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Saufnix  
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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 1.375 mal aufgerufen
 Deine eigene Alkoholkarriere
Bobby ( gelöscht )
Beiträge:

17.11.2003 16:28
RE: Meine Alkoholkarriere Zitat · Antworten

Mit ca. 5 Jahren habe ich einmal in einer Kneipe in Berlin ein Bier auf ex gesoffen und war total besoffen. Den nächsten Alkoholkontakt hatte ich erst wieder mit 10,11Jahren indem ich Sherry von unserer Minibar nippte. Geschmack war ok. Mein Vater war mittlerweile ausgezogen, auch Alkoholiker, und wir sind mit einem neuen Stiefvater auf ein Dorf bei Braunschweig gezogen. Mir hat es dort nie gefallen. Mit 13waren Pubertät, die ersten Partys, die Lust Frauen kennenzulernen ja und der Alkohol kam regelmäßig in mein Leben. Nach zwei halben auf dem Dorfplatz kam ein paar Tage später die erste Party. Ich trank gleich 10Bier und behielt dies in etwa einem Party Turnus von jeweils 4Wochen bei. Das ging so bis zur Lehre mit 17. Der Konsum steigerte sich nun von wöchentlich auf tägl. Zwischen 2 und 20 kleine Bier war alles drin. Oft hatte ich Blackouts, und verlor schließlich meinen Führerschein Anfang 20 weil ich auf der Autobahn betrunken einen Unfall verursachte.
Ich mußte daraufhin beruflich von dem Dorf weg und zog in eine hessische Kleinstadt. Besuchte dort die Fachoberschule und fiel mit Pauken und Trompeten durch. Viel Fehlzeiten.
Ich machte geradeso eine zweite Ausbildung und fing an zu arbeiten. Ich war mindestens von Donnerstag bis Sonntag abend abends besoffen, sonst werktags mäßiger Umgang. Ich hatte totale Komplexe und Minderwertigkeitsgefühle beim Arbeiten. Nicht nur wegen dem Alk, sondern meiner Persönlichkeitsstruktur. Nur besoffen hielt ich es aus.
Ich flog aus allen Jobs wieder raus und probierte mich mit einem Bekanten selbständig zu machen. Ich investierte 50000DEM und bin aus Angst wieder ausgestiegen. Es ging in eine illegale Richtung. Nun hatte ich 50000DEM Schulden und war arbeitslos, bezahlte keine Miete ein Jahr lang und war am Ende. Meine Mutter lag im Sterben und ich wurde echt paranoid, dachte jede Sirene sei für mich gedacht(Verhaftung) und jeder Blick eines Mitbürgers machte mich unsicher. Mein Tiefpunkt bisher!!!!!!!!!!
Meine Mutter empfahl mir AA. Ich ging ins Meeting und zum Hausarzt, zur Suchtberatung und schließlich in die Langzeit. Dort hat es gerattert, du mußt aufhören, du bist Alkoholiker.
Mittlerweile bin ich 6Jahre trocken und hab die Schulden fast bezahlt und stehe in einem festen Arbeitsverhältnis. Es geht mir oft noch sehr beschissen mit Selbstmordgedanken, es gibt aber auch schöne Momente, ja sogar schöne Tage. Ich gehe ca. 2mal die woche ins Meeting zu AA. Das ist meine Basis. Ich denke, ich habe keine andere Wahl als trocken zu bleiben. Medikamente mag ich nicht, Drogen hab ich Angst vor, und Alk geht nicht. Also Gruppe und mir hilft ein spiritueller Zugang zur höheren Macht ungemein. Einen Sponsor (Betreuen) bei AA kann ich echt empfehlen. Oh, es ist noch so schwer zufrieden zu sein, aber ich habe nur ein Leben und habe Hoffnung. Ich bin übrigens 34 und männlicher Single. Bobby


Saftnase Offline




Beiträge: 1.206

22.12.2003 01:43
#2 RE: Meine Alkoholkarriere Zitat · Antworten

Hallo ihr Lieben,

ich lese schon einge Zeit in diesem Forum und möchte auch mal meinen Senf dazugeben.

Ich bin weiblich und schon ein "altes Kamel" von 46. Viele, viele Jahre habe ich gesoffen wie ein Loch und dabei mal "klein" angefangen. Also in unregelmäßigen und auch langen Abständen normale Mengen Bier, Wein oder Sekt. Im Laufe der Zeit verlagerte ich mich auf harte Schnäpse und war in den letzten Jahren bei ner 1/2 bis 3/4 Flasche Schnaps so ca. jeden 2-3 Tag angekommen. Allerdings wurde ich Anfang des Jahres von morgentlicher Übelkeit und Trockenwürgen geqäult und habe im März von heute auf morgen ohne irgendwelche Entzugsprobleme mit dem Alkohol aufgehört und bin bis jetzt trocken. Mittlerweile weiss ich auch, dass dieser kalte Entzug nicht ungefährlich war, aber letztendlich hat es geklappt. Ich habe anschließend sehr viel Gewicht verloren und katastrophale Blutwerte gehabt, wobei sich mein Arzt sehr bedeckt hielt und auch meine Hinweise auf das Alkproblem ignorierte. Letztendlich habe ich mich nur noch mit dem Alkoholismus und seinen Folgekrankheiten beschäftigt und natürlich Informationen über die mir im Gedächtnis gebliebenen Blutwerte eingeholt und muß davon ausgehen, dass lebertechnisch ein großer Schaden entstanden ist.
Wenn ich jetzt alles Revue passieren lasse, ist es mir unbegreiflich, was ich jahrelang meinem Körper angetan habe. Wäre ich nicht so ungelenkig, könnte ich mir jeden Tag wegen dieser Dummheit in den Allerwertesten beissen.Und was hat mir der Alkohol gebracht? "Ein schönes Gefühl"?, eine benebelte Birne!!! und viel verschleudertes Geld!!!!
Oh Mann, warum habe ich diese Erkenntnis nicht schon früher gehabt!!! Und wie ist das überhaupt alles gekommen? Wahrscheinlich war ich "nicht steuerbar genußsüchtig","gut-drauf-Trinkerin","stolze vielvertragende Kampftrinkerin","resignierte Suchteule" im immer tiefer ziehenden Sog des Alkohols mit jahrelangem Liegenbleiben im Saufloch und erst wieder herauskrabbeln um "5 vor 12". Das mag jetzt "Locker vom Hocker" klingen, aber mir ist es ernst und so würde ich meine Lage mal sehen.

Als Fazit bleibt mir auch noch festzustellen, das Alkohol ein gesellschaftlich, staatlich und werbemäßig geduldetes und gefördertes Langzeitselbstmordmittel ist, wobei vorher erst Hirnvernebelung, trüber Blick, vergiftetes Denken und stückchenweise körperliche Selbstzerstörung auftritt. Also ich bin kuriert und will mit dieser Brühe nichts mehr zu tun haben.

Ich wünsche allen, die trocken sind, dass sie es auch bleiben, und denjenigen, die vielleicht schon "die Schuhe anhaben", auch die Kraft den Weg in die Trockenheit zu gehen.

Allen ein frohes Fest
und liebe Grüße von
Saftnase (früher mal Saufnase)


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

23.12.2003 19:33
#3 RE: Meine Alkoholkarriere Zitat · Antworten

hallo Saftnase,

dein Beitrag hat mir sehr gefallen. Er ist so erfrischend im Ton, lässt alle "Kleinigkeiten" weg, beschränkt sich auf das absolut wesentliche. Ich werde sofort heftig an meine eigene Saufzeit erinnert, bloß dass ich 1/2 - 3/4 Flasche Schnaps, bzw. umgerechnet in Bier, pro tag trank zum Schluss.

Hier mein kleiner Ausflug zugleich Vorstellung, auch ich bin neu und schon ein "alter Esel" (oder Kamel):


Heute trinke ich nicht:

Den 1.-sten Tag registrierte ich wie durch Nebel hindurch, das hatte mit meinem Verstand noch überhaupt nichts zu tun. Sie hatten mir gesagt: „Du musst nicht wissen wie das geht, Du darfst uns aber glauben dass es geht“. Weil mir das trockene Alkoholiker zusprachen mit guten Augen, glaubte ich ihnen.

Der 10-te Tag ohne Alkohol im Blut erfüllte mich mit ganz kleinem mini-Stolz, weil die mit Abstand meisten Rückfälle am 1.-3. Tag passieren. Und darüber war ich nun bereits hinweg.

Am 100-sten Tag fing ich an zu glauben, dass meine immer noch plattgetretene Seele sich in absehbarer Zeit erholen kann.

Zum 1000-sten Tag lud ich mir etliche alkoholfreie Freunde ein, und wir begossen das Ereignis mit Kaffee, Tee, und Brause. Jeden Tag früh hatte ich mit „heute trinke ich nicht“ begonnen, und zwar voller Freude (und nicht Ängstlichkeit wie die halbgewalkten Kollegen und Dussel hämisch mutmaßten). Jeden Tag abends war ich dankbar, „dem da ganz oben“ gegenüber. Von hier an hörte ich auf mit dem Zählen, und das hielt ich schon für Leichtsinn.

Den 10.000-sten Tag in Abstinenz werde ich hoffentlich noch erleben, das wäre der 28.August 2010, also in rund 7 Jahren. Start war der 13. Mai 1983.

(Ich hatte einst die von mir konsumierte Gesamtmenge an reinem Sprit ausgerechnet. Das ging recht einfach, weil ich meine ersten 20 Lebensjahre so gut wie vernachlässigen kann. Danach wurde es sprunghaft höher, und dann sprunghaft noch wesentlich höher, um jedoch einem gewissen Endwert zuzustreben. Diese Menge betrug mehr als 5 (fünf) Fässer à 200 Liter, das ist mehr als 1 Kubikmeter. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Trinkmenge pro Jahr in Deutschland muss ich daher etwa 77 Jahre alt werden, dann erst hätte ich statistisch "normal" getrunken.
Na dann versuche ich’s halt doch - Ich meine damit so alt zu werden!)

Liebe Saftnase, das Tollste an deinem Beitrag war für mich der Satz deiner Erkenntnis, dass du die Erkenntnis der Abstinenz gehabt hast. Und dass du desweiteren vielleicht dein Leben aufräumen und ganz anders leben willst.

Für alle an diesem Forum eteiligten, besonders aber für dich einen guten Jahresanfang,
Max


HAKWorxWoman ( gelöscht )
Beiträge:

17.03.2004 21:12
#4 RE: Meine Alkoholkarriere Zitat · Antworten

Alkohol ist gut, aber auch irgendwie nicht, das ganze ist ziemlich kompliziert. Ich habe festgestellt, dass wenn man in einer Disko ist wo alle angetrunken sind, die Menschen auf ein Mal viel freundlicher sind und man auf ein Mal ganz viele Freunde hat, später allerdings ... kann es zu einigen Überraschungen kommén

LG
Carina

www.kaugummi.at.tf


Saftnase Offline




Beiträge: 1.206

17.03.2004 21:44
#5 RE: Meine Alkoholkarriere Zitat · Antworten

Hallo Carina,

willkommen auf dem Board.

Eines hast du richtig erkannt: durch Alkohol sind viele freundlicher. Aber der Schein trügt.

Alkohol ist ein Gift, dass im Gehirn wirkt und "Glücksmomente" vorgauckelt und im Grunde genommen sind Freundschaften als auch Freundlichkeit, unter Alkohol, nicht echt, und im einen oder anderen Fall kommt es zu einem "bösen" Erwachen.
Leider hast du nicht geschrieben, welche Erlebnisse, dich dazu brachten, um mal hier zu posten.
Wenn du magst, kannst du ja mal ein bischen was Näheres erzählen.

Liebe Grüße

Laila


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