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Saufnix  
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Dieses Thema hat 22 Antworten
und wurde 1.670 mal aufgerufen
 Ganz, ganz viele Fragen
Seiten 1 | 2
Joosi Offline




Beiträge: 2.036

09.04.2004 20:03
RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo!

Wie schnell habt ihr euch denn in einer Gruppe wohl gefühlt?

Ich bin nicht mehr so ganz glücklich mit der Selbsthilfegruppe in die ich gehe und frage mich, ob ich mich nochmal auf die Suche nach einer anderen machen soll oder nicht? War jetzt schon 2 x nicht da, weil ich einfach überhaupt keine Lust hatte und ich das Gefühl habe, es bringt mir nichts mehr.

Andererseits weiß ich aber auch, dass ich gerne in eine Gruppe gehen möchte, gerne unter Leuten mit gleichen Erfahrungen wäre, wo ich mich aufgehoben fühle und wo ich eben frei weg sprechen kann, was ja in meinem bisherigen Freundeskreis nur bedingt geht, da sich Nicht-Alkoholiker dann doch manchmal überrollt und geschockt fühlen, wenn man mit so einem Thema ankommt, wie ich inzwischen schon erfahren durfte.

Ich bin seit 2 Monaten in einer Gruppe vom Freundeskreis.
Ich wurde dort auch sehr freundlich aufgenommen, für die ersten Schritte war es o.k., nur jetzt entwickelt sich irgendwie nichts persönliches, wenn ihr versteht was ich meine. Der Funke springt nicht über. Die Gruppe wird von engagierten, lieben Leuten geleitet - keine Frage. Der Altersdurchschnitt ist mindestens 60 und der Männeranteil ca.90 % (wenn ich da bin). Ich komme mir so ein bißchen verloren vor. Liegt es am Altersunterschied? Wir haben nicht so die gleichen Themen außerhalb der Abstinenz.Es sind viele lebenserfahrene Leute dabei, aber es ist auch sehr eingefahren. Die Gruppe lebt überwiegend davon, was die Leitenden sagen - außer wenn jemand neues mit einem Problem kommt - das nimmt dann meist den ganzen Abend ein und ich fühle mich sehr erschlagen danach.
Insbesondere wenn es Leute sind, die weit entfernt von jeder Selbsterkenntnis sind und niemanden ausreden lassen, sondern fast 2 Stunden lang nur mit lauter Stimme und dramatischen Gesten über ihre unglückliche, bemitleidenswerte Situation berichten wollen. Das sind dann auch die, die dann nicht mehr kommen, wenn sie ihren Müll abgeladen haben.

Ich weiß nicht, ist das normal bei Gruppen? Oder gibt es auch Gruppen, wo das ein bißchen mehr geregelt bzw. moderiert ist, so dass auch mal jemand anders zu Wort kommt und jemand sehr dominantes mal etwas ausgebremst wird? Oder erwarte ich da zuviel?

Ich habe mal gehört, dass es auch Gruppen gibt, die z.B. am Anfang mal reihrum fragen, wie es jedem geht, damit jeder mal zu Wort kommt. So was fände ich auch gut - welche Gruppen machen denn das?

In der letzten Motivationsgruppe vom Diakonischen Werk waren z.B auch mehr Frauen und Männer so ca. in meinem Alter und es hatte sich ruckzuck so ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt und wir haben uns oft noch danach weiterunterhalten und es war oft ganz lustig. Ich habe mich immer richtig auf die abende gefreut und nie gefehlt, weil ich es auf keinen Fall verpassen wollte die Leute zu treffen. So etwas würde ich mir für eine dauerhafte Gruppe wünschen. Bisher habe ich den Eindruck, dass es z.B. wenig Frauen in Selbsthilfegruppen gibt, und wenn Frauen, dann sind es immer Angehörige. Klar kann man sich da auch gut austauschen - aber ich komme mir ein bißchen vor wie ein Exot. Gibt es denn so wenige Frauen, die als trockene Alkoholikerin in eine Gruppe gehen? Warum? Habt ihr da eine andere Erfahrung?

Das sind jetzt viele Fragen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir ein bißchen erzählen würdet, wie das so in eurer Gruppe läuft und warum ihr euch dort wohl fühlt oder vielleicht auch, wie lange es gedauert hat bis ihr euch dort wohlgefühlt habt. Muss ich vielleicht mehr Geduld haben?

Tja, den Mut das in der Gruppe anszusprechen habe ich nicht, weil ich a) noch zu neu bin und b) sich ca. 90 Prrozent der Gruppe angegriffen oder kritisiert fühlen könnten und ich ehrlich gesagt Angst habe, dass ich dann vielleicht nahegelegt bekomme, dass ich doch woanders hingehen soll, wenn es mir nicht gefällt - und ich im Moment noch so gar nicht weiß, wo ich sonst hingehen könnte...

Herzliche Grüße
Gaby


Lisl Offline




Beiträge: 1.980

09.04.2004 20:28
#2 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

hallo Gaby

ich gehe in zwei unterschiedliche Gruppen

Die Selbshilfegruppe ist eine Frauengruppe und da habe ich mich nachdem ich schon 5 mal dagewesen bin, noch nicht eingefunden.
Die Frauen kennen sich schon lange und am Anfang sass ich nur da und hörte denen ihre Gespräche über Arbeit, Kind, Ehegatte und Freund an, die sie miteinander austauschten.
Ich wartete die ersten drei mal ab, bis villeicht doch mal jemand fragt: "Will jemand was sagen? oder ist etwas aktuelles zum erzählen da?"

Am vierten Abend fragte ich dann, ob das immer hier in der Gruppe so ginge. Sie fragten warum? Ich sagte dass ich mich gerne mal vorstellen würde - das habe ich dann auch getan und auch etwas von mir erzählt.
Die allgemeinen Gespräche gingen dann weiter

Am fünften Abend sagte ich, dass ich ja nun schon etwas von mir erzählt hätte und ich nun auch gerne etwas von ihnen hören möchte.
Sie meinten: sie stellen sich nicht mehr vor und mit der Zeit würde ich schon das eine oder andere hören.
Sie seien enttäuscht da viele kamen - sie die Gruppe sich vorstellten und dann auf nimmer wiedersehen weg waren.
Auf der Strasse sahen sie dann die Personen wieder und sie hätten das Gefühl gehabt, dass die dann über sie tuschelte.

Nun ja auch verständlich, doch ich bin schon stark am überlegen ob ich nicht in eine andere gehe.
Ehrlich gesagt, habe ich sie heute Abend wieder geschwänzt.

Die andere Gruppe wo ich gehe - ist eine ambulante Therapie-Gruppe und wird Therapeutisch geführt.
Das macht echt Spass dahin zu gehen und ist für mich sehr hilfreich

liebe grüsse


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

09.04.2004 20:38
#3 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

hallo Gaby,
auch bei uns ist der Altersdurchschnitt erschütternd hoch, da muss man schon Rücksicht nehmen. Aber wenn alle durcheinander quatschen, das geht nicht! Bei uns redet einer zur Zeit, und er redet aus. Ich gebe aber zu, dass ich mit meiner dann doch erheblichen Geschwindigkeit in der Zunge gelegentlich dazwischenfauche wenn es zu bunt wird.
Aber Themen muss ich halt selber mitbringen.
Aber das für mich wichtigste ist, dass ein Gespräch also Meinungsaustausch stattfindet. Sonst kann ich gleich mit den Bäumen im Wald sprechen.
schreib mal weiter, bitte, Max


Adobe Offline




Beiträge: 2.561

09.04.2004 22:18
#4 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo Gaby,

also ich habe 5 Gruppen ausprobiert, alles AA. Sie waren dermaßen unterschiedlich wie es nur geht. Geblieben bin ich in einer, die eigentlich in einer Klinik Informationen an Neulinge gibt. Es kommen aber in der Regel kaum Neulinge, so daß wir ziemlich unter uns sind. Das ist die lockerste Gruppe. Das ist aber leider immer mit ziemlicher Fahrerei verbunden.

In der ersten wo ich war, ging es mir so ähnlich wie Dir. Fast nur alte Männer und fast alle Beamte so kurz vor der Rente. Die hatten ganz andere Probleme als ich. Mir war damals total unverständlich, wie sich Beamte kurz vor ihrer Pensionierung aufregen können, daß sie evtl. 1 Jahr früher in den Ruhestand gehen sollen. Um viel anderes ging es da nicht. Und wenn das mal nicht war, wurde aus dem AA-Buch vorgelesen. Das kann ich auch zu Hause selber.

Bei der zweiten Gruppe hatte ich schon etwas mehr Glück. Jüngere Leute, ziemlich gemischt. Nur ging es da sehr indiskret zu. Es wurden da sehr schnell Telefonnummern ausgetauscht und dann reihrum telefoniert und sich die Mäuler zerrissen. Da fahre ich doch lieber eine halbe Stunde.

Also ich glaube, man muß mehrere Gruppen ausprobieren, bis man eine findet, wo man sich wohl fühlt. Das ist aber für jemanden der nicht in einer Stadt wohnt wohl schwierig. Da gibt es ja nicht soviel Auswahl.

Viele Grüße
Adobe


Bernd48 Offline




Beiträge: 979

10.04.2004 07:39
#5 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo Gaby, Lis, Max, Adobe und natürlich auch die anderen,
die sich hier engagieren

So unterschiedlich wie die Gruppen sind - so gleichen sich wohl unsere Erfahrungen mit verschiedenen.

Ich habe ja irgendwann 1995 die erste Gruppe besucht, das war in Thüringen, eine beim diakonischen Werk und diese fand ich prima. Gemischte Altersstruktur und vom sozialen Status auch durchwachsen, wie das bei unserer Krankheit eben ist. Und was ich auch gut fand, dass man sich umeinander gekümmert hat, wenn mal was schief lief.
Ebenso fand ich einen Freund, dem es auch sehr dreckig ging (sozial betrachtet) und wir haben nächtelang miteinander Kaffee getrunken und geredet. Nach dem wir unsere Lebensgeschichten ausgetauscht hatt, stellten wir fest, das wir unsere frühe Jugend im gleichen Schulgebäude verbracht hatten und auch durchaus auf gemeinsame Bekannte trafen.
Der Mann war hart aber gerecht und hat mich dann zu meiner ersten Entgiftung gefahren. Ups , das wird aber viel zu schreiben.

Danach bin ich nach Sachsen gezogen, habe dort mit meiner neuen Freundin gemeinsam einen Gruppe besucht, wo es aber anders zuging. Neue und Rückfällige wurden regelrecht fertig gemacht. Und wer nicht an fast jedem Wochenende ein Alkoholikerseminar oder andere gemeinsame Veranstaltungen besuchte, wurde rasch an die Seite gestellt. Als dann meine Beziehung nach kurzer Zeit auseinanderging, bin ich nicht mehr dort hin - vielleicht verständlich.

Ich suchte mir einen neue Gruppe - die wollten aber alle nur Ihren Führerschein wiederhaben, also die Krankheit selber war kein Thema.

Es folgte etwas später eine weitere im Nachbarort, die war ganz ordentlich, ich hatte aber nicht lange Gelegenheit, weil ich dann Sachsen verlassen habe und endlich in NRW wieder Arbeit fand. Die lange Zeit der Arbeitslosigkeit und die Perspektivlosigkeit im Osten hatte mich dazu veranlasst. Mit großen Schmerzen musste ich meine langjährige Lebensgefährtin dort zurücklassen, weil sie dort einfach zu stark angebunden war. Noch heute telefonieren wir täglich, aber hart war und ist das schon.

Hier in NRW war ich nun völlig auf mich allein gestellt und lebe heute - man kann sagen - ohne soziale Kontakte - da kommt keine Handvoll Menschen zusammen, die ich gut kenne.

Nach Suchtberatung , LZT habe ich wieder eine Gruppe gesucht. Auch die war ziemlicher Murks. Manchmal 40-50 Leute, mit einer Hierarchie abhängig von der Trockenzeit. Und ohne den Therapeuten vom Gesundheitsamt lief gar nichts Gescheites.

Nach einem Versuch beim Freundeskreis, der auch schief ging, bin ich jetzt seit November bei den AA - und da komme ich gut zurecht.

Ich höre jetzt erst mal auf, sonst liest es ja vielleicht keiner.


Joosi Offline




Beiträge: 2.036

11.04.2004 01:29
#6 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo ihr alle

dankeschön für eure Antworten!

Na, dann sollte ich doch noch mal weiterprobieren - ihr habt ja schließlich auch nicht gleich kapituliert.

Lis, in einer Frauengruppe war ich auch - aber nur 1x. Ich war die einzige Alkoholikerin unter lauter Co´s und die kannten sich alle wohl schon sehr lange und redeten fast ausschließlich über sehr persönlich Dinge, so dass ich mir ziemlich unangenehm vorkam - irgendwie so störend.

Max, ich hab´ja gar nichts gegen die ältere Generation - im Gegenteil! Aber irgendwie gehe ich so unter, in dieser Männerrunde. Ich beteilige mich an Themen, wo es geht, aber ich merke es ist sehr anstrengend und kann nicht so richtig mitreden - ich bin da vom Alter, vom Geschlecht und dann auch noch als Mutti von einem Zweijährigen die totale Ausnahme in dieser Gruppe.
Meine Probleme drehen sich zur Zeit eher darum, wie ich mir die Zeit abends für die Gruppe freischaufele, woher ich den Babysitter kriege, wie ich unser Eheleben wieder aufbessern könnte, wie ich damit klarkomme, wenn mein Kleiner mich mit Trotzanfällen an meine Grenzen bringt und dann Nachts nicht schläft und morgens um 6 schon wieder wach ist. Wie ich damit klarkomme, wenn ich nicht unter Leute kann, weil ich jeden abend zu Hause bleiben muss, um mein Kind zu hüten etc. etc.Wie ich besser den Stress von meinem Spagat zwischen Arbeit - Haushalt - Kind ausgleichen kann, damit ich nicht wieder in alte Verhaltensweisen falle... Natürlich gibt es auch viele Themen rund um die Abstinenz, die ich oder andere dort schon angesprochen habe, wie z.B. Outen bei Freunden, beim Arzt, im Krankenhaus, wie Verhalte ich mich auf Feiern etc.- bis zu einem gewissen Grad findet da auch ein Austausch statt - aber meist unterhalten sich dann eben die Männer untereinander und tauschen alte Kriegsgeschichten aus und das Thema geht verloren... ...und irgendwie ist auch niemand dabei, mit dem ich ein bißchen mehr Freundschaft schließen könnte, was ich ganz gerne würde.

Adobe, sag mal, ist es bei den AA so, dass man die 10 Schritte "runterbeten" muss? Ich war ganz früher mal in der OA´s für Essgestörte - dieses Programm basiert auf dem von den AA´s und da mussten wir uns am Anfang und am Schluß immer alle an den Händen fassen und so eine Art "Gebet" von demut und Anerkenntnis sprechen - das hat mich total abgeschreckt, deshalb habe ich mich jetzt nicht mehr zu den AA´s getraut.

Bernd, danke, dass war interessant zu lesen! Auch du bist bei den AA´s gelandet. Vielleicht sollte ich mir doch mal eine AA-Gruppe anschauen?

Liebe Grüße an Euch alle!
Gaby


Adobe Offline




Beiträge: 2.561

11.04.2004 10:03
#7 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo Joosi,

die AAs leben zwar nach den sog. 10 Schritten, beten sie aber nicht runter. Das kann man im Buch nachlesen und für sich selber anwenden.

Nur zum Schluß der Gruppenstunden stehen alle auf, geben sie reihum die Hände und sagen auf:

Gott gebe mir die Gelassenheit
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann.
Den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann
und die Weisheit das eine vom anderen zu
unterscheiden.

Das ist schon alles. Im Prinzip finde ich den Spruch gar nicht schlecht. Sie reiten auch nicht auf Gott herum. Das Motto ist "ein höheres Wesen was auch immer sich wer darunter vorstellt".

Nicht gefallen tun mir da die Wortmeldungen. Der Gruppenleiter schreibt die Wortmeldungen auf und man kommt der Reihe nach dran. Bis man dann endlich zu Wort kommt, wurden schon längst andere Themen angesprochen.

Deshalb gefällt mir die eine Gruppe ganz gut, wir sind meistens nur so 6 - 7 Leute und da kommt man recht schnell dran und es wird auch nicht so eng gesehen, wenn man mal was einwirft. (In anderen Gruppen wurde das sehr eng gesehen).

Noch ein frohes Osterfest
Adobe


Bernd48 Offline




Beiträge: 979

11.04.2004 12:53
#8 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo Adobe

Es sind 12 Schritte.


Ralfi Offline



Beiträge: 3.531

11.04.2004 13:46
#9 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hi,

ich bin beim Kreuzbund und war noch nie bei den AA, habe aber schon viel von diesen gehört. Irgendwie stelle ich mir die AA wie eine quasi Sekte (nicht im negativen Sinne) vor die das Loch welches der Alkohol hinterläßt mit "einem höheren Wesen" (Inspiration von Adobe da ich nicht richtig weiß wie ich es ausdrücken soll) füllt. Außerdem gibt es feste Regeln (z.B. Wortmeldungen kommen der Reihe nach dran)

Die Zielgruppe wäre also Leute die das "Loch" sonst nicht füllen können und Leute die für Wortmeldungen feste Regeln benötigen, da ihr Selbstbewußtsein noch nicht vollständig ausgeprägt ist.

Liege ich mit meiner Vermutung richtig oder total falsch?

Das sollte auf keinen Fall negativ gesehen werden. Ich denke die AA sind eine wertvolle Erweiterung der Auswahl an Selbsthilfegruppen, den jeder trockene Süchtige braucht eine andere "Unterstüzung" um zufrieden trocken zu bleiben.

Ralf


Joosi Offline




Beiträge: 2.036

11.04.2004 14:10
#10 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hi Ralfi, Bernd und Adobe!

Ich habe doch tatsächlich mal auf dem Dachboden gewühlt und mein altes 12-Schritte-Programm von Bill B. (für Menschen, die an einer süchtigen Eßerkrankung leiden) entdeckt. Es steht drin, dass in dieser abgewandelten Version für OA´s im Grunde nur das Wort Alkohol durch Fressen ersetzt wird - aber sonst ist es gleich.

Als ich da so drin blätterte und die vielen gelb markierten Stellen betrachtete und auch meine Notizen dazu, sah´ich, dass ich mich damals wohl sehr intensiv damit beschäftigt hatte - das war schon völlig in Vergessenheit geraten bei mir - ich dachte, ich wäre nur ganz kurz dort gewesen.
Es ist schon ca. 14/15 Jahre her.

Damals verstand ich es aber als peinliche Schande zu den OA´s gehen zu müssen. Heute sehe ich das ja ganz anders! Was mir auffiel, beim durchblättern, dass ich bei Schritt 9 abgebrochen hatte : dem Entschuldigen bei Personen, die ich irgendwann mal im Leben gekränkt habe. Vielleicht war ich zu streng mit mir damals - ich meinte jede kleinste Jugendsünde wieder bereinigen zu müssen und setzte mich selbst sehr unter Druck, weil ich Angst hatte, dass das Programm sonst nicht richtig "wirkt". Ich konnte es aber nicht in der Realität...alte Kindergarten- und Schulfreunde oder Lehrer aufsuchen oder ihnen Schreiben und sagen, dass ich ihnen was geklaut, sie belogen, beschissen o.ä gemacht habe.

Tja, wenn ich mir den Schritt 9 heute so ansehe, finde ich ihn immer noch sehr schwierig. Er macht mir Angst. Wo ist da die Grenze? Wie löse ich diesen Schritt vernünftig für mich, ohne zu Übertreiben, aber auch ohne den Kopf in den Sand zu stecken?

Auch hatte ich immer größte Schwierigkeiten mit dem Einlassen auf eine "höhere geistige Macht", im Besonderen mein Leben der Sorge Gottes bzw. der höheren Macht anzuvertrauen und demütig darum zu bitten, mich von Mängeln zu befreien. In solchen Sachen bin ich recht phantasielos und glaube nur das was ich sehe...

Trotzdem überlege ich, ob ich es nicht nochmal wagen soll nach so vielen Jahren mich wieder mit diesem Programm auseinanderzusetzen.

Sag mal Ralfi, wie sind den die Treffen beim Kreuzbund gestaltet? Ohne Regeln?

Liebe Grüße
Gaby


Bernd48 Offline




Beiträge: 979

11.04.2004 14:57
#11 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo Ihr alle

Jahrelang hatte ich auch ein falsches Bild von den AA.

Aber es wie bei RTL-Freitag-Nacht-News -
wer's nicht guckt - kanns nicht sehen!

Die Regeln, dass jeder ausreden kann und nur von sich spricht, finde ich außerordentlich wohltuend.

Das hat aus meiner Sicht nichts damit zu tun, Leuten mit angeschlagenem Selbstwertgefühl (die wir mit unserer Krankheit wohl mehr oder weniger alle mal waren oder auch noch sind ) den Einstieg zu erleichtern, denn wer wenig Übung hat, vor mehreren Leuten zu sprechen, zumal über seine größten Probleme, dem versagt auch dort die Stimme und der kalte Schweiß bricht aus.

Ich finde, es kommt Ruhe rein, die Aufmerksamkeit der Zuhörer ist größer und es zeigt Respekt vor dem, der gerade redet.

Wir machen immer einen "persönliche" Runde, nach einer Pause kommen dann auch Ratschläge, Hinweise, Meinungen, oder wir sprechen über ein aufgeworfenes Problem.
Ohne Den Schlag mit der Keule oder der Kasperklatsche, ohne drohenden oder belehrenden Zeigefinger.

Und wer Gott, ein höheres Wesen oder was auch immer für jeden sein mag - ist einfach Wurscht.
Ich als Atheist habe damit keinerlei Probleme,
auch nicht mit anderen Auffassungen,die ich respektiere,
wenn sie nicht zu Scheinheiligkeit, Heuchelei und doppelter Moral verkommen...
Ich denke Ihr wißt, was ich meine...
Wasser predigen und Wein trinken - aber im weiteren Sinne als der Thematik dieses Boards.

Es bleibt bei der Erkenntnis:

Nur Du allein kannst es schaffen -
aber Du schaffst es nicht allein.


Gute 24 Stunden - und noch Frohe Ostern.


Horn ( gelöscht )
Beiträge:

11.04.2004 16:03
#12 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo Joosi,

wenn Du Dich in Deiner Gruppe nicht angenommen fühlst soltest Du versuchen eine andere Gruppe zu finden. Ich habe jetzt nach 5 Jahren meine Gruppe gewechselt. In meiner bisherigen Gruppe war einfach nur noch SmallTalk. Ich habe mir nun eine Gruppe gesucht in der wieder suchtbezogene Themen im Vordergrund stehen.
Wichtig finde ich aber, dass Du weiterhin in eine Gruppe gehst. Ob FK,AA oder eine andere Organisation ist Geschmacksache.

Noch ein Wort zum Thema "ausreden lassen". Normalerweise gilt im FK, dass jedes Mitglied ausreden darf. Leider gibt es aber auch "Schwätzer" die kein Ende finden und dabei nur Belangloses "BlaBla" von sich geben. In so einem Fall ist es Aufgabe das Gruppenleiters dem Gespräch eine Wendung zu geben. Ebenso ist der GL gefordert wenn eine Gruppe auf einen "Neuen" einhackt.

Grüße
Werner


vicco55 Offline




Beiträge: 2.649

11.04.2004 18:38
#13 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo Gabi,
ich mische mich kurz mal ein. Ich gehe seit über 4 Jahren zum Kreuzbund; erst 2 Jahre in München und seit etwas über 2 Jahren hier in Stuttgart.
KB-Gruppen sind moderierte Gruppen, d.h. ein Gruppenleiter oder jemand aus der Gruppe macht Gesprächsleitung. Wichtig ist: Bei uns gibt es Rede - Gegenrede. D.h. im Normalfall wird ein Thema diskutiert, dann das nächste. Zu Beginn machen wir einen sog. Blitz: Reihum erzählt jeder/jede, was ihn beschäftigt, was in der vergangenen Woche für ihn wichtig war, bzw. in der kommenden Woche wichtig sein wird. Dabei wird nicht unterbrochen. Das hat den Vorteil, jeder kommt zu Wort und der Gesprächsleiter weiß, worauf er eingehen muß.
Wir sind normal in der Gruppe zwischen 6 und 10 Leute, im Alter von Mitte 40 bis Ende sechzig mit dem Schwerpunkt auf den 50igern.
Ein Wort zu dem Problem, wie werden Neulinge in Gruppen aufgenommen. Dazu folgende Geschichte: Vor einigen Wochen kam ein Neuer, sehr offen, hat gleich beim ersten Treffen sehr viel, sehr persönliches von sich erzählt. Gut, er steckt derzeit in einer prekären Situation und die drückte ihn. Zwei Wochen später, die Tür geht auf, ui "schon wieder" ein Neuer. Also hat wieder beim Blitz jeder eine Kurzvorstellung eingeflochten. Nach Blitz und erstem Thema/Problem, dachte ich, es gebietet die Höflichkeit, sich beim Neuen zu erkundigen, warum er hier ist, an welcher Stelle der Trockenwerdung er steht etc. etc. Da wird er plötzlich sauer, fühlt sich ausgefragt, will erstmal nur zuhören. Hinterher bin ich meistens schlauer: ich hätte vor der Fragerei sagen müssen, daß er jederzeit signalisieren kann, wenn es ihm zu viel wird.
Was ich damit sagen wollte: wie man/frau es macht, es kann falsch ankommen.
Viel Glück bei der Suche
Viktor


Joosi Offline




Beiträge: 2.036

11.04.2004 19:24
#14 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten

Hallo zusammen!

Es scheint ja doch eher üblich zu sein, eine Gesprächsrunde am Anfang zu machen, wo jeder mal zu Wort kommt - das würde mir persönlich auch gut gefallen.
Mir ist es jetzt schon 2x so gegangen, dass ich 2 Stunden da war und den ganzen Abend nichts gesagt habe, da jedesmal ein Neuer da war, dessen Probleme die ganzen 2 Stunden einnahmen. Ich brauche das schon, dass ich mich auch mitteilen kann. Mir fällt es aber schwer, dies in einer Gruppe wo ich noch relativ neu bin einzufordern und bin dann etwas frustriert nach solch einem abend, weil ich weiß, dass ich jetzt wieder eine Woche warten muss, bis ich vielleicht mal eine Frage ansprechen kann. Zum Glück habe ich ja dieses Forum hier! ..trotzdem bin ich einer eher aufgeschlossener und kommunikativer Mensch, der das Miteinander von Angesicht zu Angesicht einfach braucht. Seit ich nicht mehr trinke, spüre ich das ungemein deutlich, dass es in meinem Leben zu einsam zu geht.

Bernd, ich glaube wirklich, ich sollte meine Meinung zu den AA nochmal überprüfen.

Werner, was du schreibst, hört sich auch sehr in Ordnung an. Es ist ja auch nicht so, dass ich keine Rücksicht nehmen kann oder mich andere nicht interessieren. Bei mir ist eher das Problem, dass ich zu rücksichtsvoll bin und dann immer totgeredet und überrollt werde - bevorzugt von Co-Alkoholikerinnen, die mir erzählen wollen, wie sie ihrem dummen, uneinsichtigen Alkoholiker das richtige Leben noch beibringen wollen.

Hi Viktor, es beruhigt mich, dass es eine verlässliche Struktur bei Gruppen gibt, dass vermisse ich bei dem Freundeskreis etwas. Sowas würde auch das Kennenlernen für eine Neue erleichtern. Ich werde noch mal nach Kreuzbund oder AA hier in der Region Ausschau halten.

Vielen Dank für eure Beschreibungen!

Gruß
Gaby


Adobe Offline




Beiträge: 2.561

11.04.2004 20:21
#15 RE: eine Selbsthilfegruppe zum wohlfühlen? Zitat · Antworten



Sorry Bernd, nicht 10 sondern 12 Schritte.

Ansonsten finde ich, daß das Bernd jetzt besser erklärt hat als ich. Mir liegt halt die Wortmeldung nicht so, weil ich gerne spontan herausplatze. Es steckt aber auch der Sinn dahinter, daß man als Süchtiger wieder lernen soll, anderen zuzuhören und auch seine Gedanken sammeln. Also nichts Negatives. Religiös ging es in keiner AA-Gruppe zu in der ich war.

Das erste Mal kam ich mit den AAs in der Klinik in Kontakt und habe damals die Leute unheimlich bewundert. Damals dachte ich, so will ich auch wieder werden.

Aber wie gesagt, auch bei den AAs gibt es große Unterschiede. Die erste Gruppe hat mir überhaupt nicht gefallen. Man muß halt mehrere ausprobieren, es kommt immer auf die Leute an, die in der Gruppe sind. Die Regeln sind aber überall gleich.

Viele Grüße
Adobe


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