das was Du da jetzt empfindest,kann man mit einem Wort zusammenfassen:
ANGST.
Da kommt ne Menge Neues auf Dich zu und das überfordert ungemein. Von daher auch der Gedanke an Alk:verkriechen,Schotten dicht,gar nicht mehr denken,und vor allen Dingen nichts verändern Aber keine Sorge,auch Du wirst das schaffen.
Lass es einfach werden und beobachte und vor allen Dingen,lass Dich einfach überraschen. Du wirst Dich wundern,zu welche geistigen Höchstleistungen man fähig sein kann,wenn man im Hirn ein Vacuum geschaffen hat.
Und wenn gar nichts mehr geht,leg Dich in's Bett und zieh Dir die Decke über den Kopf und sei es nur für eine halbe Stunde. Das hilft ungemein,um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
nein, deine Schilderung empfinde ich genauso, und das Kind in mir möchte nun mal jeden Tag genauso leicht und locker mit der Trockenheit umgehen, eben jeden Tag und bitteschön keine Holpersteine im Weg sehen. Ich stelle übrigens sehr viel Kindliches an mir fest, manchmal könnte ich so richtig trotzig auf den Boden stampfen und rufen "ICH WILL!!!" Tja, heute bin ich eben wieder etwas erfahrungsreicher geworden und mir hat deine Geschichte, wie jeder Kommentar hier, sehr gut getan und ich bin wieder viel zufriedener, der Tag ist nun rum und ich werde sehen, was mir Morgen geschenkt wird, oder welche Aufgaben sich mir auftun. Bei all dem ist es dennoch spannend, wohin der Weg und das Aufarbeiten der letzten Jahre hinführt.
ja, "Nix verändern" und "Schotten dicht machen" hat schon was mit Angst zu tun und ist bequem. Ich bin dabei mir kleine Auszeiten zu nehmen, wenn mein Mann mich derweil unterstützt. Das ist für mich wirklich ein Lernprozeß, meine ich doch, ohne mich läuft das nicht so gut und die Kinder vermissen meine Anwesenheit, dabei läuft der Laden hier viel ruhiger, wenn ich mich mal etwas rausziehe, vor Allem tut mir diese Auszeit wirklich gut. Irgendwie stoße ich auf immer mehr Neuigkeiten, zumindet überdenkenswerte Dinge...
Patricia, ich denke, das ist jetzt der Punkt, wo man lernen muß, sich selbst auszuhalten. Wenn meine Tochter Langeweile hat, dann verdamme ich sie wohl oder übel auch dazu, diese Langeweile auszuhalten. Ich werde deswegen nicht die Glotze anmachen, damit das Kind unterhalten wird. Ich schicke sie bewußt in ihr Zimmer. Entweder sie langweilt sich weiter und starrt vor sich hin -oder, was meistens der Fall ist, sie findet irgendwas, wo sie sich mit beschäftigt. Ich selbst habe meine Langeweile jahrelang mit Alkohol bekämpft. Wollte lieber irgendwo auf Wolke 37 sitzen, als mir selbst auf den Sender zu gehen. Wenn man aber dieses leere Gefühl aussitzt - man muß sich auch nicht krampfhaft mit irgendwas beschäfitgen - dann macht einen das über kurz oder lang stärker. Wenn es bei mir mal wieder soweit ist, dann gucke ich eben Löcher in die Luft - na und? Ich habe mittlerweile die Gewißheit, daß sich dieser Zustand ganz schnell wieder ändern kann und wird. Und wenn ich in meinem schlechtbezahlten Job mal wieder nicht weiß, wo mir vor lauter Arbeit der Kopf steht, dann ist mir gewiß, daß ich mich irgendwann bei meinen Luftlöchern wiederfinde. Und manchmal gibt es auch viel Schönes irgendwo dazwischen. Man muß lernen, sich mit den kleinen Dingen zu begnügen. Es müssen nicht immer die großen Gefühle sein. Ich denke, daß das mal unser aller Problem war (sorry Bernd, wenn ich jetzt wieder verallgemeinere). Wir wollten immer nur das Extreme. Immer nur großartige Gefühle - ob nun tieftraurig oder total euphorisch. Das "Dazwischen" wollten wir nicht gelten lassen. Aber dieses "Dazwischen" nimmt einen ziemlich großen Raum ein, den man sich langsam Schritt für Schritt schön gestalten kann. Und das ist es - was wir lernen müssen.
Gruß
[f1][ Editiert von Ameise am: 02.02.2004 20:05 ][/f]
ich bin froh, dass du dich schon wieder besser fühlst!
Eine Aussprache oder Besprechung im Beisein eines Zweijährigen...tja, das kenne ich auch - ein fast hoffnungsloses Unterfangen! Geht bei uns eigentlich auch erst immer, wenn der Kleine im Bett ist. Aber ich bin sicher, in deinem Obersstübchen rattert es und du wirst diesen Stolperstein erfolgreich aus dem Weg schubbsen!
Ameise,
die Verallgemeinerung in Sachen Extreme klingt für mich sehr schlüssig! Zu mir hat mal ein Therapeut vor Jahren gesagt, dass ich mit meinen Gefühlen und Ansprüchen wie ein kaputter Waschmaschinenknopf wäre. Normalerweise kann man da ganz viele verschiedene Feinwaschprogramme, Schleudern etc. einstellen, eben für jede Wäsche das passende. Bei mir wäre das so, dass dieses Raster in dem Knopf nicht vorhanden wäre und deshalb geht es immer nur aus oder hoch auf volle Touren - damals habe ich das, ehrlich gesagt, nicht so ganz kapiert - nur so ungefähr...heute ist mir absolut klar was er meinte...und den Alkohol habe ich oft benutzt, um mich in voller Fahrt zu bremsen, damit auch mal Zwischenstufen (Feinwaschprogramm) möglich sind, da sonst mein (Waschmaschinen)Motor ständig heiß läuft...das hält ja keine Maschine aus...der Alkohol war nur nicht das richtige Mittel dafür, ist eher wie Stecker rausziehn im Schleudergang...und so fange ich jetzt an, an meinem Waschmaschinenknopf zu feilen - Rille für Rille..das wird ein bißchen dauern, da ich das ja nicht gelernt habe und mir öfter Schnitzer passieren und dann passt´s wieder nicht...aber ich krieg das noch hin mit dem Feinwaschprogramm
Dein Hinweis mit dem Waschmaschinenknopf passt genau zu meiner momentanen Situation. Bin am "schleudern" und habe "Koch-und Feinwäsche" zusammengeschmissen. Aber ich weiss jetzt, was ich "aussortieren, entfärben und noch mal waschen" muß. DANKE!!! für den Vergleich, hat mir sehr geholfen.
Ameise, dein Beitrag trifft es ziemlich genau, und wenn ich es mir richtig überlege, dann läuft das bei mir im Großen und Ganzen schon seit 20 Jahren.
Meine Tochter ähnelt mir da leider sehr, sie bremst sich dann durch eine Überreaktion aus, die dass in einer konsequenten Auszeit und Zimmerverweis endet.
@Gaby: Der Waschmaschinenvergleich ist klasse !!!
Es ist so wunderbar, wenn andere Menschen genauso empfinden, dachte ich doch oft, so verwinkelt läuft es nur bei mir...
hallo Patricia, an "Gaby's Waschmaschinenknopf" habe auch ich tapfer geschnitzt, das dauerte Jahre. Dazu passt sehr schön Helena's Zitat "Wir wollten immer nur das Extreme. Immer nur großartige Gefühle - ob nun tieftraurig oder total euphorisch." ((ein Alkoholiker ist ein Bündel aus Arroganz und Angst - fällt mir noch ein, von wem??)) Und darum dauert die Feineinstellung ja auch eine längere Zeit. Das gesunde innere Maß zu erwerben ist für unsereins wohl ein Aufbruch in neue Dimensionen, also in solche, die nicht trinkende (oder konsumierende etc.) schon in der Jugend anfingen zu erlernen. Wir aber nicht!! Weniger pathetisch: Wenn einer aufhört zu trinken, dann trägt er die alten Muster noch in sich. Das heißt alle 4 Wochen ist "baden in Alk" angesagt, damit der angesammelte Unrat weggespült wird. Und jetzt tritt eben an die Stelle dieses unseligen Bades eine Krise. Und wenn dann, liebe Patricia, dazu auch noch weitere "unliebsame" Dinge kommen, und dann noch Belastungen als Mutter, dann gibt das eben eine Krise. Und diese Krisen werden blasser und blasser. Meine letzte Krise war nach 6 Monaten, äußerst heftig. Trockendelir sagen manche dazu. In der Nase so 1 Promille Korn, im Hals 2 promille Magenbitter, beides gleichzeitig. Und ich im Schock, erstarrt, unfähig auch nur 10 Sekunden weiter zu denken. Na ein Glück dass ich das vorher aus der Gruppe schon wusste, von solchen Zuständen. Und da uns allen eben nicht zusteht ständig glücklich zu sein, sondern weil echt weiter zu kommen auch emotionalen Tiefgang bedeutet, als Nadelöhr manchmal, ist das Leben halt manchmal grausam und bissig. So, nun ist genug geweint, nun schauen wir wieder aufwärts und fröhlich, gell?? Grüße von Max
hallo Gerald, das mit dem Bündel war ja wirklich so. Ein Glück bloß, dass wir außerdem noch ganz versteckte lebenstaugliche Reserven in uns gehabt haben mussten, welche uns jetzt befähigen trocken zu bleiben, und auch noch das wahre Licht der Welt zu erblicken. Grüße dich Max
ja, ich versuche es auch als Aufbruch in neue Dimensionen zu sehen, und es ist schön, Neuland zu entdecken und ich nehme dafür gerne mal so einen gestrigen Tag in Kauf. Unterm Strich war es auch postiv, habe ich mich noch spät mit meinem Mann konstruktiv unterhalten ( auch streiten im positiven Sinne) können. Ich berichte übrigens sehr viel von hier und ihm hilft dieser Austausch ebenso, wir kriegen das, glaube ich, ganz gut hin. Ohne diese Krisen könnten wir uns gar nicht weiter entwickeln, ob nun Alkoholiker oder nicht, und wir sehen, was der Stoff bei uns an Brachland hinterlassen hat.
Ich knabbere noch ein bisschen an der Arroganz, es wäre schon wieder arrogant zu behaupten, ich wäre nicht arrogant gewesen , oder?
huuu huuuu Patricia, "(auch streiten im positiven Sinne)" Geanu, das isses, was den meisten leuten an Kultur fehlt. Die streiten sich immer negativ, das heißt bei mir zanken. Weil sie nämlich für sich alleine bleiben und bloß Recht haben wollen. Reine Zeitverschwendung!! (Da hatte ich mal so einen Kandidaten beleidigt, weil ich ihm gesagt hatte, dass er gerne seine eigene Zeit verschwenden könne (mit irgendsolch scheiß-Belehrungen), jedoch nicht meine Zeit verschwenden. Sprach's, ließ ihn stehen, und von Stund' an war ich ihn los.) Aber streiten im Sinne von Austausch der Ansichten, von Argumenten, wertfrei, erst mal hören ohne Einschätzung, vielleicht auch mal lächeln ohne Antwort, weil die bis morgen Zeit hat, das alles sind wohl Dinge, die wir in unserer Arroganz & Angst nicht einemal mehr gesehen hatten. Aber jetzt machen wir ja alles besser, Grüße von Max
Ja, das mit dem Alkoholiker und der Arroganz und Angst. Prima der Spruch ! Danke, Maxe.
Ist mir auf Arbeit auch schon sehr oft aufgefallen. Da ist der Leberzirrhotiker mit einer 20-jährigen Alklaufbahn und wirkt unheimlich arrogant, besserwissend, Schwesternbeleidigend, sehr anspruchsvoll ... Ist schon komisch, ich denke da immer, ich wäre an dieser Stelle sicher unheimlich kleinlaut, verschämt, verschlossen und würde froh sein, wenn man mir hilft, Symptome zu lindern.
Nun zu mir selbst. Auch ich schwingte Reden in der Kneipe, das wirkte bestimmt auch oft arrogant. Es war das Lebensgefühl, das ich ja durch das Trinken suchte, weil ich nüchtern eben nicht Reden schwingen konnte und meine Gedanken verbalisieren konnte (dachte ich). Ich dachte auch, ich rede betrunken besser. Betrunken traute ich mir auch mehr zu, nur am nächsten Tag war ich kleinlauter denn je und voller Scham. Im Endeffekt hab´ich mich nüchtern einfach nicht ausgehalten. Eine Qual und eine Gier nach Alkohol. Und Angst vor dem Leben und was es von mir verlangt, irgendwie pubertäres Denken, keine Konsequenzen tragen wollen. Oft war mir alles zuviel, v.a. war ich mir selbst zuviel. Mit meinem "Wenn und Aber" - Denken.
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Ameise,
...aber ich krieg das noch hin mit dem Feinwaschprogramm 
, oder?
