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Saufnix  
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Dieses Thema hat 218 Antworten
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 Deine eigene Alkoholkarriere
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Ingwertee Offline



Beiträge: 571

21.05.2010 18:31
RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Hallo saufnixe,

ich bin 40 Jahre alt, keine Kinder, bekam kürzlich eine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente (Depressionen, Angststörung) bewilligt, Mini-Job dazu und nicht in fester Beziehung lebend.
Meine Situation ist also vergleichsweise (Hallo dingsda76) unerotisch

Alkoholkarriere: Start mit ungefähr 30 Jahren, die letzten Jahre drei/viermal die Woche 6 – 7 halbe Liter Bier, immer abends, der schwere Rausch war das Ziel, immer.
So wie andere Menschen mal ein, zwei Bier zum „Entspannen“ (oder aus was auch immer für Gründen) trinken, so hat genau das mich nie interessiert – ganz oder gar nicht, leicht angetrunken war mir nie angenehm, dann lieber was anderes machen (essen, lesen, Sex, Schach, gleich schlafen gehen usw.), vor allem, wenn ich am nächsten Tag wirklich fit sein musste....und nicht wirklich überraschend: die letzte Zeit konnte ich genau das dann natürlich auch nicht mehr so frei entscheiden.

Warum Alkohol? Eigentlich gabs nur einen Grund: mir irgendwie meine Stimmungen dahingehend zu manipulieren, dass es mir besser ging .
Hauptsächlich Ängste und Depris wegsaufen (verfehlte Selbstmedikation), „mich selber fühlen wollen“, wenn ich mich in mir selber fremd fühlte, bei gesellschaftlichen Verpflichtungen (sofern ich mich nicht drücken konnte) kommunikativer werden wollen/müssen, wenn mir überhaupt nicht nach Gesellschaft war etc.pp .
Ach ja, anfangs hab ich natürlich auch mal gerne ursprünglich gute Laune mit Bier begossen, die kann man ja schließlich auch noch toppen . Das ist ewig her, gute Laune spielte die letzten Jahre im Zusammenhang mit Alkohol gar keine Rolle mehr.

Und dann kam die Zeit, in der mir langsam dämmerte, dass obige Gründe keine mehr waren, weil es dann nämlich nur noch einen Grund gab: ich trank Alkohol, weil ich ihn brauchte. Weil ich ihn mir antrainiert hatte, mich drauf konditioniert hatte, mich daran gewöhnt hatte, egal in welcher Stimmung ich war, ihn zu trinken, weil es halt Abend war – also schlicht: weil ich abhängig geworden bin.

Körperliche Abhängigkeit, keine Ahnung, bisher dachte ich, dass das nicht so war, aber beim Lesen hier denke ich jetzt, dass die wohl doch schon leicht da war :frage3Hände zittern und Schweißausbrüche kenne ich ja, hatte ich früher aber immer dem Kater zugeordnet).
Psychisch abhängig: ja, natürlich, massiv.

Hat dann aber trotzdem noch so an die zwei Jahre gedauert, bis ich das ganze Elend so satt und ich so dermaßen die Hosen voll hatte, dass ich aufgehört habe.
Den Anlass zum Aufhören, also die vollen Hosen, habe ich mir dann praktischerweise auch herbeigesoffen: letztes Jahr Anfang März ist mir beim Saufen „etwas“ passiert.
Ich sah Dinge, die nicht da waren, Menschen aus meiner Vergangenheit standen auf einmal neben mir, sagten was und waren sofort wieder weg....die folgenden (schlappe fünf) Tage lag ich dann mal durchgehend im Bett. Schwerste Angstzustände, heftigstes Zittern, Schweißausbrüche wie niemals zuvor und verdammt realistisch empfundene Traumsequenzen (u.a. Besuch von irgendwelchen Leuten, ein riesengroßer Wellensittich starrt mich lange vorwurfsvoll und sehr böse an) wechselten sich irgendwie mit komatösem Schlafen/leerem Rumwälzen ab – so irgendwie ist meine Erinnerung an diese Tage.
In den wenigen Momenten mit kurzfristiger halber Klarheit dachte ich schon mal kurz daran, dass ich eventuell doch mal jemanden anrufen sollte – ging nicht, zuviel Angst, gigantische Schamgefühle, das derbe Zittern und neben allem, was ich so gesehen habe (und was ganz sicher nicht real war): ausgerechnet das Telefon sah ich nirgends :umschautrotz läutens hin und wieder konnte ich es einfach nicht orten) – und dann war der Moment sowieso schon wieder vorbei.
Was das jetzt ganz genau war, weiß ich nicht (naja, klar, Halluzinationen waren das, keine Frage) – aber ich dachte immer, dass solcherlei nur im Entzug passiert und nicht während des Besaufens.

Danach dann aufgehört.
Die ersten zwei Monate waren ziemlich schwierig, Saufdruck und keine Ahnung, wie ich dem Ganzen – also meinem gesamten zukünftigem Leben – erstmal begegnen soll. Das einzige, was klar war: ich will nicht mehr mit Alkohol. Ich kann nicht mehr mit Alkohol. Ich ertrage mich so nicht mehr.
Was soll ich sagen: ich erlebte, Saufdruck kann man überstehen (Essen, viel Wasser trinken, rausgehen, mit jemandem, der Ahnung hat, telefonieren, heiß duschen, kalt duschen...was erzähl ich euch das eigentlich) und! er wurde nach zwei Monaten deutlichst seltener und schwächer.
Meine Ängste und Depressionen: ich war felsenfest davon überzeugt und auch darauf eingestellt, dass das alles schlimmer wird. Aber das Gegenteil trat ein, beides hat sich ganz erheblich gebessert (besonders die Ängste).
Natürlich ist jetzt trotzdem nicht alles nur supertoll und phantastisch – aber: ich habe wieder ein Leben. Mit guten und auch mit schlechten Tagen, und selbst an den schlechtesten Tagen, wenn ich mich mal hundeelend fühle, weiß ich: mit Alkohol geht’s noch schlechter, ich bin froh, dass ich nicht mehr trinken muss.

Soweit.
Ich habe drei enge, gute, liebe Freunde, die mir – da ich keine Familie habe – tatsächlich so etwas wie Familie sind. Die jüngste Freundschaft besteht seit knapp 11 Jahren.
Zwei von den dreien sind (zufällig oder auch: zu meinem Glück) trockene Alkoholiker (er seit knapp 10 Jahren ohne Therapie, ohne Shg; sie seit 14 Jahren mit LZT, Shg bis heute), und die Gespräche mit den beiden sind mir eine sehr wertvolle Unterstützung gewesen.

Mein dritter Freund ist ein Ex-Freund von mir, die Beziehung ist aber schon viele Jahre her. Im letzten Jahr habe ich ihn zunächst seltener als sonst gesehen. Von meiner Seite aus vermied ich sogar anfangs richtiggehend den persönlichen Kontakt, weil ich mit ihm früher viel zusammen getrunken habe. Irgendwie war er für mich mit „Abends Bier trinken und quatschen“ assoziiert. Mir war das zu riskant (ich kenne mich).
Ich denke im übrigen, dass er mindestens massiven Alkoholmissbrauch betreibt. Aber ungefragt sag ich da nichts zu, wäre unsinnig und mit meinem anderen engen Freund ist auch er gut befreundet – und dieser geht mit seiner eigenen Alkoholabhängigkeit im engeren Freundeskreis offen um, von daher hätte mein Ex-Freund da in ihm sicher einen besseren Ansprechpartner als mich (und gerade jetzt sowieso), so er denn irgendwann selber will.

Weil: vor knapp zwei Wochen war ich mit ihm (der Ex-Freund) abends unterwegs, Kino...und er schlug vor, noch irgendwo hinzugehen. Da war ich überhaupt nicht drauf vorbereitet, seit ich nicht mehr trinke, war nach Kino mit ihm grundsätzlich sofortiges Verabschieden (von ihm ausgehend) angesagt. Bis genau zu diesem Zeitpunkt war der Abend nett und anregend – rundum prima.
Ok, haben dann einen netten Laden gefunden....er bestellte sich ein Weizenbier, und ich sitze da und starre die Weinkarte :gruebelich fand Wein immer widerlich) an. Die Bedienung hab ich erstmal wieder weggeschickt, und in meinem Kopf rasten die Gedanken. Komplettes Chaos, ich habe ein dermaßen starkes Verlangen nach Alkohol bekommen – als die Bedienung zum dritten Mal am Tisch stand (und sich mein Freund sein zweites Weizen bestellte), bestellte ich Apfelschorle und Salat, Mozarella plus extra Portion Ciabatta – völlig bescheuert - auch, das jetzt hier so detailliert aufzulisten, aber gehört dazu, weil mir gleichzeitig auf der Zunge “ Ein Wein bitte!“ lag! Kribbelig war ich nach dem Essen (ja, geschmeckt hats auch ) noch immer, aber aus Erfahrung weiß ich, dass Essen bei mir hilft.
Half auch – ziemlich genau eine Stunde lang, dann ging das ganze wieder von vorne los, Kopfkino, kribbeln. Im Hinterkopf eine leise Stimme:“Los, geh nach Hause, und zwar sofort!“.
Naja, mein Freund hat mitgekriegt, dass ich mich offensichtlich nicht entspannt fühlte, schlug vor, zu gehen. Draußen dann doch noch entschieden, noch woanders hinzugehen (ich Idiot:sprachlos. Im nächsten Laden dann Bier. Und wenn dann richtig. Ausgang kann sich hier wohl fast jeder denken.

Danach gings mir schlecht. Richtig schlecht. Damit meine ich nicht den Kater. Und „danach“ stimmt auch nicht, „seitdem“ ist das korrekte Wort. Und 10 Tage später, also letzten Montag, kaufe ich mir Bier und sauf mir zu Hause einen an.

So sieht es jetzt bei mir aus. Naja, klar: Rückfall.

Durch den Kopf geht mir vieles, kreuz und quer.
Ich bin so dermaßen enttäuscht von mir. Ich habs vergeigt. Das wiedergewonnene Selbstvertrauen ist schwer beschädigt. Ich ekel mich vor mir selber. Und ich schäme mich zutiefst (keine Ahnung, ob ich das hier überhaupt abschicke, ich schreibs halt erstmal für mich auf).
Gleichzeitig: es nützt nichts, ich muss anfangen, die Scherben zusammenzukehren. Rückgängig kann ich es nicht machen. Wie und wo anfangen? Vielleicht erstmal damit, dass ich jetzt eine Sch**ßangst habe? Dass ich mir überhaupt nicht im klaren darüber bin, wo ich stehe und wie ich jetzt damit umgehen soll.
Wut – ich bin so dermaßen wütend auf mich . Mensch, ich habs doch gemerkt, dass ich in dem Laden irgendwie getriggert wurde – deswegen auch der halbherzige Versuch mit dem Essen. Und trotzdem setze ich mich dann gleich im Anschluss der nächsten Situation aus. Der Montag jetzt war irgendwie der Versuch, das Ganze/den Rückfall auf Kamikaze Art zu beschleunigen?! Ich kenne mich ja ein bisschen, würde schon zu mir passen.
Oder aber:
Will ich im Grunde meines Herzens doch saufen?
Was ich sicher weiß: ich habe mir den Alkohol weder verkniffen noch das Gefühl gehabt, dass ich auf etwas verzichte. Sonst hätte ich nämlich gar nicht erst aufgehört.
Ja, im Kopf geht es kreuz und quer.

Jetzt sitze ich hier seit heute morgen dran. Irgendwie tut es gut und Not, diesen ganzen Mist mal aufzuschreiben und mich dabei etwas zu sortieren. Keine Ahnung, was ich unternehmen muss/will/werde.
Ich will aber auf jeden Fall, dass meine beiden trockenen Freunde meine Freunde bleiben und nicht zu meinem privaten Therapeutentrupp werden. Das ist bis jetzt nicht so, und das soll so auch nicht werden. Also versuche ich erstmal, meinen Gesprächsradius bezüglich Alkoholabhängigkeit auszuweiten.
Meinen anderen Freund will ich nicht verlieren, weder weil ich (noch?) nicht damit umgehen kann, wenn er in meiner Gegenwart trinkt noch an den Alkohol selber (letzteres liegt natürlich nicht in meinem Einfluss, jetzt sowieso nicht aber auch sonst nicht und ersteres ist einfach zu lösen, ich gehe halt abends erstmal eine sehr lange Zeit nirgends mit ihm hin).

Also – um mir nichts schön zu reden, um es mir nicht wieder harmlos machen zu können (im Moment traue ich mir nicht über den Weg) und um es nicht in den virtuellen Papierkorb zu schmeißen – lasse ich das jetzt hier in diesem Forum.

Ingwertee


obi68 Offline



Beiträge: 2.165

21.05.2010 18:54
#2 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Hallo, Frau Ingwertee und willkommen hier an Bord der Saufnix-Kogge!

Und *huld* wegen deines satirischen Threadtitels.

Guten Austausch wünsche ich.

[ Editiert von obi68 am 21.05.10 18:55 ]


trollblume Offline




Beiträge: 3.582

21.05.2010 19:00
#3 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

hallo ingwertee,





auf ein neues!

jetzt!
das wird....und die idee deinen radius zu erweitern im bezug auf menschen und gesprächspartner....

du schaffst das
gruß vera

Wer seinen Hafen nicht kennt,für den ist jeder Wind der falsche
(Seneca)


Elefantino Offline




Beiträge: 4.209

21.05.2010 19:03
#4 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von obi68


Und *huld* wegen deines satirischen Threadtitels.




Ich huldige mal begeistert mit!

Herzlich und erbaulichen Austausch gewünscht, Ingwertee!


LG

Christoph

Die schärfsten Kritiker der Elche
waren früher selber welche


F.W. Bernstein


AKkV3 ( gelöscht )
Beiträge:

21.05.2010 21:53
#5 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Ingwertee


Ich bin so dermaßen enttäuscht von mir. Ich habs vergeigt. Das wiedergewonnene Selbstvertrauen ist schwer beschädigt. Ich ekel mich vor mir selber. Und ich schäme mich zutiefst



Hi Ingwertee,

dieses Gefühl kenne ich nur zu gut, mich hats auch 2x zerissen, nach sehr vielversprechendem Beginn. Mache gerade meinen 3.ten Versuch, ich nenne es bewusst Versuch, weil keiner in die Zukunft sehen kann und ich nicht weiss was morgen passieren wird. Zunächst ist es einfach nur wichtig, heute nüchtern zu bleiben. Vergib dir selbst, höre auf mit den Selbstvorwürfen. Du versuchst dein Leben auf die Reihe zu kriegen und das Saufen zu lassen, das ist das Wichtigste. Ich habe meine 2 Fehlversuche abgehakt, denke nur an HEUTE und kann so zumindest im Moment bereits auf 109 nüchterne (und positive) Tage zurückblicken. Gedacht bzw. zugetraut habe ich mir das vor über 3 Monaten auch nicht. Fang neu an, du hast selbst gesagt, dass es keine gute Laune beim Saufen mehr gab, so war es bei mir auch. Meistens habe ich geheult, wenn ich genug gesoffen hatte.

Gute 24h, Thomas


grufti Offline




Beiträge: 3.764

21.05.2010 22:44
#6 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Hallo Ingwertee,

herzlich willkommen!

Danke für deine detaillierte Schilderung, wie es zu dem Rückfall kam.

Ich selbst horche immer ganz genau hin, wenn jemand von seinem Rückfall berichtet und denke mir, ich muss so viel wie möglich davon rausziehen, damit ich bei mir so früh wie möglich merke, wenn es eng wird.

Es wird ja immer erzählt, dass ein Rückfall weit vor dem ersten Schluck beginnt. Und auch ich hatte schon Situationen,
in denen ich dem Rückfall näher war als sonst in den letzten 3 Jahren. Bisher war es aber nie kritisch (glaube ich zumindest) und ich bin auch immer gut drüber hinweg gekommen.

Helfen tut mir dabei immer die Strategie, dass ich versuche, mich selbst etwas von aussen zu betrachten. Ich sage mir dann, mal sehen, was er (also ich) jetzt so macht in der Situation, in der er früher zielstrebig zur Flasche gegriffen hätte. Meistens hilft das schon nach wenigen Minuten, ich fange dann innerlich zum Schmunzeln an und denke so ähnlich wie, wäre ja gelacht, wenn ich wegen so einem Scheiß zum Alk langen würde und das werden wir schon sehen und so, und siehe da, nach kurzer Zeit geht's mir wieder besser. Nach drei trockenen Jahren ist bei mir auch das Selbstvertrauen doch stark gewachsen, dass ich diesen schönen Erfolg nicht ohne gewaltigen Kampf wieder aufgebe, und der hat Gottseidank bisher nicht stattgefunden.

Trotzdem kann ich deine Schilderung gut nachvollziehen, wie es dir im ersten Lokal schier das Hirn zerreisst und im zweiten dann einfach nicht mehr langt mit der Widerstandskraft.

Und weil du so schön offen schreibst, versuche ich mal ganz offen meine Gedanken dazu zu schreiben, vor dem Hintergrund, dass der Rückfall ja (siehe oben) angeblich immer schon vorher seine Ursachen hat.

Du gehst mit deinem Ex-Freund in's Kino. Da könnte es ja sein, dass das eine oder andere Gefühl von früher immer noch da ist. Jetzt stelle ich mir vor, dass du unterschwellig immer noch was für ihn empfindest (vielleicht auch er für dich), aber es wird nie drüber geredet und solange immer direkt nach dem Kino Schluß ist, geht es so lala. Jetzt plötzlich kommt das Angebot von ihm(!), wir gehen noch wo hin, und plötzlich geht es gefühlsmäßig rund. Und naja, er bestellt ein Bier und noch eins, und du bist sowieso durch den Wind und das war's dann.

Übrigens finde ich es beim Nachdenken irgendwie komisch, dass du dir im zweiten Lokal ein Bier bestellt hast, wo er doch weiß, das du Alkoholiker bist. Gab's da keine Diskussion? Ich glaube, ich hätte mir an deiner Stelle erst daheim was geholt, wo es keiner gemerkt hätte. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf dem Heimweg wieder einen halbwegs klaren Kopf bekommen hätte, ist glaube ich hoch, so dass ich den Weg zur Tanke (daheim gibts bei mir nix) wahrscheinlich nicht mehr gegangen wäre.

Wegen der Scham brauchst du dir nichts denken (ich weiß, das schreibt sich leicht..), das gehört halt dazu und ich finde die Hauptsache, du stehst wieder auf.

Ich denke, das Aufschreiben und das Ausweiten des Gesprächsradius zum Thema ist doch schon mal gut, und was den Radius angeht, da bist du hier gerade richtig.

In diesem Forum fällt jedem was ein dazu und alle geben ihren Senf dazu. Ich auch

In diesem Sinne wünsch ich dir alles Gute beim Aufrappeln!














.

Liebe Grüße vom Grufti!
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)


Ingwertee Offline



Beiträge: 571

22.05.2010 15:08
#7 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Herzlichen Dank euch allen für die Willkommensgrüße


Hallo Thomas,

Zitat
Meistens habe ich geheult, wenn ich genug gesoffen hatte.



Das kenne ich, allerdings bin ich dann meistens, wenn sich diese Stimmung anbahnte, gleich darauf weggekippt.

Das hat zwar nicht direkt was damit zu tun, aber noch zu diesem Montag:
mit Tunnelblick und zwei 6-er Trägern aus dem Einkaufszentrum zu Hause angekommen, drei Flaschen gleich direkt auf den Schreibtisch, Rest in den Kühlschrank, den großen Spiegel aus dem Flur von der Wand genommen , mich mit dem Stuhl direkt davor gesetzt, Musik an und mir wolkenbruchartig heulend und schniefend beim Saufen zugeschaut.

Ich weiß nicht, wie ich auf den Gedanken mit dem Spiegel kam, direkt demütigen wollte ich mich (glaube ich) nicht. Und ein Teil in mir empfindet es als unendliche, praktisch nicht mehr steigerbare Peinlichkeit , das hier offen zu schreiben (aber egal, hey, ist der Ruf erst ...).
Ein anderer Teil in mir empfindet allerdings keinerlei Scham. Das war der Teil von Ingwertee, der daneben stand und sich die Szene anschaute. Nicht wertend.
Beobachtend und neutral.

Dokumentierte (Spiegel) Brandbeschleunigung (Rückfall, Hässlichkeit unübersehbar herausgestellt)?
Oder doch nur – wie Borowiak das beschrieb – ein „besonders ausgebufftes Craving“?

Ist wohl an beidem was dran.

Zitat
dieses Gefühl kenne ich nur zu gut, mich hats auch 2x zerissen



Zerrissen. Genauso fühle ich mich auch, zerfetzt, zerrissen, zerbombt.
Du bist zweimal wieder aufgestanden, zum Glück oder auch Respekt! Ohne Pathos, ich kann mir kaum vorstellen, wie viel Kraft dazu gehört.
Jetzt allerdings weiß ich zumindest, wie enorm hoch der Preis ist, zu stolpern.
Wir üben jetzt besser mal das Stehenbleiben, einverstanden?


Bei mir ist es so, dass ich mir vor März letzten Jahres nie vorgenommen geschweige denn versucht habe, mit dem Alkohol aufzuhören. Wohlwissentlich, dass ich dazu einfach (noch) nicht bereit war. Oder ganz banal: trotzdem es mich ankotzte und ich litt, wäre es für mich immer noch Verzicht gewesen – und das Gefühl des Verzichts war ganz bewusst, weswegen ich mir weitergehende Überlegungen gleich ganz gespart habe. So funktioniert bei mir nämlich gar nichts.

Danke dir und ich wünsche auch dir gute 24 Stunden
Ingwertee


Hallo grufti,

Zitat
In diesem Forum fällt jedem was ein dazu und alle geben ihren Senf dazu. Ich auch http://www.saufnix.com/smilies/board/grins2.gif



Ich mag Senf - je mehr desto besser
Du hast mich sehr nachdenklich gemacht, aber dazu schreibe ich dir morgen mehr. Danke.

Grüße auch an dich und alle anderen hier.


obi68 Offline



Beiträge: 2.165

22.05.2010 15:23
#8 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Hey Ingwertee,

wenn es einen Ort gibt, an dem du nun wirklich keinen Scham empfinden mußt, dann ist das doch unter Gleichgesinnten.

Sei es in der SHG oder hier - oder glaubst du vielleicht, alle anderen außer dir haben den Beschluß gefasst, nicht mehr zu trinken und das dann auch beim ersten mal durchgezogen.

Glaube mir, diese Spezies ist äußerst selten.


Bermuda Offline




Beiträge: 474

22.05.2010 22:48
#9 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten



Hallo Ingwertee,
war sehr interessant zu lesen.
Schau jetzt nach vorne, es lohnt sich. Ich wünsche Dir viel Kraft !
lG Gina

Jeder Tag ist ein kleines Stück Glück


Ingwertee Offline



Beiträge: 571

23.05.2010 12:19
#10 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Hallo Grufti ,

vielen Dank dafür, dass du mir so detailliert deine Gedanken geschildert hast.

Zitat
Du gehst mit deinem Ex-Freund in's Kino. Da könnte es ja sein, dass das eine oder andere Gefühl von früher immer noch da ist. Jetzt stelle ich mir vor, dass du unterschwellig immer noch was für ihn empfindest (vielleicht auch er für dich),



Ganz genauso ist es.
Ich empfinde viel für ihn und nach dem Ende der Beziehung hatten wir auch ungefähr eineinhalb Jahre keinen Kontakt. Die nachfolgenden drei Jahre (also bis März 2009) waren wir Freunde und mehr, aber halt nicht mehr offiziell zusammen.
Zwischenzeitig hatte ich zwei kurze Beziehungen, beide blieben aber Affären. Er ist seit unserer Trennung Single (habe ich kürzlich mal nachgefragt).
Mit meinen Gefühlen für ihn kann ich (mittlerweile) sehr gut leben. Seit ich ihn kenne, ist er in meinem Herzen, und da darf er auch bleiben

Zitat
Jetzt plötzlich kommt das Angebot von ihm(!), wir gehen noch wo hin


DAS war wirklich überraschend. Wir sind ja in eine Nachbarstadt gefahren, weil der Film bei uns nicht mehr lief, und nach dem Film draußen bei einer Zigarette schlug er das dann vor.

Genau in diesem Moment (sein Vorschlag) wurde ich innerlich leicht nervös. Klar, ich habe mich auch gefreut, und aber auch gleichzeitig war ein leichtes Unbehagen da. Unbehagen, weil ich ein körperliches Kribbeln fühlte. Hört sich seltsam an, aber ich wurde tatsächlich zappelig/nervös, und auf der Rückfahrt in die eigene Stadt kreisten die Gedanken „Hm, mal sehen, was du trinken wirst, Kaffee, Saft oder Cola – hoffentlich kippst du nicht um (Alkohol) – quatsch, das kriegst du hin.“
Ziemlich klar wird jetzt für mich: innerlich hin und hergerissen, habe ich mich dafür entschieden, das zu ignorieren. Deutlich im Kopf war fortan: netter Abend, wäre echt schade, den jetzt zu beenden, aber nichts trinken (das war immerhin auch noch dabei).

Du schriebst, dass ein Rückfall immer weit vor dem ersten Schluck beginnt. Zumindest wird mir hier beim Aufdröseln deutlich, dass dieser wohl tatsächlich nicht erst im ersten Club begann. Dort kam dann „nur“ noch – vermutlich ganz folgerichtig – die für mich dann aber doch sehr überraschende direkte, unverblümte Gier nach Alkohol dazu.

Draußen vor Club 1 erzählte er, dass ihm die Architektin, die ihm gerade seine neue Wohnung umbaut, von einem neuen Laden erzählte, der ganz nett sein soll.
Und auch hier: kurz zuvor hatte ich mich schweren Herzens entschieden, nach Hause zu fahren, auch weil ich nämlich mittlerweile nervlich ziemlich angeschlagen von den inneren Kämpfen war. Naja, ich habe mir dann vorbehalten, das ich dann kurz vor Ort entscheide, ob ich mit reinkomme, und wir machten uns auf den Weg. Quer durch die Innenstadt, die frische Luft hat mir gut getan, die Bewegung auch und ich fühlte mich kurz wirklich froh und stolz, dass ich nichts getrunken hatte.
Vor diesem zweiten, neu eröffneten Laden angekommen, dachte ich, mich trifft der Schlag. Gefühlte 1000 Menschen im Durchschnittsalter von 20 Jahren standen rauchend mit ihren Bierflaschen Zigaretten rauchend um mich herum, miese Musik von drinnen als Dreingabe.
Hehe, jetzt muss ich hier schon etwas grinsen, solche Läden hätte ich auch früher mit egal wie viel Promille (und anderem) im Blut never ever betreten – mein Gesicht und die Tatsache, dass mein Freund und ich uns ja schon etwas länger kennen....er versuchte gar nicht erst, mich zu überreden.

Ok, und dann war ich es, die sagte, ach komm, lass uns ins ... gehen. War nur ein paar Schritte weiter.

Zitat
Übrigens finde ich es beim Nachdenken irgendwie komisch, dass du dir im zweiten Lokal ein Bier bestellt hast, wo er doch weiß, das du Alkoholiker bist. Gab's da keine Diskussion?


Und das beschäftigt mich seit Tagen.
Neben der Theke an der Wand so'n Metallschild mit dem Getränkeangebot. Meine Augen wanderten zwischen dem oben aufgelisteten Weizenbier und den ganz unten drangehängten alkoholfreien Alternativen hin und her. Was da innerlich in mir abging, kann ich nicht beschreiben, Mischung zwischen so und so .
Kurz meinen Freund gefragt, was er will (Weizen), dann die Bedienung rangeholt und zwei Weizen bestellt. Innere Leere, keine Gedanken in diesem Moment.
Dann schaute ich zu meinem Freund rüber. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, vielleicht Verachtung im Blick, in Wort, damit habe ich gerechnet.
Es kann sein, dass ich mich natürlich irre, und das ist ja eh nur meine Wahrnehmung. Er lächelte mich unsicher (?) an und sagte:“Hm, dann muss ich wohl heute auf dich aufpassen.“
Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass er sich freute (???)? Also nicht darüber, dass ich als Alki rückfällig werde, sondern darüber, dass ich etwas mittrinke.
Ich mutmaße, dass er sich nicht wirklich wohl fühlte zunächst, und sich aber eben gleichzeitig freute. Denn natürlich weiß er über mein Verhältnis zum Alkohol bescheid. Andersrum: beschönigt habe ich ihm gegenüber nie was (HAHA, wär auch gar nicht gegangen ).

Waren dann vier Weizen, und dadurch, dass ich zuvor Ciabatta etc. gegessen hatte, blieb das früher geschätzte „Reinknallen“ aus.

Danach zu ihm, .... und ja, Sex gabs auch, allerdings erinnere ich mich nur an den Anfang, der Rest (wo, wie, wielange) ist weg (sonst hätte ich jetzt auch geschrieben: ... und ja, Sex hatten wir auch ).

Zitat
Ich glaube, ich hätte mir an deiner Stelle erst daheim was geholt, wo es keiner gemerkt hätte. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf dem Heimweg wieder einen halbwegs klaren Kopf bekommen hätte, ist glaube ich hoch, so dass ich den Weg zur Tanke (daheim gibts bei mir nix) wahrscheinlich nicht mehr gegangen wäre.


Komisch, ich glaube, wenn ich gegangen wäre, hätte ich mir auch gar nichts geholt. Oder wie du es schreibst, der Kopf wäre wieder klar geworden. In den 15 Monaten meiner Trockenheit (ich fühle, dass das keine Trinkpause war) habe ich immer mal wieder Situationen verlassen, gerade am Anfang, weil der Suchtdruck kam. Dabei habe ich zunehmend viel gelernt (aber wohl offensichtlich nicht genug).


Ein persönliches Gespräch gabs über Alkohol seitdem nicht. Ich habe ihm nach dem letzten Montag eine Mail geschickt, in der ich kurz über mich schrieb, dass ich klar rückfällig bin und das sofort wieder ändern möchte, weil ich nicht mehr mit Alkohol umgehen kann und will und weil ein Leben ohne Alkohol nämlich klasse ist. So ungefähr. Auf den Abend selber bin ich gar nicht eingegangen.
Ehrlicherweise muss ich auch sagen, dass ich mich im Moment nicht gewachsen fühle, mit ihm, der zumindest viel zu viel trinkt, über mich und meine Alkoholabhängigkeit zu reden. Da habe ich sogar kein Bedürfnis nach. Wichtig für mich war aber, ganz explizit klarzustellen, dass ich Alki und rückfällig bin. Irgendwie vielleicht feige? Macht nix, bin ich halt manchmal auch
(ich stelle mir gerade vor, dass ich ihm jetzt von Angesicht zu Angesicht einen von „das Leben ohne Alkohl ist einfach klasse und geil“ erzähle *hust* – ich schätze, ich warte damit besser noch ein bisschen, so von wegen Glaubwürdigkeit und überzeugend und so ).

Dass es sein kann, dass mein Entschluss, den Alkohol aus meinem Leben zu verbannen, möglicherweise dazu führen kann, dass unsere Freundschaft ernsthaft gefährdet oder vielleicht auch zerstören kann, habe ich schon sehr lange im Hinterkopf.

Früher waren meine vorrangigen Gedanken dazu:“ Kann es sein, dass wir nur eine Sexbeziehung und eine Saufbeziehung hatten?“ Nein, rausgestellt hat sich, dass uns eine ganze Menge mehr verbindet (und ich bin froh, dass mich das Gefühl nicht getrogen hat).
Heute sind meine vorrangigen Gedanken dazu:“Ich mag und schätze diesen Menschen sehr und möchte ihn nicht mehr in meinem Leben missen. Deswegen muss und möchte ich zusehen, wie ich es hinbekommen kann, den Kontakt aufrecht zu erhalten und meinen Weg trotzdem weiter trocken/trocknend gehen zu können.“
Es gibt sogar noch einen dritten Gedanken seit ein paar Monaten:“Ich weiß nicht, wie lange ich es aushalte, mir anzuschauen, wie er sich kaputtsäuft.“ Das ist neu, das steht bei meinen Gedanken auch nicht im Vordergrund (und ist eh latte, weil ich weiß, dass ich nichts ändern kann), und doch habe ich hin und wieder einfach Angst um ihn. Aber letzteres habe ich auch nur der Vollständigkeit halber erwähnt, es geht nämlich um mich und meinen Ar***.

Grufti, ich danke dir von ganzem Herzen, dass du mir deine Gedanken mitgeteilt hast. Dieser Mann, diese Freundschaft, der Alkohl in bezug auf ihn, alles zusammen ist ein großes Thema, bei dem ich auch im letzten Jahr lieber nicht sooo genau hingeschaut habe.

Herzliche Grüße und frohe Pfingsten
Ingwertee

[ Editiert von Ingwertee am 23.05.10 12:24 ]


Ingwertee Offline



Beiträge: 571

23.05.2010 12:42
#11 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Hallo an die Admins,
ich bin mir jetzt nicht wirklich sicher, ob die Art und Weise, wie ich smileys hier verlinkt habe, so korrekt ist oder ob ich das hier im Forum anders machen muss (falls letzteres, sorry).
Ich wollte das gerade ändern, aber ich bin zu langsam (editieren ging nicht mehr).
Frohe Pfingsten


Ingwertee Offline



Beiträge: 571

23.05.2010 18:39
#12 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Ich überlege: weder als Jugendliche noch als Erwachsene und schon gar nicht später war ich eine Partygängerin.
Zu irgendwelchen als hipp und cool angesehenen Leuten habe ich nie gehört, wenige, aber gute Freunde hatte und habe ich, Mitglied einer Clique/Gang war ich nie und wollte ich auch nie sein.
Abendliches „from disco to disco“ hopping (heute heißt das ja Club, glaube ich) habe ich bis auf wenige frustrierende Male gar nicht mehr mitgemacht.
Grund war, dass ich etwas schüchtern war und mich außerdem in Menschenmengen gar nicht gut fühlte, und zum anderen: es hat mir auch so einfach keinen Spaß gemacht, ich konnte dem nichts abgewinnen. Grob geschätzt würde ich sagen, dass ich in den letzten sechs Jahren viermal einen Club betreten habe, der Kino-Freitag mit eingerechnet.

Keine Ahnung, ich frage mich gerade, ob mir Freitag vor zwei Wochen ein Sonnensturm oder irgendeine spezielle Planetenkonstellation die Gehirnwindungen so verschwurbelt hat, dass ich genau die Dinge tue, die ich schon immer ziemlich doof fand ?! (das Saufen nehme ich hierbei völlig raus, bezieht sich ausschließlich auf „from disco to disco“).

Ein paar abschließende Worte zu meinem Kumpelfreund:
klar, die Jahre, in denen wir u.a. auch gemeinsam gesoffen haben, sind nicht vergessen, und abendliche Treffen mit ihm sind ganz offensichtlich für mich Hochrisikosituationen.
Und das Thema Alkoholismus ist mit ihm bzw. in unserem Verhältnis klar ein Tabuthema, also von seiner Seite aus. Habe ich kein Problem mit (und wenn ich es hätte, müsste ich es trotzdem akzeptieren, also echt egal).
Und ich fühlte mich ihm gegenüber an dem Abend tatsächlich als Spaßbremse, genau das ist mir vorhin nämlich wie Schuppen von den Augen gefallen.

Aber: meine Sauferei sowohl an diesem Abend als auch das Mal danach liegt ausschließlich in mir begründet.
Sicher, es hat es mir bestimmt etwas schwieriger gemacht, dass ich früher viel mit ihm getrunken habe, und auch, dass ich auf eine Fortsetzung des Abends unvorbereitet war.
Im Grunde weiß ich aber ganz genau, dass mir das genauso gut mit jemand anderem passieren hätte können. Was wohl etwas anders gewesen wäre: vermutlich wäre es mir etwas leichter gefallen, den Abend abzubrechen, aber das ist reine Spekulation.

Was mir heute übrigens wieder eingefallen (so ein Zufall aber auch) ist:
Zweimal bin ich dermaßen knapp am Rückfall vorbeigeschrammt, würde ich das mit den Worten „mit Hängen und Würgen durchgestanden“ bezeichnen, bekämen meine beiden Krampfkämpfe dadurch glatt noch einen Hauch Eleganz und Anmut verliehen.

Einmal letztes Jahr, als ich ein paar Monate nach Alk-Schluss meinte, auch mit dem elenden Rauchen aufhören zu müssen. Nach vier Monaten knickte ich ein, und die zwei Flaschen Wein , die ich dann gleich mit den Zigaretten zusammen eingekauft habe, schüttete ich mit allerallerallerletztem Restverstand in den Abguss (dabei habe ich mich so abgemüht, mit dem dämlichen Mini-Korkenzieher aus meinem Allzweck-Schweizer-Taschenmesser-Plagiat die Flasche überhaupt aufzukriegen - und das sowieso erst, nachdem mir zu Hause dann nämlich erstmal einfiel, dass ich ja gar keinen Korkenzieher besitze - bis mir eben das Taschenmesser einfiel; die zweite Flasche musste ich dann ätzenderweise auch noch aufprokeln, weil ich mich nicht getraut habe, am späteren Abend die noch geschlossene Flasche in den Altglascontainer zu schmeißen, Ruhestörung, empfindliche Geldstrafen hier jedenfalls), die Schachtel Zigaretten rauchte ich dann aber komplett auf.
Keine Ahnung, ob ich mich jemals wieder trauen werde, nochmal einen Rauchaufhörversuch zu starten – für die nächsten zwei Jahre schließe ich das besser erstmal ganz kategorisch aus.

Zweites Mal war Silvester, da aber eher in dem Sinne „ach, heute kannst du doch mal...“ und so ein krasser Quark. Klatschnasse Denke heißt das wohl.
War danach auch nie wieder Thema, also diese kurzfristige 180° Drehung. Trotzdem...

[ Editiert von Ingwertee am 23.05.10 18:44 ]


Ingwertee Offline



Beiträge: 571

24.05.2010 07:55
#13 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Gestern musste ich noch sehr lange über meine beiden fetten Krisensituationen nachdenken.

Wegen nicht mehr rauchen, also der Abend, als ich dann schließlich einknickte (rauchen!), der war ja eh so elend und fiese, aber gleichzeitig hatte die Quälerei da auch endlich ein Ende, obwohl das für mich wirklich sehr niederschmetternd war.
Beinahe jeder Tag war härtestens erkämpft, und besser wurde gar nichts. Dagegen war das Trinken aufhören für mich ein echter Spaziergang, trotz der ersten beiden Monate.
Da stimmte die Einstellung überhaupt nicht, für mich war Nichtrauchen trotz aller gedanklichen Verrenkungen schwerer Verzicht, so absurd ich das auch finde (rauchen ist ja nun wirklich eine bekloppte Sucht, gelbe Zähne, schlechte Haut, etc.etc. und wegschießen geht damit auch nicht).

Die kurzfristige schwere Geisteskrankheit zu Silvester ("hey, einmal kannst du doch...") hatte mir schon Kopfzerbrechen bereitet, und da ist auch immer noch was dran. Bin ich vielleicht auf dem Weg zum Quartalssaufen? Ist jetzt nicht als Frage gemeint, ging mir aber danach schon mal eine Weile durch den Kopf
Komme mir schon etwas komisch vor, das so aufzuschreiben, aber muss ja niemand lesen, und: es tut gut. War mir gar nicht bewusst, dass ich so ein Mitteilungsbedürfnis habe, und wenn ich mir vorstelle, ich texte die Leute in einer Shg in dieser Ausführlichkeit zu, oh mann, die Armen


Ingwertee Offline



Beiträge: 571

24.05.2010 08:09
#14 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Ach, moin Obi, übrigens, wo du schon so direkt fragst

Zitat
Gepostet von obi68
- oder glaubst du vielleicht, alle anderen außer dir haben den Beschluß gefasst, nicht mehr zu trinken und das dann auch beim ersten mal durchgezogen.


Was soll ich sagen? Wissen und Fühlen gehen da bei mir ja irgendwie etwas sehr auseinander.
Wenn ich das kurz zusammenfassen darf: gelingt mir was, dann war das eh simpel und andere wuppen das mit links. Wenn mir was nicht gelingt, dann bin ich einfach unfähig (plus die anderen, natürlich und mit links )


obi68 Offline



Beiträge: 2.165

24.05.2010 08:26
#15 RE: Vorsicht: nicht sexy Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Ingwertee
Ach, moin Obi, übrigens, wo du schon so direkt fragst

Zitat
Gepostet von obi68
- oder glaubst du vielleicht, alle anderen außer dir haben den Beschluß gefasst, nicht mehr zu trinken und das dann auch beim ersten mal durchgezogen.


Was soll ich sagen? Wissen und Fühlen gehen da bei mir ja irgendwie etwas sehr auseinander.
Wenn ich das kurz zusammenfassen darf: gelingt mir was, dann war das eh simpel und andere wuppen das mit links. Wenn mir was nicht gelingt, dann bin ich einfach unfähig (plus die anderen, natürlich und mit links )




Moin Frau Tee,

auch da bist du weiß Gott nicht die einzige.
Ist halt auch ein Ausdruck mangelnden Selbstwertgefühls und übersteigerten Perfektionswahns, wenn man seine eigenen Erfolge abwertet und sich bei Mißerfolgen komplett niedermacht.

Menschen sind nicht perfekt, Menschen machen Fehler und ihre Defizite sagen nichts über ihren Wert als Mensch aus.
Wenn das mal in den Kopf geht (und auch gefühlt wird), hat man deutlich bessere Chancen, zufrieden zu sein.

Dieses Denken zu ändern ist aber, befürchte ich, eine Lebensaufgabe. Ich kämpfe selbst nach 3 Jahren noch recht häufig.


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