Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Saufnix  
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 68 Antworten
und wurde 5.899 mal aufgerufen
 Ganz, ganz viele Fragen
Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5
zai-feh ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 10:05
#16 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Für mich ist die Antwort mit den Schuldgefühlen ganz einfach.

1. Ist Alkoholismus eine Erkrankung, auf deren Verlauf ich enormen Einfluss nehmen kann. Ein Dementer kann dies eher gar nicht. (Übrigens: Demente, die "lichte Momente" haben, schämen sich teilweise auch sehr, so ihnen bekannt ist, was sie gemacht haben). Ein Tourett hat auch nur bedingten Einfluss auf die Erkrankung. Oft wird ihm die sinnvollste Medikation verweigert - und auch diese leiden darunter, dass sie sich gesellschaftlich "fehlverhalten".

Als trockener Alkoholiker (wenn ich also den Einfluss, den ich selber auf die Krankheit habe, genutzt habe) ist durchaus wieder im Zustand, Taten beurteilen zu können.
Dazu kommt noch, dass die meisten Taten eines Alkoholikers doch sehr personengerichtet und zielführend sind. Beispiele: Das Schlagen der Ehefrau und Kinder während das Auftreten in der Öffentlichkeit sehr freundlich sein kann. Bewusstes Lügen, um an Geld für Stoff zu kommen ...
Dies alles ist weder bei einem Dementen noch bei einem Tourette der Fall.

Zudem bin ich der Ansicht, dass der "Heilungsweg" eh nur über die Übernahme der Verantwortung des eigenen Handelns geht. Sonst handelt sich die Trocknung doch nur um ein Schmoren im eigenen Saft ohne echte Weiterentwicklung. "Opferhaltung" (ich kann ja nix dafür, alle anderen sind schuld) ist eh eine "unterentwickelte" Lebenseinstellung.


zai-feh ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 10:11
#17 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

@Mezzanine:

Ich möchte hier auch auf Veras Thread verweisen:

hier
Und auch auf die Links am Ende ihres ersten Posts, die sie eingestellt hat.
Punkt acht UND neun


kaleumann ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 10:41
#18 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von zai-feh
"Opferhaltung" (ich kann ja nix dafür, alle anderen sind schuld) ist eh eine "unterentwickelte" Lebenseinstellung.





Lars


Achternbusch ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 11:01
#19 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Immer wenn jemand sagt oder schreibt, „für mich ist das ganz einfach“, stellen sich mir die Nackenhaare. Ich frage mich dann, wieso sagt man das dann nicht ganz einfach den 1,7 Millionen abhängig trinkenden Menschen in Deutschland? Du hast doch enormen Einfluss auf Deine Krankheit.

Nein, so einfach ist das leider nicht. Durchschnittlich vergehen 15 Jahre bis ein alkoholkranker Mensch Hilfe sucht. In dieser Zeit ist er nicht immer besoffen wie wir selbst am besten wissen, er ist oft monatelang trocken, krank ist er trotzdem.

Gesellschaftlich „Danebenbenehmen“ liegt oft nicht an Tourette-Symptomen sondern an der Gesellschaft in der ein Erkrankter lebt. Seit 1985 in Italien die Irrenanstalten geöffnet wurden, schämen sich Tourettler nicht mehr. Sie leben mitten in der Gesellschaft und wenn sie um sich fluchen, sagt man lächelnd zu Ihnen, Ciao und wie gehts denn heute?

An Demenz erkrankte Menschen entwickeln nur dann ein Schuldverhalten, wenn man ihnen sagt, dass sie sich „daneben“ benommen haben. In der Regel sind das die mitfühlenden, nächsten Angehörigen und meistens die, den „lieben Angehörigen“ ganz schnell in ein Heim abschieben.

Die meisten „Taten“ eines Alkoholikers sind personenbezogen. Stimmt, sie richten sich gegen eine Person und das sind SIE SELBST. 40% der Alkoholkranken sind Frauen, sie schlagen eher selten ihre Männer, sie begehen eher öfter Suizidversuche, das Risiko ist bei Frauen 20-fach erhöht gegenüber der Bevölkerung. Bei Männern weiß man von einem 8-fach erhöhtem Suizidrisiko, sie begehen weniger Versuche, sie vollenden dafür deutlich öfter.

Und es ist genau diese vereinfachende Einstellung zur Schuld und schuldhaftem Verhalten, die zu unerträglich vielen Rückfällen führt. Es gilt ein verändertes Bewusstsein zur Krankheit, zu sich selbst zu entwickeln. Man nennt es Selbstbewusstsein. Es ist genau das, was die meisten Alkoholerkrankten in ihrem Leben nie wirklich selbst hatten. Der Weg dahin ist alles andere als einfach, er ist schwer und er zieht sich hin.

Wer ihn aber gegangen ist, den wirft so schnell nichts mehr um, er ist sich seiner Stärken bewusst – er hat sich mit der Hilfe anderer von einer Krankheit heilen können. Das geht nur mit einem realistischen Verständnis der Krankheit aber nicht mit Alkoholikerprosa und 12 Schritten – so einfach ist es eben nicht.


Mary61 Offline




Beiträge: 6.128

09.10.2012 11:33
#20 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Achternbusch
...Wer ihn aber gegangen ist, den wirft so schnell nichts mehr um,

das seh ich nicht so...
wer diesen weg gegangen ist
ist deshalb nicht automatisch stark und gegen rückfälle imun.
ganz besonders nicht
wenn nichts aufarbeitet
.

er ist sich seiner Stärken bewusst

das ist bei mir auch tatsächlich so!
aber erst seitdem ich mir meine schwächen eingestanden
und bearbeitet hab



– er hat sich mit der Hilfe anderer von einer Krankheit heilen können.

bist du geheilt ???


Das geht nur mit einem realistischen Verständnis der Krankheit

ich glaube eine heilung der sucht gibt es nicht.
und um sie zum stillstand zu bekommen
braucht man schon ein realistisches verständniss.
aber dazu gehört auch sich mit sich selber und seinen persönlichen dingen und suchtgeschichte zu beschäftigen.
nicht nur mit dem krankheitsbild an sich.



aber nicht mit Alkoholikerprosa und 12 Schritten

zumindest ist das EIN weg der zu einer trockenen zufriedenheit ohne weitere krücken führen kann.


– so einfach ist es eben nicht.

sondern?

[/b]

--------------------------------------------------------------------------------------------------- "Begehe nicht den Fehler, nicht zwischen Persönlichkeit und Verhalten zu unterscheiden.
Meine Persönlichkeit ist wer oder was ich bin.....
..... Mein Verhalten hängt davon ab wer du bist."


Achternbusch ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 13:16
#21 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

@Mary,

Zitat
bist du geheilt ???


Ja.

Zitat
sondern?


Es ist kompliziert und langwierig, vor allem ist es sehr individuell.

Zitat
das ist bei mir auch tatsächlich so!
aber erst seitdem ich mir meine schwächen eingestanden
und bearbeitet hab


Ich weiß nicht ob es Dir bewusst ist aber Dein Zitat ist nur sehr schwer zu lesen. Permanente Kleinschreibung mag für Dich bequem sein, für die am anderen Ende der Leitung ist es sehr mühsam zu lesen. Schön wäre auch Zitiertes vom eigenen Text zu trennen. Das ist jetzt kein Vorwurf, nur ein Hinweis.

Zitat
zumindest ist das EIN weg der zu einer trockenen zufriedenheit ohne weitere krücken führen kann.


Trocken ja, zufrieden ...? Kann nur jeder für sich selbst beantworten. Da Du von Krücken sprichst, eine Frage: ist dieses Forum nicht auch eine Art Krücke für Dich?

Herbert


Ilo132 Offline




Beiträge: 1.649

09.10.2012 13:54
#22 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

ich muß mich nicht dafür entschüldigen das ich krank war

aber ich sollte mit den menschen reden
denen ich dadurch weh getan hab.




Das hört sich auch anders an ...........mit den Menschen reden...........ich würde es noch ergänzen,,,,,,,,,
wenn ich es will ...............!
Ich habs auch getan ......wo es mir wichtig war.........
aber ich will mich nicht schuldig fühlen...........
damit will ich auch nicht aussagen das andere Schuld sind............warum auch.............
irgendetwas ist aber schief gelaufen im Leben eines Alkoholikers..............
Und es gibt Menschen die werden besser fertig mit kranken Lebensumstände,oder plötzlich auftretenden Katastrophen.....
oder....... oder..............oder......

Und dann gibt es die ...........die daraufhin Psychosen entwickeln,anfangen zu trinken.....weil sie es nicht mehr aushalten können..............und......und ......und

Wir Menschen sind halt verschieden.........
alle sind nicht gleich stark........
es gibt ja auch nicht umsonst viele psychische Krankheiten..

ich zähl mal Alkoholismus dazu,meist in Verbindung mit anderen psychischen Krankhiten

LG Ilo

Teilweise denk ich mir meinen wir dasselbe

Der Tag strahlt
in den schönsten Farben,
es duftet nach Leben,
und die Luft
schmeckt nach Glück.

Lieblingsspruch von der kleinen Ilo


Adriana2 Offline



Beiträge: 2.442

09.10.2012 14:07
#23 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von karlbernd[/i]
aber: ein trockener, genesender alkoholiker hat schon eine schuld auf zu arbeiten. das gehört zur gesundung dazu.
einfach sagen: ich war ja krank" reicht m.e. nicht aus.
da kann ich ja auch sagen: ich saufe wieder ,ich bin ja krank...



Ja vielleicht sind *auch* dehalb die Erfolgsquoten bei den LZT's so klein.

Isses nun eine Erkrankung oder nicht? Für eine Erkrankung muss man sich doch nicht noch rechtfertigen - ich meine, wenn man gesundet ist??


Ilo132 Offline




Beiträge: 1.649

09.10.2012 14:15
#24 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Zai- feh................
ich sehe nirgendwo eine Ausage wie diese.....


"Opferhaltung" (ich kann ja nix dafür, alle anderen sind schuld"

und ich denke du unterschätzt die Krankheit Alkoholismus.............
ob man da so immer Einfluß drauf hat.............?
dann gäbs ja keine" Alkis"

Viele sind halt in dem Teufelskreis und schaffen es
einfach nicht herrauszukommen.........

LG ILo

Der Tag strahlt
in den schönsten Farben,
es duftet nach Leben,
und die Luft
schmeckt nach Glück.

Lieblingsspruch von der kleinen Ilo


Ilo132 Offline




Beiträge: 1.649

09.10.2012 14:35
#25 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von kaleumann

Zitat
Gepostet von zai-feh
"Opferhaltung" (ich kann ja nix dafür, alle anderen sind schuld) ist eh eine "unterentwickelte" Lebenseinstellung.





Lars




Lars...........
wofür steht


ist das für dich eine Bestätigung deiner Meinung?
Das Alkoholiker selbst schuld sind..............
keinerlei Unterstützung brauchen auch von denen nicht die sie angeblich lieben????
Na ja .....sie sind ja auch unterentwickelt in ihrer Lebenseinstellung..............

Du kannst mir glauben das selbst du schnell in die Sucht herreingeraten könntest........

Ich kann mir vorstellen das du jede Menge Abitte,Entschuldigungen..........als angemessen findest
(Ist das so?)
Ich habe das Gefühl manche können sich so gar nicht in die Welt des Alkoholikers hineinversetzten....
oder auch in andere psychische Krankheiten
vielleicht auch eine unterentwickelte Lebenseinstellung

LG Ilo

Der Tag strahlt
in den schönsten Farben,
es duftet nach Leben,
und die Luft
schmeckt nach Glück.

Lieblingsspruch von der kleinen Ilo


Ilo132 Offline




Beiträge: 1.649

09.10.2012 14:41
#26 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Mary ......
eins hab ich noch vergessen..........
auch die Seele läßt sich leider nicht immer heilen.......
wie es bei jeder anderen Krankheit der Fall sein kann.........
hab selber schon in der Psychiatrie gearbeitet........

Schön für alle die es schaffen.......aber es gibt viele die es nicht schaffen........

LG Ilo

Der Tag strahlt
in den schönsten Farben,
es duftet nach Leben,
und die Luft
schmeckt nach Glück.

Lieblingsspruch von der kleinen Ilo


kaleumann ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 15:48
#27 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Hallo Ilo,

nanu, warum so angefressen? Fühlst Du Dich angesprochen? Ich hab dich gar nicht gemeint...

Zitat
Gepostet von Ilo132

Lars...........
wofür steht


Das steht dafür, dass ich Zai-Feh´s Meinung zu 100% teile. Und Karlbernds und Mary´s Meinung auch.

Zitat
ist das für dich eine Bestätigung deiner Meinung?
Das Alkoholiker selbst schuld sind..............


Nein, es ist die Bestätigung von Mary´s, Karlbernds und Zai-Feh´s Meinung.

Zitat
keinerlei Unterstützung brauchen auch von denen nicht die sie angeblich lieben????


Wo hab ich denn das geschrieben?

Zitat
Na ja .....sie sind ja auch unterentwickelt in ihrer Lebenseinstellung..............


Nochmal: Wo hab ich denn das geschrieben???
Oder ist das deine eigene Meinung? Oder war das Sarkasmus?

Zitat
Du kannst mir glauben das selbst du schnell in die Sucht herreingeraten könntest........


Da gebe ich Dir zu 100% Recht. Hab ich nämlich selbst mal geschrieben.
Schau mal hier: klick Meine Beiträge #295 und #299
(Ich kann immer noch keine Links an genau DIE Stelle setzen, wo ich will. Wer hilft mir?)

Zitat
Ich kann mir vorstellen das du jede Menge Abitte,Entschuldigungen..........als angemessen findest
(Ist das so?)


Nein, so ist es nicht.

Zitat
Ich habe das Gefühl manche können sich so gar nicht in die Welt des Alkoholikers hineinversetzten....
oder auch in andere psychische Krankheiten
vielleicht auch eine unterentwickelte Lebenseinstellung


Stimmt, sehe ich genauso. Das wird hier an Bord ja immer wieder deutlich, dass die Co´s nicht die Alki´s verstehen.
Aber korrigier mich, wenn ich falsch liege, die Alki´s verstehen oft auch die Seelenlage von den Co´s nicht.
Unterentwickelt würde ich nicht sagen, eher ignorant,... wenn man nicht bereit ist, sich mit der jeweils anderen Seelen- / Gefühlslage zu beschäftigen. Wenn man es nicht kann, ist es was anderes, siehe Mary, Karlbernd und Zai-Feh.

Ich finde es immer gut, wenn jemand aus eigener Kraft versucht, sich aus dem (Alk-, Drogen-, Psycho-)Sumpf herauszuziehen. Der berühmte "erste Schritt". Ganz unabhängig, ob man es schafft, oder nicht. Dafür gibt es professionelle Hilfsstellen. Jeder, der es versucht, hat meinen Respekt. Wenn er/ sie es nicht schafft, ist mein Respekt nicht weniger. Neue Runde...
Aber wenn einem (Alki) bewusst wird, was man getan hat, und es auf den Alk schiebt, ohne Selbstreflexion, bleibt bei mir ein schaler Bbeigeschmack zurück.

Mein bezog sich auf "Eigenverantwortung","Selbstreflexion", im Sinne des 8.ten und 9.ten Schrittes. Und "verzeihen". Und zwar nicht dem "anderen", sondern sich selber. Und wenn der "andere" (der Co) trotz zugefügten Verletzungen auch verzeihen und vergeben kann, steht einem Neuanfang in einer Beziehung wohl nichts mehr im Wege (außer ein laaanger Weg). Aber das ist wohl für Fortgeschrittene...

Zitat
LG Ilo



Gruß

Lars

[ Editiert von kaleumann am 09.10.12 15:49 ]

[ Editiert von kaleumann am 09.10.12 15:51 ]


Achternbusch ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 15:59
#28 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Unter ICD-10 F.0 bis F.8 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) oder im DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) unter 303.90 finden sich alle Diagnosktiterien und werden ausführlich beschrieben. Diese Diagnosesysteme bezeichnen Alkoholismus nicht explizit als Krankheit sondern als Störung.

Dies dient keinesfalls der Verharmlosung. Durch die Bezeichnung „Störung“, soll aber keiner denken toll, Störungen kann man schließlich beheben. International ist man sich einig, Sucht ist mehrdimensional. Die Veranlagung dazu wird meist in der frühestens Kindheit erworben, oft vor der eigenen Erinnerung durch Mami und Papi. Das ist nach neuesten Erkentnissen immer noch nicht der gerade und auswegslose Weg in die Sucht. Es kommen noch ein paar Zutaten hinzu, meistens vor und während der Adoleszenz.

Selbst wenn bis dahin alles klassisch schiefgelaufen ist, bedeutet es noch lange nicht den Aufbruch in die Suchtkarriere. Bei einigen schon. Es können und das ist oft so, eine oder mehrere psychische Störungen wie Depressionen, Angststörungen, ADHS, Borderline usw. hinzu kommen. Bei Alkoholikern wird aber nichts diagnostiziert und deshalb auch nichts behandelt. Es wird lediglich vom Ethanol entzogen, auf Wiedersehen, und machen Sie's gut.

Und so hangelt man sich eben von einem Entzug zum Anderen bis zu einem individuell unterschiedlichen Punkt. Im durchschnittlich zarten Alter von 45 Jahren steht der Alkoholiker dann vor einem Scherbenhaufen den er sein Leben nennt. Wenn er bis dahin noch keine Depressionen hatte, hat er sie spätestens jetzt. Nur in sehr wenigen Fällen wird jetzt eine ordentliche Diagnose gestellt aufgrund derer behandelt werden könnte. Personalmangel in den Kliniken sorgt dafür, dass der Patient im Leben keinen Psychiater zu Gesicht bekommt. Die Wahrscheinlichkeit ist etwas größer, wenn er privilegiert, also Privatpatient ist.

Also ist es nicht verwunderlich wenn er sich aus existenziellen Überlegungen heraus mit der Aussage, „sie sind Alkoholiker“ zufrieden gibt. Im Grunde ist es ganz einfach wird ihm erzählt, sie dürfen nur nie wieder etwas trinken. Für einige ist jetzt der Punkte erreicht, an dem sie kapitulieren. Für andere noch lange nicht.

Die ursächlich zugrunde liegenden psychischen Störungen treten immer mehr in den Hintergrund, immerhin bekommen die meisten heute Antidepressiva, ganz selten Medikamente gegen Angststörungen. Psychotherapie wird von den Kassen ungern und wenn doch, nur bis 200 Stunden übernommen. Ist bekannt, dass man an Alkoholismus leidet, wird es schwer überhaupt einen Therapeuten zu finden. Diese Situation führt bei vielen unweigerlich immer weiter in den Suff, bis dann endgültig der Zug abgefahren ist. Zwischenhalt in Langzeittherapie eingeschlossen, nach der zweiten oder dritten heißt es dann, der Patient ist austherapiert, im Klartext: er ist ein chronisch mehrfach geschädigter Alkoholiker. Aber sogar jetzt schaffen es noch einige das rettende, trockene Ufer zu erreichen.

Obwohl das alles längst bekannt ist, wird so gut wie nichts dagegen unternommen, es ist ja auch viel einfacher den eisernen Willen zu bemühen. Er war zwar nie vorhanden dennoch appelliert man an ihn, als könnte man ihn beschwören. Gute 24 Stunden!

Alles nicht so einfach.

Herbert


Lauralisja Offline




Beiträge: 1.674

09.10.2012 16:08
#29 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Wenn ich Schuld mit dem Wort Verantwortung ersetze gehts mir immer besser.

Mir war/ist es wichtig, heute, trocken, die Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen wenn ich Mist gebaut habe, mich zu entschuldigen bzw. mit den Beteiligten darüber zu sprechen.

Als ich soff waren alle schuld außer mir. Immer. Zumindest habe ich mir das eingeredet und meine eigene Verantwortung schnell ertränkt.

Was ich besoffen an Mist gebaut hatte war reichlich und es war mir wichtig, mit meinen Lieben, so lange sie auch dazu bereit waren, darüber zu reden.
Manche Sachen, z.B. Lug und Betrug, bei denen ich sicher bin das der andere nicht weiß, lasten mir noch immer auf der Seele, die trag ich halt mit mir rum. Ich werde nicht hingehen und Wunden aufreißen von denen der Betroffene nix ahnt. Das ist ganz allein meins und muss ich mit mir abmachen. Ich erzähle dies hin und wieder in der Gruppe oder vertrauten Einzelpersonen. Das teilen hilft mir, immer leichter damit umzugehen.

Schuld - nun ja, finde ich nicht dringend weils nun mal zum Krankheitsbild gehört. Mist gebaut hab ich. Warum ist unwichtig, ich muss dafür heute die Verantwortung übernehmen.

Mache ich übrigens auch, wenn ich trocken Mist baue. Passiert nämlich auch. Nur das ich darum nicht so ein primborium mache wie mit meinen Saufgeschichten. Ich gehe heute wesentlich gerader durchs Leben weil ich mir gestatte Fehler zu machen und dafür geradestehe.

Aber auch das ist ein Lernprozeß. Ich musste erst einmal merken, das die Welt nicht untergeht wenn ich einen Fehler zugebe.

Gruß
Uta

"Großer Gott, laß meine Seele zur Reife kommen, ehe sie geerntet wird!" Selma Lagerlöf


AVE Offline




Beiträge: 3.085

09.10.2012 16:35
#30 RE: Wie mit Schuldgefühlen umgehen? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Achternbusch

Es gilt ein verändertes Bewusstsein zur Krankheit, zu sich selbst zu entwickeln. Man nennt es Selbstbewusstsein. Es ist genau das, was die meisten Alkoholerkrankten in ihrem Leben nie wirklich selbst hatten. Der Weg dahin ist alles andere als einfach, er ist schwer und er zieht sich hin.

Wer ihn aber gegangen ist, den wirft so schnell nichts mehr um, er ist sich seiner Stärken bewusst – er hat sich mit der Hilfe anderer von einer Krankheit heilen können. Das geht nur mit einem realistischen Verständnis der Krankheit aber nicht mit Alkoholikerprosa und 12 Schritten – so einfach ist es eben nicht.


Ich mag auch meinen Senf dazu geben - und stimme Herbert 100%ig zu.

Ich habe im nassen Zustand Dinge gesagt oder getan, die ich heute nicht mehr rückgängig machen kann. Wer immer noch zu meinem Leben gehört, weiß heute, dass ich "anders" geworden bin, dass ich wohl auf der einen Seite achtsamer geworden bin und mir gewisse Grobheiten einfach nicht mehr passieren, dass ich aber auf der anderen Seite auch selbstbewusster geworden bin und keine Hemmungen habe, notfalls laut auf meinem Recht zu beharren, z.B. auf meinem Recht gehört zu werden oder ernstgenommen zu werden. Wer nicht mehr zu meinem Leben gehört, den interessiere ich ja auch gar nicht mehr.

Ich pflege einen ehrlich Umgang mit mir selber und daraus resultiert ein ehrlicher Umgang mit anderen. Diesen ehrlichen Umgang könnte ich nicht haben, wenn ich heute noch in Sack und Asche ginge, bloß weil ich vor Jahren mal jemanden beleidigt habe oder ich eine zeitlang im Job mein Geld nicht wert war. Ich würde mich - anders als Herbert - nicht als "geheilt" bezeichnen, denn "geheilt" klingt für mich so nach "völliger Abwesenheit von Krankheit", was ja de facto nicht stimmt, denn die "Bestie" lauert ja immer noch in mir, aber ich sage gern, dass ich meine Krankheit gestoppt habe. Und das bedeutet, dass sie ein Teil meiner Vergangenheit (!) ist. Sie gehört zu mir, genauso wie die Tatsache, dass ich früher mal Dauerwellen oder Schulterpolster hatte. Aber es ist eben vorbei. Und das kann ich ganz entspannt sagen - und gleichzeitig heute dafür sorgen, dass das alles auch weiterhin Geschichte bleibt.

Liebe Grüße
Ave


Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5
«« Aussetzer
 Sprung  
disconnected Saufnix-Chat Mitglieder Online 0
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz