewußtsein.
also ich habe auch soetwas in mir.... Ich brauchte genau diesen Weg um wieder zu mir zu kommen. Hätte ich ihn nicht genommen....vielleicht wäre ich an mir vorbei gelaufen.
Auf alle Fälle habe ich durch meine Krankheit ne Menge gelernt und habe mich weiter entwickelt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Verletzlich kann ich nur an den Stellen sein, wo ich selber meinen Schwachpunkt sehe. Alles andere kann mich nicht erschüttern.
Erst durch den WEg des Trockenwerdens/Seins, weiss ich, was überhaupt wichtig und auch richtig für mich ist.
Hätte ich nicht die lebensrettende Notwenigkeit gesehen, mich erstmal selbst kennenzulernen, zu erspüren, wäre ich tatsächlich mein restliches Leben an mir vorüber gelaufen - ich fühle tatsächlich eine Dankbarkeit, diesen Weg über diese Krankheit gegangen zu sein.
Und gehe ihn noch immer, denn es gibt für mch nix Spannenderes, als mich wahrzunehmen, zu lernen, mich mit mir anzufreunden, auch wenn der Weg, die Erfahrungen und auch die Konsequenzen mal schmerzlich sind, unterm Strich jedoch, fühle ich mich rund.
Ich wäre niemals die, die ich bin, hätte ich mir diese Krankheit nicht angesoffen.
Und, ich bin heute die, die ich mir nass immer geträumt habe zu sein.
Eine "Schwachstelle", ein "Makel", ein "Todesurteil" wäre die Krankheit nur, wenn ich nach meiner Erkenntnis ein Alkoholproblem zu haben, weitergesoffen hätte.
ZitatSpontan konnte ich dazu nur sagen, dass ich gar keine Lust dazu habe, aus diesem Teil meiner Vergangenheit etwas zu machen, was verschleiert gehört. Ich würde es mir zwar (noch nicht?) auf ein T-Shirt drucken lassen - aber abgesehen davon wird es mir immer wurschter, ob jemand 'es' weiß oder nicht
Das geht mir genauso. Mittlerweile hat es an meiner Arbeitsstelle wohl auch die Runde gemacht. Noch vor ein paar Monaten, wäre es mir wahrscheinlich nicht so egal gewesen, wie es jetzt ist. Das liegt wohl daran, das "es" zu mir gehört, es ist meine Vergangenheit und wie ich schon mal schrieb, sehe ich es als Chance, vieles anders machen zu können.
Erst letzte Woche hatte ich zwei Tage lang ein Ohrenklingeln. Das war ein durchgehender Pfeiffton, der mir tierisch auf die Nerven ging. Zum Glück hat er sich wieder verabschiedet. Woher er kam, konnte mir kein Arzt so genau sagen. Man liest ja viel darüber und es kann sowohl organische Ursachen, wie auch psychische, stressbedingte Ursachen haben.
Auf jeden Fall ist mir da mal wieder klar geworden, wie machtlos man so etwas körperlichem gegenübersteht und man nicht viel tun kann außer irgenwelche Medikamente zu nehmen und zu hoffen es wird besser. Bei meiner Alkoholkrankheit liegt es ganz in meiner Hand wie es mir geht. Und wenn mir bewußt wird, das es mir immer mehr egal wird, was andere über mich denken oder auch erzählen, dann weiß ich das ich nicht stehen bleibe, sondern vorwärts gehe.
Zitat"...Ein Teil des Wegs - nicht mehr, nicht weniger."
Genau so sehe ich das.
Ich könnt mich auf den Kopf stellen und nen Hampelmann machen, ich könnte nichts, aber auch gar nichts an der Vergangenheit ändern. Und eine Schwachstelle ist es doch nur dann, wenn ich es einem Dritten zeige, das es eine Schwachstelle von mir ist. Ist es aber nicht. Daher
Wenn je ein Dritter meinen müsste (ist ja noch nicht passiert), er müsste das austesten, ... sorry ... entweder würde ich ihn einfach auslachen ... oder ihm heftigst in seinen Allerwertesten treten
Im Gegensatz zu Stella Luna bin ich aber nicht dankbar drum, Alkoholikerin zu sein, um so den Weg zu mir gefunden zu haben. Hätte ich leichter haben können und hätte nicht so viele sinnlose Jahre mit dem Saufen vergeigt.
Es ist aber, wie es ist. Ich kann das sehr leicht für mich akzeptieren.
ZitatHätte ich leichter haben können und hätte nicht so viele sinnlose Jahre mit dem Saufen vergeigt.
.... ging mir anfangs auch so, da dachte ich auch darüber nach. Viele Chancen verpasst deswegen, keine Familie gegründet, aber ich nehme es auch wie es ist, weil es mich auch zu dem macht, die ich bin.
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ihm heftigst in seinen Allerwertesten treten 
