ich bin seit heut abend hier angemldet und daher noch etwas orientierungslos. Das beste dürft wohl sein, ich stell mich erst mal vor:
Ich bin 56 Jahre alt, was für Arbeitslosigkeit ein ganz blödes Alter ist. Ich leb allein mit einem Airedale-Terrier in einem Haus mit Garten in der Nähe von Stuttgart. Mein Sohn wird im Sommer 20 Jahre alt, und studiert Informatik in Grenoble.
Meine Alkoholkarriere begann, als ich ungefähr 14 Jahre alt war. In unserer Familie gehörte Alkohol zum täglichen Leben. Mein Vater ist wenige Monate nach der Geburt unseres Sohnes im Vollrausch so unglücklich gestürzt, dass er an den Verletzungen gestorben ist. Mir war das eine Warnung, nicht zu stürzen, wenn ich besoffen bin.
Ernstere Probleme bekam ich vor ca 8 Jahren, als sich ein Auftraggeber bei der Geschäftsleitung über den "besoffenen Kerl" beschwert hatte. Ich hatte zum Mittagessen ein Glas Wein getrunken, und damals nicht gewusst, dass ein Nichttrinker das sofort riecht. Auf Drängen der Geschäftsleitung hab ich dann eine Entzugstherapie mitgemacht, und bin fast 2 Jahre lang trocken geblieben. Irgendwann hab ich aber angefangen am Wochenende wieder zu trinken, weil die das im Büro ja nicht mitkriegen würden. Das ging natürlich schief, weil, von mir unbemerkt, die berufliche Leistung nachließ. Der Personalchef hat mir dann klargemacht, dass er mich loswerden will. Ich war erstmal für ein Jahr krankgeschrieben, und konnte von Lohnfortzahlung und Krankengeld gemütlich weiterleben und -saufen. Danach durfte ich noch für ein paar Monate wieder in der Firma arbeiten, fristgemäß gekündigt, mit der Aussicht auf eine Abfindung. Seitdem bin ich arbeitslos.
Inzwischen ist auch noch der Führerschein weg. Es war ein ganz harmloser Auffahrunfall, bei dem an meinem Auto nur das Nummernschild etwas verbogen wurde. Dummerweise hatte ich von der vergangenen Nacht noch 0,82 o/oo Restalkohol im Blut. Auf Drängen meiner Schwester hab ich dann ab September 2003 regelmäßig einen Psychotherapeuten aufgesucht, der gleich in der ersten Sitzung behauptete, mein Problem sei nicht die vom Neurologen diagnostizierte und behandelte Depression, sondern der Alkohol. Die Vorstellung auf Alkohol verzichten zu müssen, und das womöglich bis an mein Lebensende, war mir so grässlich, dass ich unbeirrt weitergetrunken habe. Bei der vorletzten Sitzung am 18.02.04 hat mich der Therapeut irgendwie erwischt. Ich vermute, dass sich Wörter wie "Entgiftung", "stationär" und "Psychiatrie" in meinem Hirn festgesetzt, und dort, ohne dass mir das richtig bewusst wurde, einen Prozess ausgelöst hatten. Am Donnerstag hatte ich noch 6 l Rotwein im Haus. Bei einem Verbrauch von 2 l pro Tag hat das nur bis Samstag gereicht. Ich bin trotzdem nicht Einkaufen gegangen, mit der Überlegung, wenn's ganz schlimm wird, kannst du am Sonntag ja immer noch zur Tankstelle gehen. Es wurde nicht ganz schlimm, und seit dem 23.02.04 hab ich keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken.
Inzwischen kann ich über manche meiner "Säuferverhaltensweisen" sogar schon lachen: Seit Jahren stehen in der Küche 3 durchgetrocknete Pflanzentöpfe unter der Arbeitsplatte. Jedesmal, wenn der Hund sich freut oder aufregt, schmeißt er eines dieser Töpfchen um. Und ich ärgere mich, weil ich dann den Dreck wegkehren muss. Gestern kam mir nun endlich der geniale Gedanke, den Inhalt der Töpfchen auf den Kompost zu kippen, und die Dinger wegzuräumen. Da muss man erst mal draufkommen.
Erst einmal von mir ein Herzlich Willkommen hier am Board.
Ich freue mich, dass du den Weg hierher gefunden hast und was die Orientierung anbelangt, wirst du sie sicher hier bald finden. Wir sind in etwa in einem Alter - und gerade deswegen drücke ich dir meine Daumen, dass du den alkoholfreien Weg weiter gehst, den du eingeschlagen hast. Du wirst dich wundern, wie schön der Weg sein kann.
Aber ganz nebenbei: Die Blumentöpfe in der Küche wären bei mir schon lange verschwunden gewesen ;-)
Gleich am ersten Tag im alkoholfreien Haushalt hatte ich ein Problem. Im Supermarkt gab's seit langer Zeit mal wieder Salbei zu kaufen. Ich hab dann gleich noch (fast) alle weiteren Zutaten für Saltimbocca mitgenommen, und stand abends ratlos vor dem Herd, weil in keinem meiner Kochbücher ein Rezept ohne Weißwein zu finden war. Mit Orangensaft hat's dann doch noch ganz gut geschmeckt. Aber vielleicht kennt hier jemand ein besseres Rezept?
das Saltimbocca a la Romana wird zwar mit Weißwein zubereitet, aber denn machst du eben Salbeischnitzel a la Christof und mischt die Soße mit einer anderen leckeren Zutat
Ich bin übrigens auch Kochbuchsammler und meine Vitrine, die nur Derartiges in allen Variationen beinhaltet, platzt bald aus allen Nähten.
Es gibt hier ja noch die "Kochrezepte aller Art". Da werd ich mal als nächstes reinschauen. Rotwein zum Ablöschen hab ich ja jetzt auch nicht mehr im Haus.
Am Mittwoch hab ich übrigens beim Internisten meine Blutwerte vom Dezember 2003 abgeholt. Hier:
hab ich eine gute Hilfe zur Interpretation der Werte gefunden. Einige der abweichenden Werte deuten auf Alkoholmissbrauch hin. Aus keinem der Werte lässt sich auf eine Schädigung der Leber schließen. Beruhigend zu wissen, dass meine Leber die ca 250 g Alkohol pro Tag einigermaßen gut verarbeitet hat.
Ich möcht heut noch ein bisschen was über meinen Hund erzählen. Er ist, wie gesagt ein Airedale-Terrier, wird im Mai 7 Jahre alt, ist temperamentvoll und ungeduldig, ansonsten aber ganz gutartig. Er hat während der ganzen Zeit dafür gesorgt, dass ich wenigstens einmal täglich das Haus verlassen musste, egal wie das Wetter war, und ob ich überhaupt Lust dazu hatte (ich muss gestehen, dass ich das manchmal erst nach Mitternacht geschafft hab). Außerdem hat er wesentlich dazu beigetragen, dass ich seit knapp 3 Wochen keinen Alkohol mehr trinke. Während der Zeit eines stationären Entzugs, hätt ich ihn nämlich in ein Tierheim geben müssen, und das wollt ich ihm nicht zumuten. Meine Schwester hätte ihn nicht nehmen können, weil die außer ihrem Hund noch eine Katze hat, und Rocco ein begeisterter Katzenjäger ist. Wenn der Link funktioniert, könnt ihr hier ein Foto von Rocco sehen:
Er sitzt da auf dem Schlafzimmerfußboden, den er in meiner Abwesenheit gemeinsam mit einem befreundeten Pitbull zerstört hatte. Auf den kleinen Fotos ist der Petit Basset Griffon Vendéen zu sehen, den ich vor Rocco hatte.
Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden
Saufnix-Chat
1
Offline
