Das ist keine lange Zeit. Ich hab es auch schon mal "geschafft", über viele Monate nur sehr wenig bis gar nicht zu trinken. Aber das war anders. Ich musste mich zwingen. Ich habe mich gequält. Jeden einzelnen Tag und jede einzelne Stunde dieser "Trinkpausen". Ich WOLLTE trinken. Mich zumindest hin und wieder vermeintlich leicht und locker fühlen und alle Sorgen vergessen. Der Gedanke "nie wieder" zu trinken, war eine Last, die ich nicht ertragen konnte und nicht ertragen wollte. Ich habe mir die Illusion aufrechterhalten, dass ich "kontrolliert" trinken könnte, wenn ich nur wollte.
Aber das kann ich eben nicht!
Doch irgend etwas ist diesmal anders.
Die letzten 7,5 Tage habe ich nicht "geschafft", ich habe sie einfach GElebt und ERlebt. Nüchtern eingeschlafen. Ohne Kater aufgewacht. Angst und quälende Gedanken ausgehalten. Man stirbt nicht dran: Eine neu wiederentdeckte Erfahrung. Eine mutmachende Erfahrung. Das erste Mal seit 7 Jahren fühle ich mich irgendwie rleichtert durch das Nicht-Trinken anstatt durch das Trinken!! Frei von immer wieder neuem schlechtem Gewissen. Frei von dem Wunsch zu trinken. Frei vom Versteckspielen. Frei von dem heimlichen kaufen von Alk möglichst immer in unterschiedlichen Geschäften). Frei von dem heimlichen Entsorgen leerer Flaschen. Frei von der Sorge, durchschaut zu werden.
Irgendetwas hat in meinem Kopf eine Schalter umgelegt. Ich würde mich sicherer fühlen, wenn ich wüsste, was das genau war. Oder wäre es gerade gefährlich, mich zu sicher zu fühlen? Die beste Lebensversicherung für mich ist doch wohl, achtsam zu bleiben, egal ob am 8. trockenen Tag oder im 8. trocken Jahr. Oder?
Die letzten 7,5 Tage sind ersten auf meinem Weg in ein neues Leben. In diesem Leben werde ich sehr, sehr achtsam sein müssen, damit dieser Schalter nicht wieder auf die falsche Seite kippt. Dazu werde ich Hilfe brauchen und auch in Anspruch nehmen. Keine Sorge: Von der Einbildung, DAS alleine zu "schaffen", bin ich endgültig geheilt.(Auch wenn ich es in den letzten 7 Tagen noch nicht "geschafft" habe, eine SHG zu besuchen;zumindest habe ich einen Termin bei einer Suchtberatung)
Dieser Gedanke, etwas zu "schaffen" oder "nicht zu schaffen" (=versagen) begleitet mich nun schon viele Jahre. Diese Art zu denken ist ein Grund, der mit dazu beigetragen hat, dass aus mir eine Alkoholikerin geworden ist. Ich habe zu viele und zu hohe Ansprüche an mich gestellt, die ich dann nicht "schaffen" konnte. Ich war eine Getriebene, konnte nie innerlich zur Ruhe kommen. Bis ich die Wirkung von Alk "schätzen" lernte. Im Alk fand ich vermeintliche "Ruhe". Doch in Wirklichkeit war es keine. Nach dem Alk schlug die "Unruhe" tausendmal heftiger zurück. Also brauchte ich mehr Alk, um mich wieder "ruhig" zu stellen.
Ich werde meine Ansprüche an mich selbst runterschrauben müssen. Kleine Schritte führen auch zum Ziel. Und nicht das Tempo ist entscheidend, sondern die Richtung. *Mir selber Mut mach*
Ich habe hier auf dem Board jetzt öfters das Wort "Gelassenheit" gelesen. Genau das ist es, was mir fehlt. Ich muss mich dran gewöhnen, in langsamem Tempo auf die Stolpersteine auf meinem Weg zu achten, anstatt mit vollem Anlauf vor die Wand zu rennen.
Hat jemand hier Erfahrung mit Meditation?
So. Jetzt hab ich reichlich Wirres Zeug geschrieben, sorry dafür. Aber schreiben hilft mir im Moment, meine Gedanken zu sortieren. Und das Wirrwarr in meinem Kopf ist hoffentlich wieder ein ganz klein wenig entwirrter als vorher.
Sollte jemand Denkfallen entdecken, haut sie mir ruhig um die Ohren. Bin für Tipps und Meinungen trockener "alter Hasen" dankbar.
Hattet ihr am Anfang auch solche Probleme, eure Gedanken richtig zu sortieren und einzuordnen?
Ich hab auch heute insgesamt so 'nen Tipp-Drang... Ist mir selber fast unheimlich, weil sonst nicht meine Art.
Verwirrte Grüße
Phoenixa,
die gerade anfängt, ihre noch alkoholverklebten Gehirnwindungen zu entknoten.
als ich gerade deinen Beitrag las dachte ich, ich schau in einen Spiegel und sehe meine eigene Vergangenheit
Obs die "verschiedenen" Geschäfte oder Tankstellen beim Einkaufen waren, obs das scheiss Gefühl beim Entsorgen der leeren Flaschen war oder die Sorge Durschaut zu werden...
Die Trinkpausen, der Suchtdruck, das "da fehlt doch was" oder die gruselige Unruhe am Morgen danach, welche dann gleich mit ein paar kräftigen Schluck bekämpft wurde.
Was mich noch mehr erstaunt ist folgendes.
Mache jetzt seit Anfang des Jahres (März) ne ambulante Therapie. Umsomehr war ich geschockt als mich dann doch ein Rückfall "erwischte". Ich war doch soo euphorisch, endlich mache ich was, geh da regelmässig hin, die helfen mir und mir kann nix mehr passieren.
Eben doch
Aber, nach dem letzten Rückfall ist alles irgendwie anders, ich hatte seither weder mit dem Gedanken gespielt (wie früher) "ach wie schön wäre es doch wenn" noch hatte ich Suchtdruck wie ich ihn kennengelernt habe. Im Gegenteil, ich habe zur Zeit nen regelrechten Horror/Angst/Panik/Ekel vor dem Zeugs.
Keine Ahnung woher das kommt und mit Sicherheit keine "euphorische" Einbildung.
Genau wie du es beschreibst, als wenn "ein Schalter" umgelegt worden ist. Hab vorhin in nem Chat gerade dieses Gefühl beschrieben und gefragt obs ich vielleicht "krank" bin (Ja, "Spieler" ich bin (Alkohol)krank) und da haben mir "alte Hasen mit mächtigem Erfahrungsschatz" zurückgeschrieben sie würden dieses Gefühl kennen.
Sollte dies vielleicht das Licht am Ende des Tunnels (hoffentlich kein Schnellzug) sein ?? Bin jedenfalls guter Hoffnung. NEIN nicht schwanger!!
zitat
"Hattet ihr am Anfang auch solche Probleme, eure Gedanken richtig zu sortieren und einzuordnen"
auch das.
Denke mal der erste Beitrag den ich lese, der soo identisch mit meiner bisherigen Situation ist.
In den meisten Fällen enden die ersten Tage mit einem Absturz oder einer Euphorie. Beides ist nicht ungefährlich. Aus der Euphorie kann sich sehr schnell Sorglosigkeit entwickeln. Aber wenn Du jetzt wachsam bleibst hast Du gute Voraussetzungen. Der Besuch einer SHG ist dabei sehr hilfreich und daher zu empfehlen.
die Gedanken sortieren und zu ordnen ist nichts, was man in kurzer Zeit bewältigen kann. Das braucht Zeit, versuche also nicht wieder, das zu "schaffen". Gibt'n Buch über Alkoholismus und Zen-Meditation, vielleicht ist's was für dich: 'Das Zen der Gesundung' von Mel Ash
mir hat in den anfangstagen dieses forum enorm geholfen. ich hab gelesen, gelesen, gelesen... dann hab ich mir auch ein bisschen AA-literatur besorgt (bei ebay) ich habs nicht mit höherer macht und so aber ich fand die bücher "trocken bleiben-nüchtern leben" und "das blaue buch" trotzdem sehr hilfreich.
ich wünsch dir ganz viel kraft für die nächste zeit
Eines Tages wusste ich auch, daß ich fortan keine Trinkpausen mehr mache sondern ganz damit aufhöre. Immer nur Pausen bis ich mir wieder einen Absturz leisten konnte war auf Dauer einfach nicht mehr auszuhalten.
Ich wusste auch ziemlich schnell daß nun alles anders ist, Kein Warten mehr drauf bis ich wieder was trinken kann sondern gleich ein "was mach ich stattdessen?"
Ich bin dann zur Suchtberatung und hatte einige Sitzungen aus denen ich einiges mitgenommen habe. Hab aber auch anderweitig dran gearbeitet daß ich mir das trockene Leben so gestalte daß ich es nicht als Verzicht erlebe.
Auf mein Gefühl daß es mit dem Trinken nun vorbei ist konnte ich mich bis heute verlassen. Nix zu trinken ist eine Entscheidung die ich jederzeit allein treffen kann, da muss ich mich mit niemandem absprechen und muss auch niemandem etwas beweisen.
Es gibt andere Lebensbereiche da neige ich auch manchmal dazu alles schaffen zu wollen bzw ich tu mir schwer mit Schwierigkeiten die ich nicht einfach auflösen kann.
Manchmal geht es halt nicht aber mein Leben geht trotzdem weiter, und um Gelassenheit muss ich mich immer wieder bemühen - mein Naturell ist eher ungeduldig oder meine Geduld zu wenig trainiert nachdem ich immer den leichtesten Weg gegangen bin und mich einfach weggebeamt habe wenns schwierig wurde.
Um mich zu entspannen hab ich Yoga angefangen nachdem ich ein halbes Jahr trocken war. Das fällt für mich in die Rubrik "ich tue etwas für mich". In letzter Zeit hab ich es schleifen lassen, aber ich werd jetzt wenn ich mehr Zeit habe wieder anfangen. Das hat nicht nur meditative Anteile sodern es hält auch den Körper ganz gut in Form, wenn man entsprechende Übungen macht.
Und ein bissel geistige Übungen und Konzentration werden mir in nächster Zeit sicher mal wieder nicht schaden Jedenfalls find ich den Gedanken an Meditation nicht schlecht.
irgendwie klingt das ganz gut, was du da schreibst, und das irgendwie kann ich nicht besser umschreiben, als dass ich vieles bis hier und jetzt, vor allem aber nach sieben tagen ähnlich gefühlt habe.
als ich das letzte glas stehen liess, da wusste ich noch gar nicht, dass es kein erstes mehr geben würde...und als ich das dann endlich formulieren konnte, und auch katerfrei entscheiden, da ist das wort geschafft , auch mir abhanden gekommen.
gruss, und hoffe dir als gutes omen dienen zu können, auch wenn du das gar nicht brauchst, da es ja nichts zu schaffen gibt......
verwirrt hörst Du Dich so gar nicht an. Im Gegenteil, für mich liest sich das sehr gut!
Ich denke auch, "geschafft" haben wir es nie, wir bleiben Alkoholiker aber eben trockene. Es wäre ein selber-belügen würden wir die Emotionen, Gefühle, Up's and Downs nicht ERLEBEN - also nur weiter so.
ZitatGepostet von Phoenixa Die letzten 7,5 Tage habe ich nicht "geschafft", ich habe sie einfach GElebt und ERlebt. ....... Frei vom Versteckspielen. Frei von dem heimlichen kaufen von Alk möglichst immer in unterschiedlichen Geschäften). Frei von dem heimlichen Entsorgen leerer Flaschen. Frei von der Sorge, durchschaut zu werden. ......... Irgendetwas hat in meinem Kopf eine Schalter umgelegt.
guten morgen, ich hab gerade geglaubt, ich les meine eigene geschichte von anfang februar, du hast es allerdings besser geschrieben und beschrieben
bei mir hat auch irgendetwas einen schalter von heut auf morgen umgelegt und ich hab wieder GElebt, war froh, nicht mehr heimlich alk kaufen/trinken zu müssen, usw. 2 monate hats angedauert. hol dir unbedingt unterstützung, damit du nicht auch wieder rückfällig wirst - ich hab mich zu sicher gefühlt. lg nowayout
Wow. Ich lese eure Antworten und fühl mich auf einmal irgendwie verstanden.
Zitat Igel: "Umsomehr war ich geschockt als mich dann doch ein Rückfall "erwischte". Ich war doch soo euphorisch" Zitat Werner: "Aus der Euphorie kann sich sehr schnell Sorglosigkeit entwickeln" Zitat nowayout: "ich hab mich zu sicher gefühlt"
Alles klar, die Warnungen sind angekommen. Ich bin und bleibe auf der Hut, und zwar nicht nur heute...
Zitat Randolf: "die Gedanken sortieren und zu ordnen ist nichts, was man in kurzer Zeit bewältigen kann. Das braucht Zeit, versuche also nicht wieder, das zu 'schaffen'."
Da hast du einen meiner schwachen Punkte getroffen: Nehme mir vor, mir deinen Satz einmal täglich hinter die Ohren zu schreiben...
Zitat Minitiger: "mein Naturell ist eher ungeduldig oder meine Geduld zu wenig trainiert nachdem ich immer den leichtesten Weg gegangen bin und mich einfach weggebeamt habe wenns schwierig wurde."
Bingo!
Ich glaube, Yoga ist ein guter Tipp, das könnte was für mich sein.
Zitat Ben: "als ich das letzte glas stehen liess, da wusste ich noch gar nicht, dass es kein erstes mehr geben würde..."
Genau. Wie oft hatte ich mir vorgenommen: nur noch heute, nur noch dieses Wochenende, nur noch diese Flasche... Alles Quatsch. Als es soweit war, als ich bereit war, den Alkohol aufzugeben, verlor das letzte Glas seine Bedeutung, denn es war bereits Vergangenheit...
@Igel
Das mit dem Sparschwein selber basteln lass ich lieber. Ich und basteln... oje...
Bin ja auch so'n Depp, aber froh, dass ich nicht die Einzige bin. Da sind wir doch jetzt zumindest schon mal zwei...
Hi Andy,
ich habe gerade in einem anderen Thread über deinen 28.Tag heute gelesen.
Scheint, als wenn du mit den Hoch's und Tief's ziemlich gelassen umgehst. Hast du von der Einstellung noch was übrig? Kann ich mir davon 'ne Scheibe abschneiden?
Bisher konnte ich die im Anflug befindlichen Tief's noch dadurch abwehren, dass ich einfach so lange hier im Forum rumgelesen hab, bis der Anflug vorbeigeflogen war.
Bin mal gespannt, wann die erste richtig harte Krise kommt. Aber soll sie nur. Ich bin bereit.
Ich bin so froh, dass dies Board hier gefunden hab! Ich weiß nämlich nicht, ob ich sonst so gut durch die ersten 9 Tage gekommen wäre.
Und dann stimme ich jetzt auch mal den hier allgemein üblichen Schluss-Satz an: Lass das erste Glas stehen!
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Saufnix-Chat
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Mach weiter so!
