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Saufnix  
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Dieses Thema hat 20 Antworten
und wurde 2.487 mal aufgerufen
 Deine eigene Alkoholkarriere
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lillis enkelin Offline




Beiträge: 49

17.09.2010 14:27
RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

…einmal durchatmen und herzklopfend mit dem überlangen Roman los: Seit zwei Wochen bin ich –wieder- alkfrei.

Und das kam so: Bin vor 45 Jahren als jüngste Tochter geboren. Mein Bruder & meine Schwester waren da schon fast zehn Jahre eine Familie mit unseren Eltern. Unsere Eltern gaben seit dem ich denken kann ein großes, um sich selbst drehendes Liebespaar, stets in kleine, größere & große Dramen verstrickt. Mein Vater trank, meine Mutter rotierte um a l l e seine Bedürfnisse. Vielleicht kennt Ihr diese Cartoon-Postkarte von Papan: Vati sitzt blätternd im Ohrensessel, Mutti steht ehrpusselig & erschöpft vor seinem Sessel: „Die Sonne ist jetzt untergegangen und Mond und Sterne funkeln am Firmament. Kann ich sonst noch was für Dich tun??“

Unsere Bedürfnisse sahen unsere Eltern nicht für fünf Pfennig. Wir beherrschten -wie vermutlich alle Alk-Kinder- die Kunst sofort am leisesten Schlüsseldrehen zu erkennen, ob –allerdings meistens wie- blau Vater war. Und dann wars eben Glücksache, ob seine meist zunächst jovial bis ausgelassene Laune anhielt bis er seinen Rausch ausschlief –oder ob ihm irgendwas oder meist irgendwer querkam. Und dann gabs Kasalla. Streiten, Schreien, Beleidigen. Grob beleidigen und drohen. Anschliessend Möbel werfen, dann Frau und/oder Kinder die angedrohten Prügel zukommen lassen. X-Nächte in denen meine Geschwister sich mit mir einschlossen. Meine Schwester schaffte es einmal, trotz Angst-und-Scham-und-Allem die Polizei zu rufen –aber solche elterlichen Auftritte galten in damaliger Zeit strikt als Familienangelegenheiten, mancheR erinnert sich vielleicht? Heute unbegreiflich, dass nicht nur nicht die Polizei –oder doch die Nachbarschaft einschritt, sondern nicht einmal das Jugendamt benachrichtigt wurde.

Vom Bierschaum und Ommas Eierlikör abtrinken (ermuntert man Kinder eigentlich bis heute dazu??) gings bei mir ruckzuck vom ersten Silvesterrausch mit zwölf, den ersten Tüten mit dreizehn, Rotweinbomben im Park, Alk auf jeder der zahlreichen Parties bis zum Magen auspumpen mit 16. Hatte mir eine Flasche Whiskey aus dem Bestand meines Vaters reingetan und mich dann im Apothekenschränkchen meiner Eltern umgetan und interessiert festgestellt, dass Benzos im Hause waren, die ich auch noch runterspülte.

Im Aufwachraum ließ man mich damals (Mensch, dass ist ja dreißig Jahre her…) nach dem ganzen lebensrettenden Procedere erst einmal -moralisch geleitet- in Blut und Kotze liegen. Mißbilligendes Kopfschütteln und Zurechtweisungen („wiekannmandasseinenelternnurantun.“ oder: „ihrhabtdochallenurlangeweile“ ) Aber das war eigentlich nix gegen meine Mutter, die als allererstes energisch klärte, dass mir ja wohl hoffentlich klar sei, dass ich meinem Vater die Flasche Whiskey würde ersetzen müssen. Und im Übrigen seien ihre Medikamente tabu.

Es folgte ein (Familien-)therapie-Versuch. Das heißt, meine Mutter behauptete, die Krankenkasse würde ansonsten Krankentransport & Krankenhausaufenthalt nicht zahlen und damit würde ich meinen Eltern Tausende DM aufbürden. Jung und dumm, verwirrt und trotzig nahm ich meiner Mutter das ab. Und fühlte mich bestraft. Bis auf meine Mutter verweigerten alle Familienmitglieder die Teilnahme –und meiner Mutter Hoffnungen waren einzig daran ausgerichtet, dass mir mal jemand gründlich die Leviten liest. Und sie war entsetzt als der Therapeut sich professsionellerweise allparteilich verhielt und mir zur Beziehungspflege bspw. freundliches über meinen Kleidungsstil sagte (den meine Eltern –pubertätärä halt –nicht ausstehen konnten) und mir sogar das Rauchen erlaubte. (Meine Eltern rauchten pro Nase drei Schachteln Filterlose täglich). Obwohl mir der Therapeut ururalt erschien (möglicherweise nur unwesentlich älter als ich heute :-D) , mochte ich ihn irgendwie, aber es war mir unmöglich meine Scham, Sprachlosigkeit und Angst zu überwinden. Die langen Autofahrten hin und zurück mit meiner Mutter waren übler Terror: Hin wurde erst gezetert, wie ich überhaupt aussähe und –viel schlimmer- gepredigt, dass es Dinge gäbe, die man Fremden absolut nicht erzählen könne ohne in Grund & Boden zu sinken und schließlich ginge das auch niemanden was an. Zurück wurde dann ausgiebig der Therapeut beklagt und sehr deutlich die Enttäuschung ausgedrückt, dass dieser Mensch mir nicht einfach Mal den Kopf wäscht. Nach jeder der insgesamt nur fünf oder sechs Sitzungen bin ich raus und hab mich ausgiebigst bedröhnt, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Bedröhnt nach Hause kommen war immer noch kein Problem, weil meine Eltern voll und ganz mit sich selbst beschäftigt waren.

Dann brachen mit meinem ersten festen Freund bessere Zeiten an, alldieweil er schon auf eigenen Füßen stand und ich dann bis zu meinem endgültigen-offiziellen Auszug nach der Schule mehr oder weniger in seiner WG bzw. später in seiner Wohnung (und zwischendurch hippiesk in seinem ausgebauten Kastenwagen) mit gelebt habe. Mein Freund war ein besonnener Mensch, der tatsächlich aus Genuß Alkohol trank. Weder täglich, noch regelmäßig nach irgendeinem Schema –beneidenswert gesund einfach. Und wenn er maximal zwei- drei Mal im Jahr auf einer wilden Party betrunken war, dann war ihm Alk erstmal wochenlang gar kein Thema.
Mein Konsum ging zwar runter, war aber doch deutlich ungesund. Und natürlich machte sich mein Freund Gedanken und auch Sorgen, war aber in diesen jungen Jahren wahrscheinlich ziemlich überfordert, mich tatsächlich aufzuwecken. Jedenfalls hat er mich meine diversen Suppen selber auslöffeln lassen, da hatte er glücklicherweise einen guten Selbstschutz.

Wir zogen dann in zwei Wohnungen in die Stadt, in der ich anfing zu studieren. Und damals begann dass wohl recht typische studentische auf-die-Sahne- hauen für mich. Alk war stets und ständig mit von der Partie: Vom fetten Sektfrühstück über Nachmittage im Park mit Picknick & Wein hin zu den abendlich-nächtlichen Party-Gelagen. Lange Zeit hab ich entweder gekifft oder gesoffen, einfach weil mir immer kotzekotzeübel wurde, wenn ich mir beides reingetan hab. Fatalerweise hab ich natürlich durch stetige Wiederholungsversuche die Weisheit unseres Körpers kaputt-konsumiert. Also trank & kiffte ich Jahrende lang, bis es soweit war, dass ich nicht mehr was rauchen mochte ohne Alk da zu haben, um mich wieder runterzuholen. Wie das in den Zwanzigern häufig so ist, man zahlt die Rechnung leider später… Will heißen: Körperlich und optisch war ich auch nach den heftigsten Feiereien immer wieder in Nullkommanix auffem Damm. Was meinem Probembewußtsein nicht guttat. Seelisch war ich & kam ich schwer ins Trudeln. Und hatte dann mit ca. 22 oder 23 meinen ersten äußerst heftigen Angst-und Panikzustand. Damals wußte noch kaum ein Nicht-Fachmensch, was das ist –populärwissenschaftlich war das einfach noch nicht beackert. Ich dachte also, ich hätte einen Herzinfarkt und landete in der Uni-Klinik, wo man aber nix mit mir anzufangen wußte und auch noch nicht soweit war auf einen seelischen Zusammenhang hinzuweisen. Heute erscheint mir das fast absurd. Also hielt ich mich für bekloppt, hab da möglichst nicht drüber geredet und gehofft, dass mich D A S nicht wieder erwischt. Und man darf raten, womit ich mich dann behandelt habe…Ohne dass ich erkannt hätte, dass das, was mir erstmal half, genau das wurde, was es auch auslöste. Der Klassiker halt.

Mein Freund und ich trennten uns –im Guten, na ja so gut, wie Trennungen sein können, wir sind jedenfalls bis heute fast 25 Jahre später noch Freunde- und die Parties wurden wilder und ich gefiel mir in der Rolle der trinkfesten, großmäuligen, kompromisslosen Revoluzzerin. Dass die sog. Trinkfestigkeit nur ein anderes Wort für Gewöhnung & Abhängigkeit bedeutet, wollte ich nicht wahrhaben –und irgendwie kaputt zu sein, fand ich in meiner jugendlichen Arroganz auch durchaus interessant.

So verging die Zeit, bis ich nach einem fürchterlichen Party-Absturz, der sehr böse mit einer Klopperei endete –eine so peinliche Nummer, bis heute- morgens völlig zerschunden und elend aufwachte und beschloss entweder zu springen oder aufzuhören zu trinken. Was ich tat. Es folgten anderthalb intensive Jahre, in denen ich viel Gutes erlebte und mich sehr mit mir selbst und Anderen –konstruktiv- auseinander setzte.

Leider erlag ich dem Trugschluss, dass ich einen Umgang mit Alk und anderen Drogen gefunden hätte und peu á peu, zog der Wein, das Bier , das Dope und als Neuzugang Mohnkapsel-Tee und Psilocybin-Pilze bei mir in Kopf , Körper & Herz wieder ein. Ich müßte lügen, wenn ich sagte, dass die folgenden zwei, drei Jahre ein einziges Desaster gewesen seien. Aber dass isses ja wohl auch, was Menschen wie mir -oder uns- eben die ewige Versuchung beschert…Den Mohnkapsel-Tee ließ ich glücklicherweise fix bleiben, als mir deutlich wurde, wie rapp-zapp man drauf kommt und die Pilze, die meine Lieblingsdroge waren, hab ich gelassen, nachdem ich jemanden erlebt hatte, der völlig abgedreht war. Merkwürdigerweise fiel und fällt mir das überhaupt nicht schwer. Vielleicht klingt das für den Einen oder die Andere von Euch zu schwafelig, aber da war so ein Gefühl, als wären sie, ebenso wie der Abschied von ihnen für einen bestimmten Abschnitt für mich dran gewesen.

So um die 30 begann ein neuer Lebensabschnitt mit einem tollen Mann. Leider haben wir, was Alk & Dope betrifft einander scheinbar zielsicher ausgesucht. Sprich: Mein Mann war auch schon heftig auf Alk als wir einander kennenlernten. Es folgten bis heute fünfzehn Jahre, in denen wir abwechselnd und gemeinsam Abstürze, Trinksysteme, Trinkpausen, Abstinenzversuche erlebten. Und uns damit auseinander setzen müssen, wie wir an der Seite eines ebenfalls Nicht-Gesunden jeweils gesund werden können. Das ist schwer. Das Kiffen haben wir bereits vor zwei Jahren aufgegeben, als uns klar wurde, dass das ohnehin psychisch mehr beisammen hält und uns immer wieder zum Alk triggert.

Jedenfalls sind wir nun beide pro Person an dem Punkt, an dem wir vor der Illusion kapitulieren, dass wir nach unseren Karrieren wieder zu einem Genuss-Konsum zurückfinden könnten. Also will ich trocknen. Mein Mann ebenfalls. Und wir versuchen uns klarzumachen, dass zur Not jedeR von uns seinen oder ihren eigenen Weg gehen muß. Als ersten Schritt haben wir einen Kassensturz gemacht und ich habe mir eine eigene Wohnung genommen. Das bedeutet, dass wir zusammen sein, uns aber ebenso zurückziehen können. Und wir haben vereinbart, dass im Falle des Falles nicht aufeinander gehockt wird, wenn eineR zu trinken beginnt.

Und da ich mich nun entschlossen haben, nicht mehr dasselbe Problem immer wieder auf demselben Weg lösen zu wollen, der seit Jahren nicht funktioniert, suche ich Unterstützung. Ich bin seit einiger Zeit wegen meiner Angst- und Panikstörung in Therapie und werde nun mein eigentliches Problem dort sehr deutlich machen und nicht mehr drumrum herummachen. Und ja, ich war so unvernünftig ohne medizinische Hilfe zu entgiften und denke & hoffe übern Berg zu sein. Meine Betty-Ford-Klinik-Anfrage (ich hätte auch nach jeder anderen Selbstzahler-Klinik fragen können) ist dadurch entstanden, alldieweil ich aus beruflichen Gründen nicht am Wohnort oder Wohnort-nah in eine Entgiftung hätte gehen wollen. Und mir natürlich die Vorstellung (kompetent) betüdelt zu werden durchaus gefallen hat. Ohne mir vorzustellen, dass ich die Verantwortung für mich und mein Leben abgeben könnte oder sollte. Auch wenn das ja als Träumchen manchmal ganz reizvoll im Leben scheint…

Freue mich darauf Euch kennenzulernen! Und ein ganz, ganz herzliches Dankeschön fürs laaaange Zuhören!

Alles Liebe! Lilli jun.


Ralfi Offline



Beiträge: 3.531

17.09.2010 14:52
#2 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Hi Lilli,

ich habe hier selten eine so offene (schonungslose) Geschichte gelesen. Du machst auf mich einen ehrlichen Eindruck (auch zu dir selber). Ich finde die Schuldzuweisungen an deine Eltern und die "damalige" Gesellschaft passt für mich irgendwie nicht ganz zum Rest.

Könnte es sein das deine Mutter Tablettensüchtig war?

Zitat
Und mir natürlich die Vorstellung (kompetent) betüdelt zu werden durchaus gefallen hat



Der vermeintlich "bequemste" Weg ist nicht immer der einfachste. Mir hat das Gespräch in der Entgiftung mit Mitpatienten sehr viel gebracht. Besonders mit denen welche du in der Betty-Ford-Klinik nie antreffen wirst.

Gruß Ralf

Zufriedenheit hängt nicht davon ab, wer du bist oder was du hast;
es hängt nur davon ab, was du denkst.


lillis enkelin Offline




Beiträge: 49

17.09.2010 15:35
#3 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Jepp, das kann ich mir vorstellen Ralf! Klingt ganz schön trotzig, ja. Ich hatte zuerst überlegt, ob ich vielleicht drüberschreibe, dass ich meine erwachsene, heutige Sicht weniger reingebe, als meine damaligen -eben kindlichen & pubertären- Empfindungen. Die waren eben sehr verletzt und nicht reif und reflektiert -und das spiegelt sich wider.

Die Gesellschaft klag ich deswegen nicht an; mir gings in meiner Vorstellung hier, darum auch diesen gewaltigen & glücklichen Entwicklungssprung im Umgang mit sogenannten schwierigen & suchtgefährdeten Kindern & Jugendlichen zu zeigen.

Was ich allerdings beklage ist das -damals wie heute- manche Menschen selber unter so vielen Ängsten und Bedenken leiden, dass sie sich als Nachbarin oder Lehrer oder-wer-auch-immer schwer tun einzumischen.

Und ja, jedenfalls hat meine Mutter sich oft mit Tabletten für ihren Alltag parat gemacht. Wenn ich ihr Leben als andere Frau betrachte -und nicht als ihre Kinder-Tochter- war es für sie -wie auch für meinen Vater- wirklich oft sehr hart.

Und wie gesagt: Die Betty-Ford-Klinik ist nicht wirklich mein heiliger Ernst gewesen. Und ich werd mit Anderen an mir arbeiten. Weil ich es für absolut wichtig halte, sowohl unterstützt zu werden, als auch sich in Frage stellen zu lassen! Auch wenn´s nicht immer einen Glücksrausch auslöst...:-D


u1953we Offline




Beiträge: 4.223

17.09.2010 15:42
#4 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

hallo lilli,

es ist entschlossenheit, die da rüberkommt.
du begibst dich auf einen langen knochigen weg. es tun sich baustellen auf, von denen du heute noch keine ahnung hast. für mich liest sich das alles zu flüssig. dir scheint alles klar zu sein, zu mindestens suchttechnisch, aber auch menschlich kommst du mir sehr abgeklärt rüber.
wo ist der stein, an dem du dich stoßen kannst. sind es die panik, die angstzustände, die dich zur aufgabe zwingen?, oder ist das der berühmte KLICK, der schalter der sich umlegt? für mich liest sich das so.

lg uwe


lillis enkelin Offline




Beiträge: 49

17.09.2010 16:28
#5 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Lieber Uwe,

mein Stein des Anstosses hat viele Schichten: ich möchte ein freier und gesunder Mensch sein; ich möchte nicht mehr drumrum lügen & lavieren; ich möchte wieder spüren, dass es meine Sucht ist (oder wie Borowiak schreibt: das total gestörte Stimmungsbüffett in meinem Hirnkastel), die mir einbläst, dass mir bspw. das Zusammensein mit Anderen oder das Schreiben oder das Reisen oder oder oder vielmehr oder sogar nur wirklich Freude macht, wenn ich mir einen löte. Und ich will so gerne dieses Mal weit über diese momentan wirklich schönen, dankbaren, intensiven Gefühle in meiner jetzigen Nüchternheit hinaus–und die hier schon so oft und mit Recht als Honeymoon bezeichnet wurden. Nix bleibt für immer spektakulär –und ich weiß, dass mein Weg erst noch anfängt. Das ist wohl die Kunst daran –und drum bin ich hier.

Aber konkret: Meine persönliche Schmerz- und Schamgrenze war erreicht, als mein Mann und ich kürzlich bei einem an sich sehr schönen Besuch mal wieder alkoholisch abstürzten und uns die morgendliche Zugfahrt zurück nicht nur nicht ohne Bier zugetraut haben –und das morgendliche sogenannte Gesundmachen an freien Tagen hatten wir leider schon in unser Leben schleichen lassen- sondern zum Schnaps gegriffen haben. Aus den üblichen Gründen: Fixeste Wirkung, besser „diskret“ mit dem Gepäck zu handhaben als zehn oder zwölf Dosen Bier -und heimlich auf der Zugtoilette zu trinken. An diesem Tag brach allerdings allerlei im Zugverkehr zusammen und so war unser Zug rappelvoll und die Leute mußten in allen Gängen stehen und es war kein Denken dran zur Toilette vorzudringen. Also, oje, selbst beim Schreiben ist das für mich furchtbar: Tranken wir den Schnaps auf unseren reservierten Plätzen aus der Flasche und ich bin gestorben bei den irritierten, entsetzten, neugierigen, tuscheligen und-was-auch-immer-Blicken. Und mir wurde sehr klar, dass ich schon sehr viele peinlichste Auftritte erfolgreich verdrängt habe.Und dass das einfach der nächste logische Schritt in den Umstieg auf den Schnaps und in die Entwürdigung ist. Vielleicht ein Glück. Ich hoffe es sehr.


Komplex Offline



Beiträge: 3.878

17.09.2010 16:46
#6 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Hallo Lilli,

welcome!

deine Biographie könnte ich fast wie eine Schablone über meine legen.

Nur mit dem Unterschied, dass zuhause nur mein Vater soff. Meine Mutter hatte aber auch ihre subtilen Inflüsterungsmethoden.

Ich hab noch keine bis wenig Erfahrung mit Entwöhnung, da ich mich grad erst auf den Weg gemacht habe, wünsche dir aber alles Gute und Du hast meine ungeteilte Sympathie!

____________________________________________________


lillis enkelin Offline




Beiträge: 49

17.09.2010 17:26
#7 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Danke Dir! Möchte aber auf keinen Fall mißverstanden werden: Meine Kindheit & Jugend war kein Spaziergang. Aber ich denke schon sehr, sehr lange nicht mehr in solchen Kategorien.
Aber wirklich nix für ungut & Dir auch ganz, ganz viel Glück!

Besten Gruß - Lilli jun.


u1953we Offline




Beiträge: 4.223

17.09.2010 18:24
#8 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von lillis enkelin
Meine Kindheit & Jugend war kein Spaziergang. Aber ich denke schon sehr, sehr lange nicht mehr in solchen Kategorien.
.[/b]



das ist auch gut und wichtig. es nützt dir nichts alles auf eine böse kindheit zu schieben.
du, und nur du bist für dein leben verantwortlich.
ich habe auch lange zeit gedacht es lag am heim in dem ich unter der woche war. mein vater starb als ich 2 jahre war, meine mutter mußte arbeiten gehen, um uns über die runden zu bringen. wir(meine schwestern und ich) waren in dieser zeit in einem wochenheim untergebracht. da ist was zurückgeblieben, kaputt gegangen, was ich erst viel später verarbeiten konnte. eine schuld oder ähnlicheswer?
sobald ich erwachsen war, war ich nur für mich verantwortlich was hab ich gemacht, gesoffen hat der depp.
der spieler hat es hier kürzlich treffend formuliert, das leben annehmen, mit all seine höhen und tiefen und ohne suchtmittel, ist das ziel, nichts anderes.

lg uwe


Randolf Offline




Beiträge: 1.176

17.09.2010 18:31
#9 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Hi Lilli,

ich erkenne auch einiges von mir wieder in deiner Schilderung.
Meine "drüberen" Jahre waren geprgägt von zelebrierten Alkohol- und Drogen-Parties und allerlei Aussteiger-Gehabe,
natürlich mit exklusiver Philosophie versehen,
die so ziehmlich alles gestattete was das schier unersättliche Verlangen begehrte...

Und: gegen Ende meiner immer krasser werdenden Trinkerei kam eine Sache immer häufiger vor:
das über Jahre genossene "Gesundtrink-Bier" welches eventuelle morgendliche Beschwerden glätten sollte
wurde zu etwas das in eine nach unten zeigende Spirale einpendelte: es war reines Wieder- bzw Weitersaufen...

Ich war immer sehr übel krank nach einem Besäufnis und habe meine Kater kaum ausgehalten.
Als dann immer mehr dieses morgendliche "Bescherden-weg"-Trinken anfing - hatte ich nicht mehr weit.
Denn ab da hielt ich dann bald gar nix mehr aus.
dir viel Glück gewünscht

Randolf

"Lass das Wünschen und die vorsichtigen Berechnungen beiseite.
Was du am meisten fürchtest, ist bereits geschehen."


RdTina Offline




Beiträge: 4.304

17.09.2010 19:30
#10 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Hallo Lilli

Herzlich willkommen bei SaufNix und danke für Deinen ausführlichen und ehrlichen "Einstand"

Du liest Dich für mich sehr entschlossen und ich wünsche Dir, das Dich diese Entschlossenheit nicht mehr verläßt und Dich die für Dich wichtigen, gesunden Schritte gehen lässt.

Einen guten Austausch hier und liebe Grüße
Tina

Alles im Leben hat seinen Sinn



Über die Steine, die ich mir HEUTE in den Weg lege, werde ich MORGEN stolpern


Gmoastier Offline




Beiträge: 2.202

17.09.2010 19:57
#11 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Hallo Lilli
Danke für den ehrlichen Beitrag.Für mich wirkst Du sehr entschlossen,es wird ein steiniger Weg,aber er ist machbar.
Ich wünsche Die von Herzen viel Energie und ganz viel Erfolg.
Pack's an

Alle glaubten es geht nicht,bis einer kam und es einfach tat!


Maklai Offline




Beiträge: 35

17.09.2010 21:10
#12 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Hi Lilli,eine intreressante Geschichte.Grade die sache mit der Kindheit.Bier schaum ab trinken gabs bei mir auch,und mit 11 mein erstes Halbes maß,das ich dann wieder ausgekotzt habe (komische fürsorge,oder sollte es abschreckung sein).Naja jedenfalls bin ich seit dem 06.08.10 jetzt trocken.Noch zuzeit in behandlung als Tagespatient.Hatte auch irgentwann dann mal diese schrecklichen panikattacken,meisstens führte ein komisches gefühl im Finger,oder schmerzen in der Lunge zu solchen.Dieses unermessliche reinsteigern,mit der angst irgentwie völlig abzudriften.Nach dem entzug hörte das dann aber wieder auf.Und heute haben sich irgentwie wieder erste leichte angstzustände eingeschlichen,mit einem unglaublichen ziehen im Kopf (nicht als schmerz ganz komisch).Meine frage irgentwie,wie gehst du damit um,vielleicht auch ein paar Tipps?

Nun aber dir erstmal viel erfolg,und das du alles schaffst,und ein herzliches willkommen.

Ist der Stein ein Stein, weil wir das von aussen so sehen? Im inneren kann sich jedoch Gold befinden... Doch dieser Glanz geht uns verloren, weil wir in diesem Stein nur einen plumpen Stein sehen.Alkohol?Aus dem alter bin ich raus !


karlbernd Offline




Beiträge: 4.484

17.09.2010 21:10
#13 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

hallo le

schön , dass du dich jetzt getraut hast! eine lange geschichte..eine lange suchtgeschichte..

die ereignisse der nächsten kapitel hast du selbst in der hand..drama oder happy end?!

auf deinem (sehr klar) formulierten weg vermisse ich allerdings "suchtberatung, selbsthilfegruppe und langzeittherapie"

das könnten hilfen von aussen sein, die sehr wirkungsvoll sind. aber entscheiden musst du.

nochmal herzlich willkommen.
kb

p.s. bei der bahnszene musste ich schmunzeln..

" zwei stadtstreicher mit aufpreispflichtiger platzreservierung"


Gappy Offline



Beiträge: 50

18.09.2010 01:21
#14 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Ich wünsche Dir ebenfalls viel Glück für dein Vorhaben.

Bei mir in der direkten Familie wurde Alkohol Anfangs nicht verherrlicht.
Gut erinnern kann ich mich, dass ich immer probieren wollte, aber ich durfte nicht.
Auch meine Mutter würde mir heute nicht mal ein Bier geben, wenn ich darum betteln würde.

Bei meiner Tochter werde ich Alkohol nicht verniedlichen. Sie darf nicht probieren und wenn sie noch so bettelt. Am besten wäre es so zu handhaben, dass sie nie mich, oder ihren Vater, Alkohol trinkend sieht, ich habe zum Glück kein Alkoholproblem, weder mit noch ohne.


Biene2 Offline




Beiträge: 4.231

18.09.2010 01:24
#15 RE: ...Herzklopfen & leider Überlänge... Zitat · Antworten

Zitat
du, und nur du bist für dein leben verantwortlich.




Jepp...blöd nur,daß der Grundstein für dieses Leben in eben dieser Phase der Kindheit ect. gelegt wurde.

Wenn ich dem Gedankengang folge,nur der Betroffene sei für sein Suchtverhalten verantwortlich,kann ich mir die Suchtpräventiverziehung meiner Kinder gleich sparen.




Hallo Lilli,

Willkommen hier.

LG,Roswitha

Man sollte auch aus den Fehlern anderer lernen, denn kein Mensch hat so viel Zeit, sie alle selbst zu machen!


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