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Saufnix  
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Dieses Thema hat 11 Antworten
und wurde 908 mal aufgerufen
 Ganz, ganz viele Fragen
Depri Offline



Beiträge: 1.848

07.03.2005 18:56
RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Habt ihr euch schon mal die Frage gestellt, warum habe ich eigentlich jahrelang gesoffen? Heute kommt es mir so vor wie eine saudämliche Angewohnheit. Alles was ich anfasse, und sei es noch so stressig, gelingt mir doch auch ohne. Und dazu noch viel besser. Warum tut man sich das dann an, immer und immer wieder. Wieso konnte ich nicht aussteigen. Was ist das, was einen so am Alkohol hängen lässt. Ich fühle mich so frei, so unbeschwert ohne dieses Zeug. Wieso ist man so furchtbar süchtig gewesen??????????


Powerlady Offline




Beiträge: 179

07.03.2005 19:31
#2 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Hallo Depri,

ich kann von mir sagen, dass ich mich nicht der realen Welt stellen wollte. Ich habe in einer Traumwelt gelebt und mich dort auch sehr lange wohl gefühlt.

Erst als ich immer weiter abdriftete bin ich aufgewacht. Heute fühle ich mich in der realen Welt sehr wohl. Ich bin dankbar, dass ich noch rechtzeitig aufwachen durfte. Ich brauche keinen Alkohol mehr. Ich kann jetzt alles mit klaren Augen sehen und meine Ziele erreichen.

Marlies


Depri Offline



Beiträge: 1.848

07.03.2005 19:50
#3 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Ja, wie ein schlechter Traum, wie ein Alb, der nicht loslässt. Und dann schreit man ganz laut und ist draussen.


t-Gast ( gelöscht )
Beiträge:

07.03.2005 19:52
#4 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Weil dir diese Erfahrung noch gefehlt hat,
liebe Depri

weil dir diese Erfahrung noch gefehlt hat.



t-Gast


Aquamann ( gelöscht )
Beiträge:

07.03.2005 20:04
#5 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

@ Marlies: Das mit der Traumwelt hast du wunderbar formuliert. Ja, Flucht vor der Realität, das war es bei mir auch, aber man kann sie letztlich doch nicht abstellen; das Wissen um den ganzen Müll bleibt irgendwo bestehen. Du hast meine Bewunderung, wenn du sagst, dass du dich jetzt in der Realität wohlfühst; bei mir ist sie der Hauptgrund, warum ich mich nach dem Zeug sehne (wichtigster Nebengrund: mir schmeckt das Zeug leider viel zu gut, aber jetzt habe ich schon 6 Wochen geschafft, also weiter geht's).


malo Offline




Beiträge: 1.797

07.03.2005 21:03
#6 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

hallo depri,

die warumfrage hab ich mir vor allem zum ende in meiner
nassen zeit gestellt.mir ging es nicht in den schädel wel-
che gründe mich in meine sucht getrieben haben.

ich dachte an meine frau und meine tochter die ich beide
sehr liebe,und auch an meinem job gab es wirklich nichts
zu meckern.trotzdem soff ich immer weiter obwohl ich wusste,
dass irgendwann alles den bach runtergehn würde.

erst ein schuss vor dem bug auf arbeit brachte mich dazu die
reissleine zu ziehen und dem warum mit hilfe einer thera-
pie auf den grund zu gehen.

doch pustekuchen auch dort bin ich der antwort auf
das warum nicht wirklich näher gekommen.

aber ich hab mit hilfe des therapeuten und auch der mitpa-
tienten gelernt,mich selbst zu entdecken und vor allem zu
verstehen.

vielen dingen in meinem leben hätte ich im nachhinein die
schuld an meiner sucht in die schuhe schieben können,aber
das wäre nur die halbe wahrheit -wenn überhaupt- gewesen.

mein leben ist nun mal so gelaufen wie es ist und das kann
ich nicht mehr ändern.

ich kann heute nüchtern aber wieder entscheiden was ich
will oder nicht,und dabei ist mir das warum mittlerweile
sche...egal geworden.

lg malo


Adebar Offline




Beiträge: 2.529

07.03.2005 23:18
#7 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Hallo Depri!

Das ich süchtig war,habe ich leider erst viel zu spät erkannt oder erkennen wollen.
Das war zu dem Zeitpunkt,als ich merkte,dass ich den Alkohol brauche wie die Luft zum Leben.Wo ich die kleinsten Verrichtungen nicht mehr hinbekam ohne den Sprit.
Vorm Frühstück schon zwei Tässchen Sekt,damit ich den Kaffee nicht verschüttete.
Wo die Frage gar nicht mehr existierte,ob ich das will oder nicht.Mein Körper hat geschrien nach Alkohol!!!
Hab jetzt Gänsehaut beim Schreiben bekommen!

Du hast recht,Depri!Heute stelle ich mir die Frage auch,und zwar täglich!!!

Nie wieder möchte ich dieses Teufelszeug konsumieren.Ich hoffe,dass mir das gelingt.

Das Leben ist viel zu schön OHNE!

LG
AdeBar


Saftnase Offline




Beiträge: 1.206

08.03.2005 01:10
#8 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Hallo Depri,

diese Frage habe ich mir auch gestellt. Ich hatte mir mal eingebildet,dass ich zum Suff kam, wie die Jungfrau zum Kind. Aber das stimmt nicht. Die Wirkung des Alkohol hatte mich überzeugt und in eine Traumwelt versetzt, die ich real nicht leben durfte/konnte, weil sie gegen meine Erziehung war.
Irgendwann konnte ich nicht mehr selbst entscheiden, wann ich trinken wollte und wieviel, sondern der Alkohol bestimmte den Zeitpunkt und die Menge. Ein fataler, unbemerkt nahtloser Übergang.
Manchmal denke ich, dass ich diese bittere Erfahrung machen musste, um fähig zu werden überhaupt mal eine Entscheidung für mich zu treffen. Nämlich leben oder sterben.
Gleichzeitig ärgere ich mich manchmal, dass ich solange gebraucht habe, um diese Erleuchtung zu bekommen und dass mein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl so klein waren, um mich jahrzehntelang zu übersehen, aber dafür andere und deren Wohl meistens im Auge behielt. Ich weiss, dass ich in einem Erziehungsnetz gefangen war, von dem ich mich hätte befreien müssen, anstatt mich in eine weitere Gefangenschaft zu trinken. Erziehung hin oder her, das Glas habe ich gegriffen, keiner hat`s mir gereicht. Diese Schuld liegt ganz allein bei mir, aber ich gebe mir nicht die Schuld, dass ich die Zeichen der Sucht nicht erkannte, sondern dass ich die Zeichen nicht mit Sucht in Verbindung brachte.Ich seh`s auch nicht als dumme Angewohnheit, sondern als ursprüngliches Ausprobieren oder Nachmachen von gesellschaftlichem Vormachen. (Deshalb bin ich heute auch ein ganz besonders kritischer Beobachter der Werbung. Wie da unbemerkt Schuldgefühle vermittelt werden, um die Leute zum Konsum zu bewegen ist einfach schauderhaft) Ich wusste damals auch nicht, dass Alkoholismus die Krankheit ist, die einem einredet, dass man sie nicht hat. Das macht die Betroffenen ja so gefährlich gleichgültig im Umgang mit Alkohol. Wer sich für gesund hält, macht sich keine Gedanken und der Kater ist fast schon selbstverständlich und nix besonderes.

Aber es nützt nix, die Vergangenheit ist vorbei und das erlebte Elend der Sucht ist mir Warnung genug.
Ich bin dankbar, dass ich heute keinen Alkohol mehr
brauche und zustimmen kann: Freiheit beginnt da, wo
Sucht endet.


LG Laila


Hermine 2 Offline




Beiträge: 3.177

08.03.2005 02:24
#9 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Wow Laila!
Bin tieft bewegt von diesen blick in den "suchtspiegel"!
Dank dir dafür
Mit ganz lieben grüßen
Hermine

URL=http://www.imageshack.us][/URL]


Powerlady Offline




Beiträge: 179

08.03.2005 06:29
#10 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Danke Laila,

Du hast es auf den Punkt gebracht. Danke dafür.

Liebe Grüße
Marlies


minitiger2 ( gelöscht )
Beiträge:

08.03.2005 09:00
#11 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

Hi,

ich mein die Unlust auf die Realität und die Angst davor, einfach zu sein wie ich bin ist höchstens die halbe Wahrheit. Zumindest was mich betrifft. Da war schon meine ausgeprägt anarchistisch-rebellische Ader dagegen, die ich früher so gut hatte wie heute.
Mangel an Selbstbewusstsein hatte ich nur teilweise und ich war auch nicht unfähig, sobald ich meine Lustlosigkeit auch nur ansatzweise überwunden hatte..

Das was ich jetzt schreib könnte auch die Antwort auf Thebes Beitrag "Einsamkeit durch Abstinenz" sein.

Ich bin in einer Trinkerkultur aufgewachsen. Das heisst, Trinken an sich war erst mal gut , nur so haltlose Gestalten die sich gar nicht beherrschen konnten waren schlecht.
Ich hab so eine relativ kritiklose Einstellung zum Alkohol an sich aus meiner ganzen Umgebung übernonmmen, denn was anderes gab es da nicht, und auch mein ganzer jugendlicher Freundeskreis hat nix anderes getan. Und meine ersten Erfahrungen waren einfach auch positiv. Es war eine tolles Feeling, angedüdelt zu sein, und man war ja wer wenn man einen draufmachen konnte und trotzdem nicht als Betrunkener aufgefallen ist.
Es gab sogar ne Menge Frauen die einen Kerl gut fanden, der einen Stiefel voll vertragen hat. Solang er auch nüchterne Zeiten hatte, in denen man auch was anderes mit ihm anfangen konnte.

Diese Welt war REAL und man hatte Vorteile in dieser Welt, wenn man mitspielen konnte. Es war nicht nur die eigene Einbildung. Selbst meine heutige Lebensgefährtin wollte ja lieber den Freak als irgendeinen gewöhnlichen Langweiler...was zu Zeiten schon genug Zündstoff geliefert hat als es ihr zuviel wurde mit meinen Eskapaden. Aber erst musste ICH soweit sein..

Das ist der Punkt mit der Einsamkeit - bei meinen früheren Freunden gehört trinken halt dazu so wie es bei mir dazugehört hat. Und wenn da einer nicht trinkt ist er halt ein anderer, eine seltsame Gestalt. Und auch hier auf dem Land wo wir hingezogen sind tu ich mir schwer mit der Vorstellung irgendwo hinzugehen wo dann Prost und Halligalli zum Gemeinschaftsgefühl dazugehört.

Ich hab mich die allerlängste Zeit gar nicht als abhängig erlebt. Die Zuordnung meines früheren Verhaltens zur Abhängigkeitsentwicklung treff ich erst rückwirkend vom trockenen Standpunkt aus.

Es ging mir viele Jahre - bis kurz vor Schluss - nur drum, die Kontrolle soweit zu behalten, daß ich trinken konnte ohne weiter abzustürzen. Der Übergang, daß ich das überhaupt nicht mehr aus Spass gemacht hab sondern zwanghaft, der kam mehr oder weniger unmerklich, und war erst in meinem letzen Trink-Jahr so richtig deutlich daß es mir auch aufgefallen ist..

Jedenfalls mach ich mir da heute keine grossen Vorwürfe. Ich ärgere mich zwar manchmal schon, daß ich manches im Leben vermasselt habe. Aber das hätte anders auch passieren können, und ich hab das Thema Alkoholismus ja auch angepackt, sobald es mir in seiner Tragweite bezüglich meiner Lebenszufriedenheit bewusst wurde. Dieses Bewusstsein hätte ich früher aber nicht erzwingen können, also hab ich diesbezüglich auch meinen Frieden mit mir geschlossen.

der minitiger


Max mX Offline




Beiträge: 5.878

08.03.2005 09:13
#12 RE: Ich verstehe es nicht Zitat · Antworten

hallo Laila,
danke für deinen (wie meistens) nächtlichen Beitrag. Kann ich voll unterschreiben. Diese sogenannte "Erziehung" war auch bei mir eher eine Dressur. Sie hatte zunächst zu mehreren Neurosen geführt (wie mir Jahrzehnte später erst klar wurde), also stottern, nicht aufstehen können, unbestimmte Ängste, Selbstwertgefühl = Null, von permanenten Magenschmerzen ganz abgesehen.
Und dann stand ich da, lieb und schlau und bereit und dennoch ohne feste Grundlage. Das ging so bis ich 20 Jahre alt war. Bis dahin trank ich kaum Alkohol. Dann andere Stadt, Studium, alle Chemiker trinken Bier usw. In Wahrheit habe ich vermutlich alle meine Neurosen in Alkoholismus umgewandelt, d.h. sie mir unter Sprit weggesoffen. Also genau wie du "nicht wie die Jungfrau zum Kind gekommen".
Mensch wenn man dieses alles vorher gewusst hätte. Hatten wir aber nicht.
ich hoffe wir sehen uns beim Treff, Max


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