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Saufnix  
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Dieses Thema hat 8 Antworten
und wurde 3.788 mal aufgerufen
 Arbeitsplatz und Alkoholmißbrauch
minitiger Offline



Beiträge: 155

25.10.2003 19:10
RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Wir haben seit 2 Wochen einen neuen Kollegen im Team.

Leider riecht derselbe fast immer auffallend streng.
So streng, daß ihn schon jeder mal gefragt hat, ob er grade was getrunken hat.

Hat er natürlich nie. Und wie wirs immer bei den Coabhängigen lesen, haben wir zuerst an unserer Wahrnehmung gezweifelt.
Er hat sein Problem wohl nicht erst seit gestern, denn er erzählt vieles kurz hintereinander mehrmals und ziemlich wirr, fuchtelt wild mit den Armen...und wenn man ihm was ausführlich erklärt, fragt er zwei Minuten später garantiert danach, als ob nie was gewesen wäre. Er will seine Ruhe, und unter Streß will er nicht arbeiten, dafür ist er nicht eingestellt, und alle verlangen viel zu viel von ihm (bis jetzt hat noch überhaupt keiner was verlangt, weiß ja jeder daß er sich erst einarbeiten muß).
Ist aber Naturwissenschaftler mit langjähriger Berufserfahrung, was man ihm in dem Zustand nicht zutrauen würde. So stell ich mir beginnendes Korsakow-Syndrom vor, wer kann mir denn da was dazu sagen?
Blödsinnigerweise, obwohl ich weiß daß wir da nix machen können, geht mir das Thema schon Tage im Kopf rum. Wir haben im Team auch immer wieder drüber gesprochen (wir sollen entscheiden, ob wir ihn haben wollen).

Gestern morgen konnte er fast nicht mehr stehen. Er hat gelallt und war aggressiv. Es war schon offenes Diskussionsthema, als ich in die Firma gekommen bin, alle wußten schon Bescheid...nur er selbst hat das nicht gemerkt... oder nicht merken wollen.
Mein Job wars, ihn alleine zur Rede zu stellen, weil ich ihn eh grad in was einweisen durfte/sollte/mußte...lassen sie jemanden fragen, der sich damit auskennt...

Ich hab ihn dann direkt gefragt, als er mir mal so feucht ins Gesicht geredet hat.
Er war auf einer Feier und hat zwei Bier getrunken, die ersten nach 6 Wochen - sagt er.
Aber ich hätte lügen müssen, wenn ich weitergegeben hätte, daß ich das glaube. Er hatte so eine Fahne, daß ich danach selber einen schlechten Geschmack im Mund hatte, so wie wenn ich selbst vom Saufen Magenprobleme hatte. Also das hat mich richtig belastet, mit dem zu reden, mein Körper hat ganz komisch reagiert, wie wenn er sich erinnert hätte, ich war dann später auch ziemlich nervös, wie wenns bei mir selber grad aktuell wär.

Irgendwann hab ich beiläufig erwähnt, daß ich schon mal zu viel getrunken hab in meinem Leben. Ich hab noch nie jemanden erlebt, der da überhaupt nicht drauf angesprungen ist. Aber das war wohl kein Thema, über das er auch nur ein Wort verlieren wollte...

Was ihn den Job wieder kosten wird, ist das Abstreiten. Mir hat keiner einen Strick gedreht, als ichs erzählt hab, daß da mal was war. Aber ein Problem in dieser Größenordnung haben und abstreiten, da fühlen sich die Kollegen für dumm verkauft - da liegt das Problem, nicht darin, daß er ein Problem an sich hat..

Es bleibt einfach gar nichts anderes übrig als ihm zu kündigen, denn nach der Probezeit ginge der Spaß ja wahrscheinlich erst los. In unserer Mittelstandsfirma gibts kein Nischenbiotop - wir brauchen einen, uns stocknüchtern ENTlastet - nicht einen, der durch sein Verhalten schon nach zwei Wochen zur BElastung wird.

Wenn er offen damit umgegangen wäre, als wir ihn angesprochen haben, wäre vielleicht ein Versuch möglich gewesen. Wahrscheinlich nicht mal dann, ich hätt ja sagen müssen daß der höchstwahrscheinlich nicht von Heut auf Morgen auf dem Damm sein wird.

na ja, und ich bin ja noch so jung, wenn ich morgen wieder damit anfange, bin ich in den 3 Jahren bis ich sein Alter erreicht habe, mindestens genauso weit...und ich flieg dann auch raus und blick nix mehr.

Danke, mir reichts .

Na dann doch lieber weiterarbeiten, obwohl ich das sicher nicht erfunden hab...


der minitiger


Zitrin Offline




Beiträge: 308

25.10.2003 22:28
#2 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Sälü Minitiger,

Mitwisser, Vertrauter, Hoffnungsträger sein;
zugleich die Wahrheit und wahrscheinliche Entwicklung des Patienten, aus persönlicher Erfahrung voraussagen können, ist eine schwere Bürde für so ein wichtiges Gespräch.

(Ich möchte nicht mit dir tauschen, ich bewundere dich aber dafür und bin sicher, dass du, der Richtige, für so ein folgenschweres Gespräch bist.

Hm, das tönt schleimerisch, dabei wollte ich dir durch ein Kompliment nur Stärke vermitteln.)

Glaub an deine Kraft und Erfahrung!

Mieze hat mir in einer entfernt verwandten Situation gewünscht, dass ich mich persönlich abgrenzen kann, das hat mir geholfen.

Braucht er noch Beweise, dass er wirklich trinkt?

Vielleicht könnte ein Alkoholtest, wie beim Autofahren Klarheit schaffen?
Warum eigentlich nicht?
Unser jüngster Sohn hat kürzlich am Kiosk einen Akloholtester kaufen wollen. (Als Weihnachtsgeschenk für seinen Paps, damit er weiss, wann er zuviel getrunken hat)

Ich blöde CO habe es ihm leider ausgeredet, vielleicht habe ich genau dadurch eine Chance zur Einsicht vermasselt?

Wie findest du die Idee, so einen Alkoholtest als Eintrittskarte zu gebrauchen? (Beruf oder Entzug)


Wenn er sich seine Krankheit eingesteht und etwas dagegen tut, kann er sich ja wieder bewerben und ist dann reif, für einen Neuanfang, dann kannst du ihn auch mit gutem Gewissen unterstützen.

Beim Saufen darf und will sicher keiner von uns Unterstützer sein.


Zitrin


tommie Offline




Beiträge: 10.595

25.10.2003 22:49
#3 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Zitrin
...vielleicht habe ich genau dadurch eine Chance zur Einsicht vermasselt ?



Hi Zitrin ,

1. Aufstehen.
2. An die Tafel gehen.
3. 100mal schreiben: "Nein, ich bin nicht schuld, dass..."
4. Setzen.

tommie - wünscht einen schönen, 25 Stunden langen Sonntag


Ameise Offline




Beiträge: 1.110

25.10.2003 23:01
#4 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Hi Mini-Tiger,

ich habe mich wohl schon hundertmal gefragt,
wieviel meine Kollegen damals gewußt oder geahnt haben.
Die müssen das gemerkt haben -
ich glaube, wenn mir von denen heute einer über den Weg läuft, werde ich mir wünschen, der Erdboden würde sich auftun, damit ich darin versinken kann.
Das Unausgesprochene ist tausendmal schlimmer,
als hätte man rechtzeitig offen darüber geredet.
Dann hätten die sich jetzt mit mir freuen können,
daß ich trocken bin.

Von daher finde ich es gut, daß der Kollege immer wieder darauf angesprochen wurde.
Wie geht es Dir persönlich dabei?
Siehst Du Parallelen zu Deinem eigenen nassen Verhalten?
Erinnert Dich das ganz mulmig an Deine eigene nasse Zeit?
Hast Du Verständnis, Mitleid oder Wut?
Hast Du das Bedürfnis, ihm zu helfen?
Oder teilst Du die allgemeine Resignation,
die ja meistens trinkenden Kollegen entgegengebracht wird?

Also ich mußte eben jedenfalls erstmal wieder ordentlich darüber nachgrübeln, wie ich damals wohl auf meine Kollegen gewirkt habe.

Gruß


Zitrin Offline




Beiträge: 308

25.10.2003 23:38
#5 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Sälü tommie,
ja,ja, Zitrin hat und gibt sich Mühe: 2-3!

Ich wollte mein Post sogar löschen, weil ich dauernd in die Co-Rolle gefallen bin.


Mist, ist wohl wirklich nicht mein Tag, heute!

Schlaft gut!
Zitrin


Reiner Offline




Beiträge: 1.036

26.10.2003 11:19
#6 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Hi-Rolf
....zu Deiner Frage:

Zitat
So stell ich mir beginnendes Korsakow-Syndrom vor, wer kann mir denn da was dazu sagen?


kann ich sagen:
Ich habe mit "Korsakovgeschädigten" auf der Station gelegen.
Erst wenn er Deine Frühstücksbrote verzehrt und sich mit Dir streitet, dass es seine wären oder Deinen Arbeitsplatz einnimmt und an Deinem Pc ganz selbstverständlich zu arbeiten beginnt kann man von "Korsakovsyndrom" sprechen.
So wie ichs erlebt habe haben die Menschen keine Orientierung und kein Gedächtnis mehr.
Man konnte es Ihnen auch nicht übel nehmen wenn Sie einfach meine Zigaretten als Ihre betrachtet haben.
In den meisten Fällen folgt wohl dann eine Entmündigung!?
Was Deinen Kollegen angeht ist es wohl eine Schädigung des Kleinhirns(Kurzzeitgedächtnis).
Er wird Dir sagen können was vor 20 Jahren war, aber was Du Ihm vor 10 Minuten erzählt hast weiß er nicht mehr.
Mir ging es in abgeschwächter Form vor meiner Entgiftung ähnlich.
Ja und der Hammer war als es mir vor 12 Patienten mitgeteilt wurde:
Ihr Kleinhirn ist angegriffen.(Ist feststellbar beim Schädel-CD)
Nur ist es so, dass man durch intensives Gehirntraining die (versoffenen)Zellen wieder herstellen kann.
Ich denke mir, dass es im Falle Deines Kollegen also noch nicht zu spät ist, wenn er es will??

Gruß Reiner


minitiger Offline



Beiträge: 155

26.10.2003 18:41
#7 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Danke allerseits für eure Antworten.

Wahrscheinlich ist es noch nicht mal so weit mit ihm, wie Du es beschreibst, Reiner, er erscheint nur ziemlich schwer von Begriff, und das paßt einfach nicht zu seinem Lebenslauf. Er braucht einen Vormittag, um etwas zu begreifen, was bei anderen ein paar Minuten geht. Und wir müssen vieles sehr oft wiederholen, bis wir Fortschritte sehen. Also irgendwas ist da halt völlig schief.

Ich muß es nicht entscheiden, und da bin ich glaub ganz froh drum. Ich komm nur um eine Aussage nicht rum, denn die Kollegen haben den Chef informiert, und der wird mich eben fragen, weil ich öfter mit ihm zusammengearbeitet habe.

Wenn jemand erst zwei Wochen in der Firma ist und abzusehen ist, daß es Probleme geben wird, wird der wahrscheinlich anders behandelt werden wie ein bewährter Mitarbeiter, mit dem es abwärts geht. Von daher ist das mit den Hilfsangeboten relativ. Ich glaub, wir können da höchstens einen Anstoß geben.

Er wollte ja am Freitag zuerst nicht mitarbeiten, erst auf gutes Zureden und auch Druck. Das alleine ist am Anfang der Probezeit an sich schon tödlich. Da spielt es fast keine Rolle, ob er jetzt tatsächlich Alkoholiker ist oder nicht.

Harte Daten zu seinem Alkoholismus haben wir nicht, solange er das abstreitet. Spielt im Endeffekt auch keine Rolle, denn wenn er sagt, er hat kein Problem, dann hab ich da auch keins. Es ist seine Sache.

Nur überzeugt bin ich davon schon, daß ich in meinen eigenen Spiegel geschaut habe. Wär ich an irgendeiner Weggabelung anders gelaufen, dann wär ich genau dort, oder sogar schon weiter. Ich könnte da natürlich inmmer noch ganz leicht hinkkommen. Ich kann mich zienmlich leicht in ihn, so wie ich ihn sehe, hineinversetzen. Und das hat mich betroffen gemacht.

Aber vielleicht ist ja doch alles ganz anders?? Vielleicht bilden wir (meine Kollegen und ich) uns das alles nur ein und das Verhalten und der Geruch haben völlig andere Gründe?? Vorverurteilen - und durch die möglichen Konsequenzen ist das eben ein Urteil - will ich ihn ja auch nicht, ich komm echt in Konflikt mit mir selber, was stimmt denn nun..das was er sagt oder das was ich mit meine Sinnen erfasse??

Mal sehen, was morgen früh passiert. Da wirds dann wohl ans Eingemachte gehen. Da wirds nicht nur bei Fragen bleiben, da werde ich meine Beobachtungen, oder was ich dafür halte, wohl offen äußern müssen.
Und das ist mir einfach ziemlich unangenehm. Aber verschweigen und eventuell decken, und damit einen Haufen Ärger in die Firma holen, das kommt auch nicht in Frage.

der minitiger


tommie Offline




Beiträge: 10.595

26.10.2003 19:15
#8 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Hi minitiger ,

ja ja, auch für mich liest sich das ein wenig wie ein deja vu - kommt mir alles so bekannt vor.

Zuerst zu den Fakten - den Fakten dieses "Kollegen" :

- er will seine Ruhe
- er will unter Stress nicht arbeiten
- er lallt zeitweise
- er wird agressiv
- er braucht einen Vormittag, um etwas zu begreifen
- er will nicht mitarbeiten
- er arbeitet teilweise erst auf gutes Zureden.

Wie du merkst, bisher habe ich den Alkohol überhaupt noch nicht erwähnt. Und jetzt einmal ganz ehrlich: welcher einigermassen vernünftig denkende Geschäftsmann würde so jemanden nach einer Probezeit übernehmen ?
Keiner !
Bei uns wäre der schon gar nicht mehr in der Probezeit, sondern wegen Arbeitsverweigerung längst 'rausgeschmissen.
So sieht es heutzutage aus. Und das ist auch gut so.

Andererseits kann ich mich gut in deine Gedanken versetzen, minitiger. Und deshalb versuche einfach einmal, den Faden weiterzuspinnen: was wäre, wenn ihr ihn "decken" würdet ? Na ? Ja, genau, ihr hättet eine Menge Scheiss-Mehrarbeit und andere Probleme am Hals, nämlich seine Probleme. Und speziell du hättest noch ein weiteres Problem: du wärst in Personalunion Alkoholiker und Co-Alkoholiker.
Na toll, was für Aussichten.

Deshalb, minitiger, vertraue morgen auf deine Beobachtungen und sage ehrlich, was du denkst. Wenn es so ist, wie du/ihr vermutest/vermutet, ist es das beste für euch und für ihn.

tommie


minitiger Offline



Beiträge: 155

28.10.2003 19:57
#9 RE: und ob man das merkt Zitat · Antworten

Der Vollständigkeit halber...es ist vorbei. Gleich seit gestern Morgen.

Für ihn wird es wohl nicht so einfach zu Ende sein wie für uns.
Kollegen aus einer anderen Abteilung, die er nicht kannte, haben ihn mittags im Supermarkt beobachtet. Der tägliche Gang von der Kasse zum Altglascontainer.

Jedenfalls weiß er jetzt, daß er es vor anderen nicht mehr verbergen kann.
Alles weitere liegt bei ihm.

der minitiger


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