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Saufnix  
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Dieses Thema hat 43 Antworten
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 Deine eigene Alkoholkarriere
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Lotte01 Offline




Beiträge: 514

19.11.2006 12:05
#16 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Heute beim lesen hier im Forum, wird mir wieder bewusst, wie sehr ich mich doch selbst während meiner Trinkerei belogen und betrogen habe. Mich und andere. Wie perfektioniert das schon war. Ich denke, ich war eine sehr gute Schauspielerin. Unglaublich viel Energie muss das gekostet haben. Über so viele Jahre hinweg einfach nicht die Wahrheit zur Kenntnis zu nehmen. Sie nicht sehen wollen oder können. Wie auch immer. Ich bin immer noch bestürzt darüber, wie ich mich selbst so schädigen konnte, mich und meine Bedürfnisse so sehr in den Hintergrund setzen konnte, damit ich immer genügend Trinkgründe hatte. Ich habe es nicht besser gewusst und deshalb nehme ich es mir nicht mehr übel. Mein Denken war wirklich so irrational.
Es ist interessant hier beim lesen, dass das bei allen Betroffenen ganz ähnlich abläuft. Ist so ein Muster erkennbar. Das ist eigentlich gut zu durchschauen und hilft mir, besser zu verstehen, wie meine Krankheit funktioniert. Nimmt mir auch die Angst, früher oder später nicht mehr mit ihr zurecht zu kommen.
Ein Thread hier trägt den Titel "es hat mich wieder erwischt" oder so ähnlich. Hört sich so an als wäre man dem Rückfall so ausgeliefert als würde man von einem Virus oder so erwischt werden. Etwas, wogegen man sich nicht wehren kann. Doch das stimmt nicht. Aber das muss einem wohl auch erstmal bewusst werden. Zum Anfang meiner Trockenheit dachte ich auch, dass es mich jederzeit wieder erwischen könnte. Hat mir schreckliche Angst gemacht dieses Denken. Aufpassen muss ich schon auf mich, doch es gibt keinen Grund geduckt und schüchtern auf die Gefahr Alkohol zu lauern, die plötzlich und unverhofft auf einem zukommt und einen von hinten packt.
Es ist gut mich zu erinnern, wie ich früher so viele Gründe zum Trinken gefunden hatte. Heute ist kein einziger mehr davon übrig. Das freut mich so sehr. Ich bin Alkoholikerin aber muss keinen Alkohol trinken. Gibt es etwas schöneres? Nein, für mich nicht.
Viele Probleme, die mich auch in meiner Vergangenheit belasteten sind immer noch da. Manchmal erdrücken sie mich fast. Dann könnte ich immer noch heulen und mir ist das Leben in solchen Situationen einfach viel zu anstrengend. Aber nicht mehr lange und dann kann ich mir bewusst machen, dass ich trotzdem deswegen nicht mehr trinken muss und fühle mich gleich viel wohler. Anfangs wollte ich solche schlechten Tage und Phasen schnell wieder vergessen, doch das mache ich heute auch nicht mehr. Weil ich dann die guten Tage erst wahrnehmen kann und mich freue, dass ich sie eben auch habe und unvernebelt genießen kann.
Warum schreibe ich das ausgerechnet heute auf? Es geht mir nicht besonders gut. Es ist nicht schlimm und es gibt keinen Grund zur Panik. Kommt gerade eine Menge bei mir zusammen. Mein Scheidungsverfahren kommt in die heiße Phase und entwickelt sich nun doch unmerklich zum Rosenkrieg. Beruflich gibt es Stress, den ich nicht beeinflussen kann und meine finanzielle Situation ist aufgrund von vielen Altlasten mehr als angespannt. Das sind jedoch alles Probleme, die andere gesunde Menschen auch haben. Allerdings bin ich nicht völlig gesund. Alkoholismus und Depressionen kann man nun auch nicht so einfach weg schieben und nicht zur Kenntnis nehmen. Beide Erkrankungen sind nun mal vorhanden und bestimmen mehr oder weniger mein Denken und meine Gefühle. Ich bin auch froh, dass ich es vollständig abgelegt habe, mir keine Hilfe zu holen. Nichts muss ich mehr allein schaffen! Gar nichts. Das genieße ich richtig. 42 Jahre lebte ich auch dem Wahn, alles allein schaffen zu müssen und habe es überhaupt nicht in Erwägung gezogen mir Hilfe zu holen und habe mich immer entsetzlich geschämt, wenn ich dann doch mal welche brauchte. Wie ich mich selbst dabei ausgebeutet und immer mehr zerstört habe. Unglaublich rückwirkend betrachtet. Aber ist schon in Ordnung, gehört zu meinem Krankheitsbild und ich kann selbst bestimmen, ob ich das wieder zu lassen möchte.
Wie schrieb ich oben, es geht mir nicht besonders gut. Aber auch nicht besonders schlecht. Also es geht mir gut, auch wenn nicht alles gut ist.
Ich finde November blöd. Gehe trotzdem jetzt raus und suche nach dem schönen am Herbst. Bin sicher, dass ich was finde.


Legola0903 Offline



Beiträge: 45

19.11.2006 12:46
#17 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Hallo Lotte,

du hast es ganz schön schwer. Mit dem Trinken aufzuhören ist ja schon ne Riesenleistung. Aber dann zusätzlich noch eine Depression verkraften und eine Trennung vollziehen - sauschwer. Letzteres hab ich auch erlebt und fand es schon kaum zum aushalten. Bitte, pass gut auf dich auf und hol dir soviel Unterstützung wie du nur kriegen kannst. Ich hoffe, du hast ein paar gute Freunde um dich herum, bei denen du jederzeit deinem Herzen Luft verschaffen kannst. Das hat mir damals am besten geholfen. Reden, reden, reden - und der andere muss gar nicht viel tun, nur zuhören.
Ich wünsch dir heute eine schönen Tag und weiterhin viel Kraft. Und denk dran: Nichts ist für die Ewigkeit (sagen die Toten Hosen), irgendwann ist die schwere Zeit vorbei. Ich wünsche dir von ganzen herzen, dass es nicht mehr so lange dauert.

Liebe Grüße

Legola


polar Offline




Beiträge: 5.749

19.11.2006 12:49
#18 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

hallo lotte,

ich bin immer wieder beeindruckt von deinen beiträgen, resp. der art wie du mit deiner sauferei und deiner depression umgehst.
mir hilft das sehr viel.

viel erfolg beim suchen im herbst.

LG

rolf


RdTina Offline




Beiträge: 4.304

19.11.2006 13:26
#19 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Hallo Lotte,
habe Deinen Beitrag mit viel Interesse gelesen und fühlte mich von einigen Dingen sehr angesprochen. Es imponiert mir, wie Du Deine Alkoholabhängigkeit akzeptierst und damit umgehst. Auch für mich ist diese Jahreszeit eher unangenehm und weckt in mir Erinnerungen an meine Saufzeit. Mit den trüben Monaten kamen auch meine trüben Gedanken und zwangsweise auch eine Steigerung meines Konsums.
Ich finde es toll, daß Du uns Deine momentanen Gefühle so offen erklärst.
Das mit dem "Herbst suchen" ist eine super Idee. Werde es Dir gleich mit unserem Hund nachmachen. Haben den Wald direkt vor der Haustür.
Lieben Gruß noch
Tina


Falballa Offline




Beiträge: 3.722

19.11.2006 13:33
#20 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Hallo Lotte

auch mich beeindrucken deine Beiträge sehr.
Ich lese sie immer gerne,weil so gerade und klar ausgedrückt.

November, mag ich auch überhaupt nicht. Komm lass uns einen Verein gründen und diesen Monat abschaffen.
Ach nee , die Geburtstagskinder.

Dieses Jahr ist es mein erster November seit langer Zeit, der mich nicht in eine Stimmung versetzt und schon gar nicht eine Depri heraufbeschört,darüber bin ich sehr froh und dankbar.
Habe ich mich doch auch mal in einer ähnlichen Situation befunden
wie du.

Dazu ist mir was eingefallen, weiß gar nicht mehr von wem es ist,leider, weiss nur....so ist es.

Die Depression ist gleich einer Dame in schwarz.
Tritt sie auf, so weise sie nicht weg,sondern bitte sie als Gast an den Tisch und höre zu, was sie zu sagen hat.

Ich wünsche dir, dass du fündig wirst.
Der November ist auch bald vorbei.

Gruss von
Falballa


Adebar Offline




Beiträge: 2.529

19.11.2006 13:40
#21 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Hallo Lotte!

Du bist eine unglaublich tolle Frau !
Mußte ich einfach mal loswerden.

Ich wünsche Dir, daß Du aus diesem Tal schnell wieder herauskommst!

Liebe Grüße
Inge


felidaela Offline




Beiträge: 796

19.11.2006 14:03
#22 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Liebe Lotte,

anfangs hielt ich dein Selbstbewusstsein für unecht. Du hattest Beiträge geschrieben, dich aber noch nicht vorgestellt, oder ich hatte die Vorstellung erst später gelesen.....

Inzwischen kann ich alles gut verstehen, was du schreibst, heißt also: nachempfinden. Hört sich gut an, fühle in vielem ähnlich.

Scheidung? Hast du nicht den besten Mann an deiner Seite?
Oder ist der Beste ein neuer Partner?

Alles Gute weiterhin.


Lotte01 Offline




Beiträge: 514

19.11.2006 17:24
#23 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Hallo,

bin ganz durcheinander. Hab gar nicht mit Lob und Anerkennung gerechnet und muss feststellen, dass es sich immer noch ungewohnt anfühlt, das zuzulassen und zu akzeptieren. Kritik nehme ich noch immer ernster.

Ja, ich habe den besten Mann der Welt an meiner Seite. Allerdings erst seit 6 Monaten. Davor gab es 10 Monate gar keinen. Von meinem Mann habe ich mich während meiner Entgiftung getrennt, jetzt läuft die Scheidung. Ich will nämlich wieder heiraten und er ist sauer darüber. Deshalb macht er auch die Schwierigkeiten bei der Scheidung.

Den besten Mann der Welt kann ich leider noch nicht täglich um mich haben. Wir werden im Frühjahr zusammen ziehen.

Liebe Legola, Du schreibst ich habe es ganz schön schwer. Seltsam, dass ist mir aber gar nicht so bewusst. Ich fand die Zeit als ich noch getrunken habe viel schwerer. Praktisch mache ich seit meinem ersten trockenen Tag bis heute Therapie. Begann in der Entgiftungsklinik, während der stationären Langzeit und dann die noch andauernde Einzeltherapie. Ich empfand das nicht mehr trinken auch nicht als schwer. Früher schon, als ich immer versuchte allein damit klar zu kommen, weil ich dachte ich habe es nicht nötig mir Hilfe dabei zu gönnen.

Mein Leben ist bei allen Schwierigkeiten trotzdem viel schöner und endlich lebenswert geworden.

Ich bin optimistisch und blicke zuversichtlich in die Zukunft.

@felidaela, Danke für Deine offenen Worte. Ich musste ganz
schön schlucken, aber ich freue mich doch sehr darüber, dass Dein erster Eindruck nun doch nicht mehr Bestand hat.

@Inge, Falballa, Tina und Rolf. Danke schön. Ich freue mich sehr.


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

19.11.2006 19:13
#24 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

hall Lotte,
"Kritik nehme ich noch immer ernster."
// Siehste! stimmt nämlich gar nicht. Kritik ist für mich zunächst wertfrei. Genauso wie ich auch positiv erschütetrt sein kann. Aber bei negativer Kritik - also doch wertend - da sind wir drauf geeicht, nach dem Prinzip der Anschiß lauert überall. Doch sich selber positiv zu sehen (also an der in echt positiven Stelle), und das auch noch formulieren zu können, da haben wir in der ersten Zeit noch Mangel. Aber gebt Freude wenn auch das besser und besser wird.
Und Schwierigkeiten machen wegen Scheidung geht bloß 12 Monate Trennung. Danach kann er bei der Scheidungsveranstaltung gerne nein sagen, geschieden wird dann trotzdem. na wäre ja auch noch schöner, Gruß Max


Lotte01 Offline




Beiträge: 514

19.11.2006 19:36
#25 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

@ falballa,

Zitat
Die Depression ist gleich einer Dame in schwarz.
Tritt sie auf, so weise sie nicht weg,sondern bitte sie als Gast an den Tisch und höre zu, was sie zu sagen hat.



Über diese Sätze habe ich nun eine ganze Weile nachgedacht. Sie gefallen mir so!

Ja, das ist. Ich habe das schon vor einiger Zeit verstanden, eine Depression muss man nicht einfach aushalten! Nein, sie kommt und sie hat einem einiges zu sagen. Das ist so wahr! Es ist nicht schlimm ihr zuzuhören. Schlimm ist nur, wenn man denkt sie aushalten zu müssen.

Die schwarze Dame geht auch wieder. Aber man braucht sich auch nichts vormachen, sie kommt wieder. Vielleicht nicht so häufig und bleibt auch nicht mehr für länger. Doch wiederkommen wird sie. Doch man muss keine Angst vor ihr haben. Die Besuche sind nicht angenehm, doch lehrreich.

Wer jetzt denkt, was schreibt die denn da für ein blödes Zeug, geschenkt. Ist mir wirklich egal.

Danke falballa!

[ Editiert von Lotte01 am 19.11.06 19:50 ]


Juma63 Offline




Beiträge: 2.638

19.11.2006 20:28
#26 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Hallo Lotte!

Als ich erkannte, dass die Depressionen kommen und gehen wie Wellen auf dem Ozean, machten sie mir nicht mehr ganz so viel Angst.

Wenn ich merke, dass es losgeht, befinde ich mich noch gerade eben auf dem Kamm der Welle. Dann geht es ins Wellental, das geht manchmal rasant und manchmal etwas langsamer. Die Aufenthaltsdauer im Tal ist unterschiedlich lang und es kommt wirklich auf mich an, ob es schnell wieder aufwärts geht oder ob es zur Flaute zwischen zwei Wellen kommt.

Ich habe festgestellt, wenn ich mich von den Wellen treiben lasse, dass heißt für mich, nicht gegen den Strom zu schwimmen, dann geht es schneller vorbei. Also annehmen und hinschauen oder wie in dem Beispiel von falballa, die schwarze Dame an den Tisch bitten.

Und wenn ich dann noch ein wenig mitschwimme, also nicht dagegen steuere, dann komme ich wirklich schneller aus dem Tal nach oben, mit Aktion die Depression be-und verarbeiten, das ist seit einiger Zeit mein Motto, wenn die Welle kommt.

Ein verheerender Tsunami ist Gott sei Dank seit dem nicht mehr vorbeigekommen.

Lieben Gruß

Sabine


Falballa Offline




Beiträge: 3.722

19.11.2006 22:46
#27 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Lotte,

hast überhaupt kein blödes Zeug geschrieben.

Aber man braucht sich auch nichts vormachen, sie kommt wieder. Vielleicht nicht so häufig und bleibt auch nicht mehr für länger. Doch wiederkommen wird sie. .............oder auch nicht.

Irgendwann sieht sie ein , dass ihr Besuch nicht mehr wichtig ist. Bei mir war sie schon über 10 Jahre nicht zu Besuch und ich verändere mich immer noch, damit sie nie wieder kommen muss.

Alles Gute für dich
von Manuela


Hermine 2 Offline




Beiträge: 3.177

20.11.2006 01:36
#28 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Moin liebe Lotte,
ich ticke ähnlich, deshalb wohl bringt dein thread hier etwas in mir zum klingen.
Z.b. dieser november. Selbst wenn der tag vorwiegend grau ist, so emfinde ich doch immer ein leuchten, ( liest sich das heidekitschigromanabteilungsmäßig.......) wenn ich in die nature schaue. Das licht um diese jahreszeit ist ein ganz besonderes. Fällt mir dieses jahr zum ersten mal ganz bewusst auf.

Beim lesen deiner beiträge spüre ich, wieviel sich für mich verändert hat, seit ich nüchtern mein leben lebe.
Egal was auch sein mag, hoffnungslos war ich die letzten drei jahre meines saufens, heute gibt es das nicht mehr für mich. Irgendwas ist oder geht immer. Ich denke ja im grunde ist der trick einfach nur, die verantwortung für mein leben übernommen zu haben und mich pfleglich zu behandeln. Alles andere ergibt sich daraus. Diese selbstverantwortung und den pfleglichen umgang mit dir selbst, lese ich in deinen beiträgen. Gefällt mir ausgesprochen gut! Was ja logisch ist.........

Darf ich fragen, warum du so fix wieder heiraten magst?
Wenn nicht, kein thema das.

Lieben gruss und weiterhin nur das beste dir gewünscht
Esther


Lotte01 Offline




Beiträge: 514

20.11.2006 06:15
#29 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Liebe Esther,

Zitat
der trick einfach nur, die verantwortung für mein leben übernommen zu haben und mich pfleglich zu behandeln. Alles andere ergibt sich daraus.



Ja, das denke ich mir auch. Seit ich trocken bin, habe ich soviel in meinem Leben verändert. Wenn ich das in Gedanken mal durchgehe, ist das schon gewaltig. Aber es war tatsächlich irgendwie ein Selbstläufer. Ich habe mir zu keinem Zeitpunkt eine Liste gemacht, so nach dem Motto das musst machen und jenes. Ich habe nur bei allen Entscheidungen die ich getroffen habe darauf geachtet, mich in den Mittelpunkt meiner Betrachtungen zu stellen. Was tut mir gut? Diese Frage stand im Mittelpunkt und plötzlich waren Dinge, die mir früher völlig unmöglich erschienen, selbstverständlich. Und nicht eine Minute musste ich diese Entscheidungen bereuen. Mein Bauchgefühl hat mir dabei geholfen. Es sagt mir schon, was richtig und gut für mich ist.

@Liebe Manuela, stimmt natürlich kann es sein, dass die schwarze Dame gar nicht mehr kommt.
Ich kann es mir allerdings für mein Leben immer noch nicht vorstellen, dass es so sein könnte. Ihre Besuche gehören für mich so selbstverständlich zum Leben dazu. Deshalb bin ich aber nicht hoffnungslos. Es ist in Ordnung.


Lotte01 Offline




Beiträge: 514

21.11.2006 05:49
#30 RE: Ich bin Lotte Zitat · Antworten

Ist eine ganz schöne Quälerei im Moment für mich. Läuft irgendwie gar nichts rund. Werde mal heute meine Therapeutin anrufen und sehen ob ich diese Woche noch einen Termin bekomme. Hab sie 4 Wochen nicht gesehen. Das schlimmste an Depris ist ja nicht, dass man mal ein paar Tage nicht gut drauf ist, sondern diese Selbstzweifel, die sich unmerklich wieder in die Gedanken einschleichen. Fällt mir schwer, meine Gedanken zu sortieren. Kennt einer von Euch das Gefühl, dass man so völlig im Kopf mit Problemen überläuft, dass einem richtig schwindlig wird und überhaupt nicht mehr in der Lage ist, dies alles irgendwie zu sortieren? Kann dann auch gar nicht darüber reden, weil ich den Anfang nicht finde. Bin dann einfach nur froh, wenn mein Freund mich dann in den Arm nimmt. Ich versuche gelassen zu bleiben, mich nicht unter Druck zu setzen. Einen Schritt nach dem anderen. Nur nicht zu schnell!
Diese Dunkelheit bekommt mir überhaupt nicht. War schon immer so. War im Winter auch früher immer mehr Rotwein als in den Sommermonaten. Doch das ziehe ich für mich heute überhaupt nicht mehr in Betracht. Darüber kann ich mich wirklich freuen, trotz Depris. Hab richtig Sehnsucht nach Sonne und blauen Himmel. Ich habe schon hin und her gerechnet, doch es bleibt kein Geld übrig für eine Woche im Süden. Kann ich nicht ändern, werde auch einen Weg finden, den Winter ohne Schaden zu nehmen zu überstehen. Morgens werde ich ab 3.00 Uhr wach und stehe dann um 4.00 Uhr auf. Hab noch Zeit bis ich zur Arbeit muss. Erst gegen 8.00 Uhr. Lust habe ich überhaupt nicht, obwohl mir mein Job eigentlich viel Freude macht. Jetzt taucht wieder die Frage auf, warum ich das alles aufschreibe. Hab einfach nur das Gefühl, es tut mir gut und wem es hier stört, muss es ja nicht lesen. Ich fühle mich sehr wohl hier an Board. Viele von Euch sind mir sehr nah mit ihren Gedanken. Das tröstet irgendwie. Und dann noch die Gewissheit, einigen geht es ganz ähnlich wie mir. Weihnachten naht auch. Ach wenn das nur schon vorbei wäre. Noch vor einer Woche habe ich mich darüber gefreut, dachte mir, diesmal machst Du es mal anders und vor allem ohne Deine Mutter. Doch da sind sie die Selbstzweifel. Ich kann sie doch nicht allein Weihnachten in ihrer Wohnung krank sitzen lassen. Sie hat Krebs, doch ich bin nicht in der Lage sie zu besuchen. Hab sie drei Monate nicht mehr gesehen, obwohl sie nur ein paar Straßen weiter wohnt. Es ist mir nicht möglich, sie zu ertragen. In den letzten Monaten sind so viele Erinnerungen aus meiner Kindheit aufgetaucht. Über viele Jahrzehnte habe ich sie verdrängt, jetzt kommen sie ins Bewusstsein. Wie lernte ich in der Therapie, mein Unterbewusstsein gibt sie jetzt frei, weil ich erst jetzt in der Lage bin, mit ihnen umzugehen, ohne selbst Schaden zu nehmen. Was aber nicht gleichbedeutend damit ist, auch mit ihnen schon richtig gut umgehen zu können. Dann bin ich wütend, traurig und so maßlos enttäuscht. Darauf habe ich ein Recht und das ist auch in Ordnung. Traurigkeit und Wut, die schon bestehen, seit ich ein Kind war, aber nicht rauslassen durfte/konnte können dann ganz schön gewaltig werden, wenn sie sich einen Weg nach draußen bahnen. Hat schon was, von Vulkanausbruch. Wenn es dann vorbei ist, ist es aber auch gut. Jetzt muss ich doch weinen, weiß gar nicht genau warum. Hab es nicht leicht gehabt im Leben. Inzwischen staune ich selbst, was ich alles aushalten musste, wie viele Narben auf meiner Seele zurückblieben, doch mein Rückgrat nicht zerbrochen ist. Nein, ich werde eine schöne Zukunft haben. Ist alles nicht so leicht im Moment, doch es wird wieder werden. Hab einen Mann der mich liebt und den ich lieben kann. Ist auch schön endlich wirklich lieben zu können. Bedingungslos, ohne Angst vor der Nähe. Das war überhaupt nicht selbstverständlich für mich, lieben zu können. Wenn ich früher dachte zu lieben, war es tatsächlich nur die Angst vor der Einsamkeit, dem Alleinsein. Damit habe ich mir großen Schaden zugefügt. Hab einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Hab psychische und sexuelle Gewalt selbstverständlich ertragen, nur aus Angst, verlassen zu werden. Meine Ehe war eine Hölle und noch heute, wenn ich mit meinem Mann am Telefon reden muss, wegen unserem gemeinsamen Sohn, bleibt mir fast die Luft weg und jedes Wort fällt mir schwer, weil der Schmerz noch so groß ist. Schwer zu ertragen ist für mich, dass mein Sohn seinen Vater so sehr liebt. Sein Vater ist wichtig für ihn und ich will ihm ihn auch nicht nehmen. Allerdings muss ich deswegen auch den Kontakt wenigstens auf ein Minimum aufrecht erhalten. Nun werde ich aber aufhören. Mal sehen, was ich mir jetzt gutes tun kann. Hab noch Zeit, also ausgiebig duschen. Nehme das gute, teure Duschbad, werde mich hübsch schminken und was schönes anziehen. Brötchen holen und mit meiner Familie schön frühstücken. Der Tag geht auch vorbei. Und nachher wird es wenigstens für ein paar Stunden hell. Vielleicht habe ich Glück und meine Stadt wird nicht ganz so grau aussehen, wie gestern.
Macht es Euch auch alle so schön wie nur möglich.


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