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Saufnix  
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Dieses Thema hat 60 Antworten
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 Selbsthilfe und Gruppengespräche
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Friedi Offline



Beiträge: 2.617

08.10.2009 21:14
#16 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Ich bin nun heute Dank eures Mutmachens recht entspannt hingegangen.
Der Gruppenfreund, den ich ablösen werde, und eine Freundin aus einem anderen Meeting waren mit dabei. Wir waren in der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin. Die Entgiftung dort dauert 6-8 Tage, ist also keine so genannte qualifizierte.

Es waren drei Männer und eine Frau anwesend. Ein Mann sprach gar nicht, schien mir aber interessiert. Die anderen Männer hatten schon mehrere Therapien und Entgiftungen und auch schon Gruppenbesuche hinter sich. Sie sprachen auch wenig, sagten aber, sie schafften es nicht, durchzuhalten.

Die Frau hat seit 2003 eine Therapie von 6 Wochen und eine weitere, deren Dauer ich jetzt nicht weiß, gemacht und hatte insgesamt 7 Rückfälle, den letzten bei einem Klassentreffen. Sie hat bisher keine Gruppe besucht und wird morgen entlassen. Sie bat am Ende um meine Telefonnummer und will in mein Stamm-Meeting kommen. Ich bin gespannt.

Vom Ablauf her war es so, dass wir von unseren nassen Zeiten erzählten, auch von gescheiterten Versuchen mit kontrolliertem Trinken, wie wir trocken wurden und was uns unser heutiges Leben bedeutet. Wir baten die Patienten, von sich zu erzählen, wenn sie wollten, und gingen auf (die wenigen) Fragen ein.

Natürlich haben wir alle anderen SHGs, die es hier gibt, genannt und betont, für wie wichtig wir den Besuch einer SHG halten, egal welcher. Hauptsache, der Betroffene fühlt sich dort wohl.

Die eine Stunde war ruckzuck vorbei. Das Gefühl, diesen Menschen einen Weg gezeigt zu haben, der auch ihnen helfen könnte, ist gut. In zwei Wochen geht’s weiter.

Für mich kommt noch hinzu, dass ich mich bisher nur geoutet habe, wo es mir nötig erschien. Zu meiner Krankheit jetzt vor einer etwas größeren Öffentlichkeit (nun ja, wenn es auch nur auf einer geschlossenen Abteilung in der Psychiatrie war) zu stehen, war für mich neu und stärkt mein Selbstwertgefühl. Mit dem Outen werde ich weiterhin zurückhaltend sein, fühle mich aber inzwischen so sicher, dass ich zu mir und meiner Krankheit stehen kann – im Gegensatz zu meiner Anfangszeit, wo mir alles bloß peinlich war und ich schon beim Wort "Alkohol" in den Boden hätte versinken mögen.

Friedi

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Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können.
Marc Aurel


Viktoria Tapp ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2009 07:52
#17 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Guten Morgen, Friedi!

Ich gratuliere Dir zu diesem Erfolg, die anfängliche Unsicherheit zu bekämpfen und gleichzeitg zu den vielen neuen Erfahrungen.
Diese bereichern dein Leben und erweitern deinen Horizont.

Meiner Meinung nach,ist es durchaus legitim, nicht jedem seine Erkrankungen auf die Nase zu binden. Hierbei ist es meiner Auffassung nach absolut unwichtig, um welche Art es sich handelt.

Wichtig ist zu lernen, wo der richtige Ort und wann die richtige Zeit zum "Outen" ist. Dieses hast du meiner Auffassung nach gut im Gefühl.
Ich selbst entscheide hier allermeist aus dem "Bauch" heraus.

Leider - oder auch zum Glück?- wissen wir mittlerweile, daß in den Suchtkliniken oft gelogen wird, bis die sprichwörtlichen Balken sich biegen.

Ich wünsche dir, daß du mit diesen Enttäuschungen gut umgehen kannst und für dich verinnerlicht hast, daß du "nur"
ein Puzzleteil zum evtl. Trockenwerden einer Person sein kannst.

Dieses Teil ist unbestritten sehr wertvoll, doch daß gesamte Bild enthält später x andere Teile.

Halte durch! Es lohnt sich trotzdem enorm
Viktoria


Friedi Offline



Beiträge: 2.617

11.10.2009 09:40
#18 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Hallo Viktoria,

danke für deine Rückmeldung.

Als ich frisch trocken war, lag es mir sehr am Herzen, andere auch zum Aufhören zu bewegen. Diese Zeiten sind vorbei. Ich stehe gerne zur Verfügung, wenn jemand von mir wissen will, wie es bei mir funktioniert hat. Da aber jeder für sich allein entscheidet, ob überhaupt und wenn ja, welchen Weg er/sie nimmt, um trocken zu werden, berührt es mich nicht allzu sehr, wenn meine Vorschläge unbeachtet bleiben. Werden sie beachtet, freue ich mich natürlich!

Friedi

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Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können.
Marc Aurel


fitti Offline




Beiträge: 2.444

11.10.2009 11:43
#19 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Friedi
Hallo Viktoria,

danke für deine Rückmeldung.

Als ich frisch trocken war, lag es mir sehr am Herzen, andere auch zum Aufhören zu bewegen. Diese Zeiten sind vorbei. Ich stehe gerne zur Verfügung, wenn jemand von mir wissen will, wie es bei mir funktioniert hat. Da aber jeder für sich allein entscheidet, ob überhaupt und wenn ja, welchen Weg er/sie nimmt, um trocken zu werden, berührt es mich nicht allzu sehr, wenn meine Vorschläge unbeachtet bleiben. Werden sie beachtet, freue ich mich natürlich!

Friedi


:gutas hätte ich nicht besser beschreiben können

Liebe Grüße Friedhelm:Ich bin ein Mensch und nicht der Alkoholiker:gut:
:grins2:und schreibfehler bei eby versteigern:sly:


Elke2311 Offline



Beiträge: 389

11.10.2009 11:54
#20 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Hallo Friedi,
so sehe ich das auch, wenn jemand meine Ratschläge annimmt und so seinen Weg in die Trockenheit findet freut mich das. Wenn sie nicht angenommen werden muß diese Person eben sehen wie klar kommt. Das anfängliche Gefühl die ganze Welt trocken zulegen hat sich bei mir auch schnell gelegt.
Liebe Grüße
Elke


RdTina Offline




Beiträge: 4.304

11.10.2009 12:00
#21 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Geht mir genau so. Die anfängliche "Euphorie" über meine Trocknung und der Drang, anderen dies "über zu stülpen" hat sich recht schnell erledigt. Die Realität sieht eben doch anders aus und ich habe mich flugs davon überzeugen lassen müssen, das "Erwartungshaltungen" in der Suchtarbeit fehl am Platz sind.
Wenn meine Erfahrungen der letzten 10 Jahre aber auch nur EINEM weiter geholfen haben, so hat sich der Sinn meines Tuns bereits erfüllt.

LG, Tina

Alles im Leben hat seinen Sinn



Über die Steine, die ich mir HEUTE in den Weg lege, werde ich MORGEN stolpern


Viktoria Tapp ( gelöscht )
Beiträge:

11.10.2009 16:12
#22 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

@ Großer Bruder!

Wollte eigentlich etwas zitieren (Vortext) hat aber leider nicht geklappt.

Etwas später kam ich dann doch noch `rüber.
Siehste, mit der Technik habe ich enorme Probleme.


@ Alle

Ich wünsche Euch einen gemütlichen Sonntagnachmittag.
Gruss Viktoria


Friedi Offline



Beiträge: 2.617

14.10.2009 22:23
#23 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Friedi
...
Sie bat am Ende um meine Telefonnummer und will in mein Stamm-Meeting kommen. Ich bin gespannt.
...


Sie hat angerufen, sie war heute im Meeting, sie will wiederkommen. Was will ich mehr? Dass sie wiederkommt!

Friedi

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Marc Aurel


Lulu4 Offline



Beiträge: 3.165

15.10.2009 07:33
#24 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

hallo Friedi

das ist doch mal eine schöne nachricht!

vlg
amanda

top of the morning to you.... :zwinker1:


Viktoria Tapp ( gelöscht )
Beiträge:

15.10.2009 08:57
#25 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Herzlichen Glückwunsch, Friedi zu diesem Erfolg. Wahrscheinlich bist du sehr authentisch rübergekommen und die Chemie paßt nun.

Trotzdem ist die Basis zum Trockenwerden nur der eigene Wille und falls der bei IHR verlorengeht, liegt es nicht an dir!

Pass auf dich auf und sei bitte stolz auf dich/dein Wesen.
Herzliche Grüße
Viktoria


Friedi Offline



Beiträge: 2.617

20.01.2010 14:11
#26 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Kurze Bilanz nach drei Monaten. Ich komme gerade darauf, nachdem in einem anderen Thread pessimistische Antworten beklagt wurden aber auch der Satz geschrieben wurde "du schaffst das, da bin ich mir sicher:-)"

Ich und eine Gruppenfreundin gehen also 14tägig auf eine Entgiftungsstation, um unsere SHG vorzustellen und zu erzählen, für wie wertvoll wir den Gruppenbesuch für die Trockenheit halten.
Ergebnis:
Eine Frau besuchte 2 x die Gruppe, zeigte sich sehr angetan.....und kam nicht wieder. Weitere kamen überhaupt nicht.

Eine sehr kläglich und verzagt wirkende Frau haben wir schon zum zweiten Mal auf der Station angetroffen, ebenso einen Mann, der nach eigener Aussage schon sechs Langzeittherapien hatte und nunmehr die 72. Entgiftung.

Des weiteren einen Berufskraftfahrer, der nach seinen Worten "2 Minuten vor der Leberzirrhose steht" und nach der Entgiftung eine LZT machen möchte. Er war vor Weihnachten in einem anderen Krankenhaus zum Entgiften, sollte am 24. 12. entlassen werden, hatte sich aber am 23. selbst entlassen, um seiner Frau beim Einkaufen zu helfen. Beim Weihnachtsessen war ihm ein Glas Wein zum Verhängnis geworden. Er hatte dann draußen weiter getrunken, so lange, bis er nicht mehr gehen konnte und auf dem Bauch zu einer Tankstelle robbte, von wo aus dann ein Krankenwagen angerufen wurde. Weil er sich aus seiner letzten Entgiftung selbst entlassen hatte, bestand für ihn in diesem Krankenhaus Aufnahmesperre und er kam in das, wo wir ihn dann antrafen.

Dann war noch ein Mann da, der gar kein Alkoholiker war. Denn – so meinte er – ein Alkoholiker könnte doch mit 5,3 Promille nicht Fahrrad fahren. Er konnte das zum Erstaunen der Polizisten aber, die ihn in zwei verschiedene Röhrchen pusten ließen, weil sie den Wert nicht glauben wollten.

Ich verliere meinen Optimismus, dass wir doch mal jemanden erreichen, nicht. Sehr rosig scheinen mir die Aussichten aber nicht. Selbst Leute, die sich einsichts- und verständnisvoll geben, scheinen alles zu vergessen, sobald sie wieder draußen sind. Kann aber natürlich auch sein, dass sie andere SHGs besuchen. Ich will ja nicht pessimistisch sein.


Friedi

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Marc Aurel


septembersonne Offline




Beiträge: 5.747

20.01.2010 14:23
#27 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Danke Friedi für Deinen Beitrag!


Ja, auf einer Entgiftungsstation erlebst Du alles hautnah und ich finde es super-klasse das Du Deinen Optimismus nicht verlierst.

Jemanden während der Entgiftung emotional zu erreichen ist sehr schwer, manche sind vollgedröhnt mit Distra, andere haben mit ihren eigenen Gefühlen zu tun, die sich langsam wieder einstellen.

Doch wenn von 100 nur 1 erreicht wird, ist es ein Gewinn.

Respekt vor Deiner Arbeit, Friedi


LG

Manuela

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Das Leben ist schön, von " einfach " war nie die Rede.


Elefantino Offline




Beiträge: 4.209

20.01.2010 14:52
#28 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Hallo Friedi!

Was Manuela über die emotionale ( und rationale ) Erreichbarkeit von Menschen in der Entgiftung schreibt, stimmt sicherlich.
Allerdings habe ich bei mir festgestellt, dass einige Kontakte zu Gruppen und die geführten Gespräche ( auch bei solchen Vorstellungsaktionen ) bei mir eine Art "Langzeitwirkung" hatten. Will sagen: Als ich innerlich bereit war aufzuhören, habe ich mich an einiges wieder erinnert, was mir vormals von so engagierten Menschen wie Dir vermittelt worden war.

Von daher denke ich, dass Du mit Deiner Arbeit bei dem ein oder anderen Betroffenen einen kleinen Samen einpflanzt, der womöglich erst später keimt und dann in dem Besuch einer anderen Gruppe mündet. Somit ist es wohl unmöglich, den wahren Erfolg Eurer Mission genau statistisch zu erfassen.

Ich jedenfalls finde Deine Arbeit "an der Front" klasse, und wünsche Dir weiterhin alles Gute dafür!


LG

Christoph

Die schärfsten Kritiker der Elche
waren früher selber welche


F.W. Bernstein


Perca Offline




Beiträge: 223

20.01.2010 15:01
#29 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Friedi
und nunmehr die 72. Entgiftung.
Friedi


Ähh, ich hab mal gehört, dass die 100. Entgiftung mit einem kleinen Sektempfang gefeiert wird

Zitat
Gepostet von Friedi

Ich verliere meinen Optimismus, dass wir doch mal jemanden erreichen, nicht. Sehr rosig scheinen mir die Aussichten aber nicht.
Friedi


In meiner SHG hat mal einer gesagt: "Wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier die Ausnahme sind."
Das meinte er allerdings nicht mit Stolz geschwellter Brust, sondern eher resigniert....

Die Rückfallquoten sind enorm. Je kürzer die Abstinenzzeit desto größer die Gefahr. In meiner ersten Motivationsgruppe konnte man manchen Leuten schon an der Nasenspitze ansehen, dass die dort nur einmal auftauchen. Ich kann mich allerdings auch an jemanden erinnern, von dem ich nie vermutet hätte, dass er den Absprung schafft. Typ: Kräftig gebauter, besoffen zu Gewalt neigender, tätowierter Hafenarbeiter. Erstaunlicherweise war "ausgerechnet" der wirklich trocknungsbereit, nicht hirnlos und ein halbwegs netter Zeitgenosse.

Ich wünsche Euch jedenfalls, dass ihr irgendwann doch zu Menschenfischern werdet und den Optimismus nicht verliert

Viele Grüße aus Hamburg
Andreas

__________________________________________
Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.
Laotse


Viktoria Tapp ( gelöscht )
Beiträge:

20.01.2010 15:02
#30 RE: Bisschen Bammel vor morgen Zitat · Antworten

Liebe Friedi!

Ich finde deine Beharrlichkeit klasse! Gleichzeitig gebe ich Christoph, meinem "Vorredner" recht: Manche Gespräche haben lange Nachwirkungen im positiven Sinne.

Mach weiter so - es wird sich lohnen.

Herzlich
Viktoria


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