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Saufnix  
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Dieses Thema hat 16 Antworten
und wurde 1.586 mal aufgerufen
 Positives
Seiten 1 | 2
Randolf Offline




Beiträge: 1.176

10.09.2008 12:17
RE: Take five Zitat · Antworten

So, jetzt sind’s fünf Jahre.....

....heute vor fünf Jahren ging es mir do dreckig, daß ich Schwierigkeiten hatte, die Strasse zu überqueren, so kaputt und durcheinander war ich.

„..ey, was ist denn mit dir los....?“, höre ich noch meine Frau fragen, aber mit mir war nix mehr los,
ich war restlos fertig von meiner Schluckerei (...hatte grad zwei Tage Vollgas gegeben..:sprachlos,

...und DOCH....hatte ich in der Nacht zuvor eine Einsicht, die mein Leben seither entscheidend verändert hat - ich wusste: es ist zu Ende, aus und vorbei ---Adios, König Alkohol...!!!!

Und heute, fünf Jahre später kommt’s mir sowas von normal und gewöhnlich vor, ohne Alk zu leben, daß ich mir über die Abstinenz als solches kaum noch Gedanken mache.

Sie ist das Fundament, der Rahmen – was mich beschäftigt ist das, was darin ist – das was ich als Leben erfahre.

Deshalb seh ich auch keinerlei Sinn drin, Abstinenz als solche zu besingen und mich dran zu ergötzen; das fällt vielleicht noch ins erste Jahr, wo alles noch frisch war und ich vor Euphorie meinte, die Sterne vom Himmel reissen zu können.

Nun, nachdem ich ja hier was zur Trockenheit&Co schreiben will – was hat sich denn getan in diesen 5 Jahren ? Was ist heute anders ?

Ne ganze Menge is anderes – wobei ich erstmal unterscheiden würde zwischen Entwicklungen in der Außenwelt und solchen im seelischen Bereich, bzw in der Persönlichkeitsentwicklung.
Sicher hängt beides zusammen und es gebe viel zu sagen, ich greife in diesem Beitrag halt ein oder zwei Aspekte heraus.

Ich fang beim Innenleben an: das erste was mir hier im Vergleich zu damals auffällt ist, daß ich viel aufgeräumter bin, viel weniger verstickt – ich fühle mich um ein vielfaches leichter, schleppe nicht tonnenschweres Zeug mit mir rum, von dem ich gar nicht genau weiss, worum es sich eigentlich handelt.

Das ist aber nicht nur von selbst gediehen, ich weiss daß mein konsequentes ‚Trainigsprogramm’ in Sachen Innenleben einen guten Teil dazu beiträgt.

Einiges davon fing ja schon in meiner nassen Zeit an, mein Interesse an Philosopie, Yoga, Meditation, Entwicklung usw. war schon lange vorhanden und ich übte sporadisch in dem einen oder anderen Bereich, immer wieder massiv gestört bzw. zerstört von König Alkohol und vielerlei Drogen, was die ganze Sache letztendlich unmöglich machte.Versuch mal, mit’n dicken Kopp zu meditieren...

Nachdem ich zu Saufen/Turnen aufgehört hatte, wollte ich mir den ultimativen Kick im Praktizieren diverser Praktiken aus den unterschiedlichsten Bereichen und Traditionen verschaffen, war hier also ganz klar noch von meiner Suchtpersönlichkeit dominiert.

Der erste der mich ca. ein halbes Jahr nach Clean-Werden darauf hinwies, war ein Sufi-Lehrer der sich durch mein hochtrabendes Gelaber nicht irritieren ließ.

„Du hast noch nicht aufgehört“; sagte er - was ich natürlich nicht gleich kapierte, aber sehr bald eingestehen musste. Und dann begann eine sehr fruchtbare Zeit in der ich mit ihm zusammenarbeitete und er vieles von dem was ich übte, auf eine neue Grundlage stellte und mir half, Seiten an mir zu sehen, die ich entweder bloß vage geahnt oder ganz ausgeblendet hatte.Und so manches davon ging in Bereiche, die meine Genuss/Sucht-Persönlichkeit als seeehr unangenehm befand. Schließlich war ich ja zur Gänze den angenehmen Dingen des Lebens zugewandt, nicht wissend dass ich damit auch gleichzeitig die andere Waagschale füllte.

Damit das hier nicht endlos lang wird:
Die wertvollsten Methoden, die kennengelernt habe kommen aus dem Bereich Körperempfinden und Atembewußtheit.Es dauert zwar seine Zeit bis sich Ergebnisse einstellen (ich mache das seit ca viereinhalb Jahren täglich), aber es lohnt sich.
Welche Ergebnisse ?

Ich habe mich z.B. nie für ein Aufarbeiten der Vergangenheit geschert, nichts in der Richtung gemacht, von einer kurzzeitigen psychogischen ‚Beratung’ abgesehen.
Bei der Köperarbeit, die viel mit Entspannung, Loslassen etc zu tun hat, konnte (und kann) ich aber erleben, daß tiefere Schichten von Verspannungen fast immer mit einem Erlebnis aus der Vergangenheit zu tun haben. Was da alles hochkommt!
Am deutlichsten erlebte ich das bei einem Kurs in ‚Vipassana’ der über zehn Tage intensives Körperwahrnehmen enorm viel ‚Zeugs’ ins Bewusstsein brachte. Kennt das jemand, Vipassana ?
Kommt aus dem Buddhismus und könnte kurz ausgedrückt so formuliert werden : man wird zu seinem eigenen Tomographen.
Im Wahrnehmen des Körpers – und der ganze Tag besteht aus nichts anderem – erlebte ich eine Maximierung meiner Fähigkeit der Körper-Wahrnemung, die ich nie für möglich gehalten hätte.
Je tiefer ich hineinspürte, desto mehr ‚Zusammenhänge’ einzelner Verspannungen konnte ich erkennen – und auflösen (ist dasselbe) und stets kam etwas aus der Vergangenheit hoch. Andere Seminarteilnehmer erlebten ähnliches.

Atembewusstheit ist ebenfalls ein fruchtbares Feld. Auch da kann es zu interessanten Entdeckungen kommen. So fand ich z.B. dass jedesmal, wenn ich grade in den nutzlosen Kapriolen meines Denkens gefangen war, mein Atem stehengeblieben ist. Es gibt regelrechte Atemgewohnheiten, die mit typischen Denkmustern einhergehen.
Körperempfinden u. Atembwußtsein sind sehr praktisch und alltagsbezogen, für mich ein hervorragendes Mittel um im Augenblick präsent zu sein.
Das interessanteste im Alltag ist das Bewusstwerden bzw Erinnern meiner selbst in Augenblicken der Unaufmerksamkeit, also in Situationen in denen ich idenifiziert bin, z.B. in Geschehnisse die emotional aufgeladen sind - und dann zu mir komme, mich besinne. Alles rückt wieder an seinen angemessenen Platz.
Das macht richtig glücklich;

Aber das auch gewissenhafteste Üben ist nur eine Seite der Medaille – solange der Austausch mit anderen Menschen nicht stattfindet, bleibt das Resultat solchen Vorgehens oft eine fragwürdig Sache.

Ausserdem finde ich, sollten sich die Resultate des Übens im alltäglichen Tun und Umgang mit anderen zeigen - denn wenn ich die Auswirkungen im Alltag nicht sehe, welchen Wert hat das Ganze dann ?

Und da bin ich schon bei Punkt zwo: derzeit bin ich mit meinem Leben ganz gut zufrieden, mir geht alles recht leicht von der Hand. In dem neuen Job, den ich mache, habe ich viel mit Leuten (Kundschaft )zu tun, was recht konträr zu dem ist, was ich vorher beruflich gemacht habe.

Nun war ich zu nassen Zeiten seeehr introvertiert und kontaktscheu – mit Alk ein Teufelskreis hoch drei – sowas wie jetzt hätte mir den Angstschweiß auf die Stirn getrieben, ich wäre wohl nicht in der Lage dazu gewesen; also noch ein Merkmal einer Veränderung, die ich in diesen fünf Jahren vorangebracht habe (oder war es ein Sich-Entfalten-Lassen... :frage3

Zu guter Letzt fällt mir noch ne Sache ein, die zwar zu oben gehört aber was soll’s:

Ich bemerke ein Hilfestellung aus einem Bereich, den ich bislang kaum beachtet habe:
- mein nächtliches Träumen.Hier kommt beisweilen auf eine eindeutige und unmißverständliche Art und Weise ein Traum durch, der ein Thema darstellt, von dem ich im ersten Moment sage:

„Wieso kommt das jetzt ?!“

Aber es steht in seiner Symbolik so eindeutig und prägnant da, daß kaum was zu sagen bleibt.
Es i s t also wichtig; und mit der Zeit kann ich das dann nur bestätigen.

Es ist schon ne Weile her seit dem letzten Traum – naja, vielleicht ein Zeichen daß ich ganz gut aufräume;
- denn dies scheint kein absehbares Ende zu nehmen: das Aufräumen, tagtäglich.

OKI – denn wolln ma mal zu einem Ende kommen.

Ich wünsch Euch was.

Tschüssle

Randolf

"Lass das Wünschen und die vorsichtigen Berechnungen beiseite.
Was du am meisten fürchtest, ist bereits geschehen."


Ingmarie Offline




Beiträge: 3.832

10.09.2008 13:07
#2 RE: Take five Zitat · Antworten

Randolf:
Klasse Typ, Klasse Weg, Klasse Einstellung!

Liebe Grüße
INgMarie

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Einfach tun.
Der beste Zeitpunkt dafür: immer genau jetzt.


Greenery Offline




Beiträge: 5.854

10.09.2008 13:21
#3 RE: Take five Zitat · Antworten

Danke für diese Bestandsaufnahme

It is no measure of health to be well adjusted to a profoundly sick society.
J. Krishnamurti


Theo45 Offline




Beiträge: 1.963

10.09.2008 13:37
#4 RE: Take five Zitat · Antworten

Hi Randolf,
hui super , das liest sich einfach
weitere solche Jahre wünscht
Theo

Lebe den Tag und las den Tag dich leben.


Spieler Offline




Beiträge: 7.888

10.09.2008 13:43
#5 RE: Take five Zitat · Antworten

Hi Randolf,

dieser Beitrag ist richtig klasse.


genaro Offline




Beiträge: 5.488

10.09.2008 13:56
#6 RE: Take five Zitat · Antworten

Danke, Randolf.

Du wirst Dich wundern was man alles kann, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht. Juan Matus


vicco55 Offline




Beiträge: 2.649

10.09.2008 14:14
#7 RE: Take five Zitat · Antworten

Auch von mir meinen herzlichen Dank für den Beitrag und meine Gratulation zu den 5 Jahren.

Gruß
Viktor


RdTina Offline




Beiträge: 4.304

10.09.2008 14:33
#8 RE: Take five Zitat · Antworten

passend zur Überschrift.

Toller Beitrag von Dir, danke dafür.

LG, Tina

Alles im Leben hat seinen Sinn



Über die Steine, die ich mir HEUTE in den Weg lege, werde ich MORGEN stolpern


StellaLuna Offline




Beiträge: 3.580

10.09.2008 14:48
#9 RE: Take five Zitat · Antworten

Klasse Beitrag, danke dafür!

Lieben Gruss
Patricia

•✿•ڿڰۣ✿• J E T Z T •✿•ڿڰۣ✿•


Ruby Offline



Beiträge: 2.697

10.09.2008 16:34
#10 RE: Take five Zitat · Antworten

Randolf,
Klasse und Gratulation zu den Jahren.
Hört sich toll an was du schreibst. Genau so hab ich dich kennen gelernt und freue mich für dich.
Gruß Ruby

es sind die kleinen Dinge im Leben...


grufti Offline




Beiträge: 3.764

10.09.2008 17:49
#11 RE: Take five Zitat · Antworten

Hallo,

gratuliere dir von Herzen zu 5 trockenen Jahren!!!

Vieles geht mir ähnlich wie dir, auch wenn ich noch drei Jahre warten muss, bis ich so weit bin wie du.

Liebe Grüße vom Grufti!
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)


Faust Offline




Beiträge: 5.519

10.09.2008 18:00
#12 RE: Take five Zitat · Antworten

Sehr interessant und überaus erfreulich,
Dein Beitrag, Robert.

Alles Gute für Dich
Bernd

"Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. " (Bertrand Russell)


Adda Offline




Beiträge: 850

10.09.2008 20:26
#13 RE: Take five Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Randolf
Alles rückt wieder an seinen angemessenen Platz.
Das macht richtig glücklich;


Ich finds einfach klasse, solch eine - Deine - Entwicklung lesen zu dürfen.
Wünsch Dir auch was

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Lass Dich nicht gehen - geh selbst. (M. Bentrup)


Soulstorm ( gelöscht )
Beiträge:

10.09.2008 20:46
#14 RE: Take five Zitat · Antworten

Auch von mir die Besten Wünsche und meinen Respekt bezüglich deiner Taten.

Besonders interessant fand ich die Erwähnung deines Sufi Lehrers.

Alles Gute weiterhin

Soul


Randolf Offline




Beiträge: 1.176

10.09.2008 20:47
#15 RE: Take five Zitat · Antworten

Jooo,

dann sag ich mal Dankeschön für Eure Resonanz!

Man sieht sich (irgendwann wieder mal) hoffe ich...!!

Ciao

Robert

"Lass das Wünschen und die vorsichtigen Berechnungen beiseite.
Was du am meisten fürchtest, ist bereits geschehen."


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