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Saufnix  
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 Deine eigene Alkoholkarriere
Vegany Offline



Beiträge: 56

18.01.2014 08:22
RE: Froh hier sein zu dürfen Zitat · Antworten

Hallo und Aloha!

Tja, dann stelle ich mich auch mal vor und erzähle von meiner "Karriere"

Erstmal möchte ich mich ganz herzlich für die Aufnahme hier im Forum bedanken.

Im richtigen Leben heisse ich Astrid, bin 42 Jahre alt, Altenpflegerin, habe einen erwachsenen Sohn und bin zum zweiten Mal verheiratet.

Meine Alkoholkarriere begann bereits mit 14, an das erste Bier erinnere ich mich sehr gut und es schmeckte scheußlich. Aber ich wollte dazu gehören und die Wirkung war recht angenehm. Ausserdem beruhigte und betäubte es meinen sonst immer unruhigen Geist.

Die ersten Jahre trank ich hauptsächlich am Wochenende, aber immer bis zum Vollrausch. Es folgte eine Ehe in der Alkohol eine große Rolle spielte, eine fröhliche Clique mit der man sich regelmäßig in der Kneipe oder bei Spieleabenden betrank und einige Jahre als Bedienung in einer Kneipe als mein Sohn klein war. Natürlich kam ich jeden frühen Morgen völlig betrunken von der "Arbeit" nach Hause.

1999 trennte ich mich von meinem Mann unter anderem weil er mich wegen des Alkohols mehrfach belogen hatte und kam mit einem Mann zusammen mit dem ich noch mehr trank und zusätzlich jeden Abend mehrere Joints rauchte. Täglich, und das über annähernd zehn Jahre.

Die Erziehung meines Sohnes lief nebenher, wofür ich mir heute noch viele Vorwürfe mache.

Ausserdem machte ich in dieser Zeit eine zweite Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin. Die Prüfungen schloss ich alle mit sehr gut ab, obwohl ich zu allen Prüfungen verkatert und bekifft ging. Also lief ja alles prima, ich konnte mir und besorgten Angehörigen einreden das ich mein Leben vortrefflich im Griff hatte. Regelmäßiges Kotzen, beginnende Panikattacken und andere offensichtliche Sucht- und Vergiftungserscheinungen waren jeden Nachmittag nach dem ersten Bier schnell vergessen und so trank ich selbstherrlich und selbstsicher weiter und ging nebenbei in drei Schichten zuverlässig arbeiten.

2004 hatte ich dann meinen ersten Burnout mit schlimmsten Panikattacken. Es folgten drei Monate Krankmeldung, Besuche beim Psychiater und ambulante Gesprächs Therapie. Alkohol war bei keinem Gespräch ein Thema und so trank und kiffte ich parallel zu allen Therapien und Medikamenten weiter.

Anfang 2008 folgte der zweite Burnout nach einer Trennung von meinem damaligen Partner, diversen Schwierigkeiten mit meinem Sohn und seiner Schule. Diesmal war ich sechs Wochen stationär, Diagnose Burnout mit generalisierter Angststörung. Nach Alkohol oder Drogen fragte mich keiner der Therapeuten, im Gegenteil, als ich mal am Rande erwähnte das ich regelmäßig trank schien das niemand ernst zu nehmen.

Nach einer gewissen Auszeit ging ich also wieder regelmäßig und wie immer zuverlässig arbeiten, trank und kiffte aber wieder große Mengen.

Als mein jetziger Mann mich Anfang 2009 kennen lernte war ich wieder ziemlich am Ende, Paniken ohne Ende die täglich weggeraucht und weggesoffen wurden um am nächsten Morgen verstärkt wieder aufzutreten. Dazwischen natürlich weiterhin drei Schichten in Vollzeit mit Verantwortung für eine ganze Station, die Bewohner und Medikamente.

Meinen Mann lernte ich zwar in einer Kneipe kennen, er war jedoch einer der wenigen die wirklich nur zum Billard spielen dort waren. Er hat mal ein Bier getrunken, oft aber auch ne Cola und nach dem Billardspiel ging er meist nüchtern nach Hause. Später hat er mir mal erzählt das er am allerersten Tag gedacht hat:" Mensch, was ist das denn für ne versoffene Alte"

Wie das Leben so spielt, wir verliebten uns trotzdem und es folgte zunächst eine Zeit mäßigen Alkoholkonsums, wobei ich bei jeder Gelegenheit immer noch mehr trank als er. Ab und an ließ er sich sogar mitreißen und betrank sich auch. Auch dem Gras war er nicht ganz abgeneigt und rauchte -animiert durch mich- mehr und öfter mit mir.

Etwa ein Jahr später dann nach vielen halbherzigen Versuchen der Abstinenz hatte ich eine längere trockene Phase, etwa drei Monate in denen ich auch eine entsprechende Gruppe besuchte in welcher ich mich aber überhaupt nicht wohl fühlte. Dann kam der Sommer, die Grillsaison und schon ging es wieder los. Ein Bierchen zum Grillen kann man ja mal trinken redete ich mir ein. Und natürlich wurde auch bald wieder der Scnaps hervorgeholt und wenn man einmal so schön beisammen sitzt kann man ja auch nochmal ein oder zwei Joints rauchen, was ist schon dabei?

Also fand ich mich schnell wieder in der gleichen Tretmühle von Sucht, Panik, Kater und dagegen ansaufen.

Ab und zu in Abständen dann unter Tränen das Versprechen an mich und meinen Mann mit allem aufzuhören. Und die Bitte mir zu helfen und auf mich aufzupassen. Das wiederum führte dann kurze Zeit später oft zu Streit wenn ich doch die Flasche aufmachte und ihn anschrie, er habe mir gar nix zu verbieten, ich bin schließlich erwachsen , habe mein Leben im Griff und trinke was und wann ich will.

Da mein Mann häufig mehrere Tage beruflich unterwegs ist, trank ich dann auch heimlich. (Das kiffen haben wir irgendwann von alleine aufgehört)

Seit etwa zwei Jahren beschäftige ich mich mit dem Sinn des Lebens, mit Spiritualität, lese Bücher von Dahlke, Schache, Betz, Tolle usw. Seit August 2012 ernähre ich mich vegan, unter anderem aus gesundheitlichen Gründen und um Geist und Körper klar zu halten.

Gesoffen habe ich trotzdem als hätte das alles mit mir gar nix zu tun.

Seit etwa einem halben Jahr habe ich meinen Alkoholkonsum nochmal gesteigert, heimlich, mal wieder ohne das jemand etwas gemerkt hat.

Anfang letzte Woche habe ich mich dann wieder trotz guter Vorsätze in Abwesenheit meines Mannes die ganze Nacht volllaufen lassen. Mehrere Flaschen Bier, Desperados und später noch ne halbe Flasche Ouzo hinterher

Am nächsten Tag traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag. Nicht der Vorsatz mit Willenskraft gegen das Trinken anzugehen, sondern die Erkenntnis es satt zu haben und nicht mehr zu wollen. Ich lud mir auf mein Handy zwei geführte Meditationen zum Thema Alkoholsucht runter, holte mir das Buch "Alkohol hat mich belogen", fing an Tagebuch zu schreiben, las mich hier im Forum ein und beantragte das Passwort zur Aufnahme hier.

Mittwoch abend dann noch das tränenreiche Geständnis an meinen Mann. Diesmal nicht mit der Bitte auf mich aufzupassen, wie soll er auf mich aufpassen wenn ich es nicht selbst tu? Nein, er soll und will und wird einfach unterstützend da sein und da bin ich ihm sehr dankbar für.

Ja, und hier bin ich jetzt. Seit vier Tagen und fünf Stunden trocken. Zur Zeit noch euphorisch mit jeder trockenen Stunde die hinzu kommt. Aber mir ist bewusst das die Euphorie nicht ewig hält, das irgendwann Frust kommen kann oder eine Einladung. Und ganz sicher kommt irgendwann die nächste Grillsaison und andere Gelegenheiten in denen sich mein Entschluss erst noch bewähren muss. Bisher fällt mir das Nichttrinken noch nicht schwer obwohl vier Tage nüchtern für mich schon ne lange Zeit ist.

Ich danke erstmal fürs "Zulesen" und wünsche uns allen hier eine erfolgreiche trockene Zeit!

Astrid


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