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Saufnix  
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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 572 mal aufgerufen
 Ganz, ganz viele Fragen
Ganznette Offline



Beiträge: 180

30.08.2003 09:26
RE: Statistisches Alter Zitat · Antworten

ich habe gelesen, dass die meisten Menschen im Alter zwischen 35 und 45 zu Alkoholikern geworden sind. woran mag das liegen? kann es sein, dass man mit ende 20 "so richtig" anfängt und dann einige jahre später an der flasche hängt?
oder ist es einfach so, dass man ab 35 alles hat, und die ziellosen haben keinen kick mehr. die zukunft ist grau in grau, obwohl es einem so gut gehen könnte. aber der job ist uninteressant geworden, der partner ist ok, aber mit der zeit auch nicht mehr so spannend und die ersten grauen haare kommen auch schon:-)) oder die andere seite, immer mehr, immer höher, immer weiter und dann entdeckt man: wozu? partner sind austauschbar, richtig lieben wird immer schwieriger durch die auswahl, die man ja in unserer zeit hat. wie urlaub, einfach buchen, hinfliegen, immer neue ziele, immer weitere. der kühlschrank, der so voll ist,dass man nicht weiss, was man nun essen soll. ich erkenne aber immer wieder die perspektivlosigkeit, die eigentlich grundlos ist. ich persönlich habe überhaupt keine lust mehr auf urlaub, nette restaurants, einen guten job, ein schnelles auto und shoppen auf der kö. aber worauf hat man lust? es kommt einem so vor, als ob man ein falsches leben lebt. man geht einen weg und dieser macht so gar keinen spass mehr. wenn man sich die unmittelbare umgebung so anschaut gibt es kaum jemanden, der nicht zuviel trinkt. allerdings meine ich damit nicht, dass sie alkoholiker sind. vor allem manager sind betroffen, die erfolgreichen. und vielfach die, die keine familie/ ehefrau haben. wie seht ihr das?


Beachen Offline




Beiträge: 3.654

30.08.2003 09:47
#2 RE: Statistisches Alter Zitat · Antworten

Hallo Ganznette !

Also ich fing schon sehr früh an zu trinken.
Ich kam schon sehr früh (nach/in der Pubertät) mit meiner ganzen Lebenssituation und mir selbst nicht zurecht.
Mangelndes Selbstwertgefühl, das Gefühl nichts wert zu sein, seelische Schmerzen die für mich spürbar waren.
Und ich lernte das mir der Alkohol "hilft". So trank ich immer wieder, und führte jahrelang ein Leben das für mich "Leben und Spaß" war.
Ich sehe erst heute, das ich mich dadurch garnicht entwickeln konnte und ich habe das Gefühl, das mir viele Jahre fehlen. Ich mußte dazu aber erst über Mitte 30 werden, um Zusammenhänge zu erkennen.
Für mich ist das was andere wohl nun "normal" oder gar wie du schreibst "perspektivlos" eine große Wohltat.
"Normal" zu leben und sich "normal" zu fühlen. Waschbär nannte das mal Durchschnittsgefühle.
Ich bin nun endlich nicht mehr verhaftet in meinem Kopfkino und kann vieles für mich neu entdecken was mir früher "alles zuviel" war.
Ich für mich kann auch sagen, das meine jahrelange "Perpektivlosigkeit" ganz klar an meinem Trinkverhalten lag. Ich war doch in meiner Freizeit zu gar
nichts anderem fähig als zu trinken und mich am nächsten Tag von den Folgen zu erholen. Natürlich verbiegts da einem über diese Jahre auch den Blick für die Realität. Man schafft sich nämlich seine eigene, natürlich auch um Trinkgründe zu finden.
Und was hilft es einem selbst, in der unmittelbaren Umgebung zu sehen, das alle Alkohol trinken ? Soll das eine Erklärung sein für sich selbst nachdem Motto : guck mal, alle anderen trinken ja auch ! Ich denke, man sollte zuerst mal nach sich selbst schauen. Und warum man selbst trinkt, sich kritisch hinterfragen ohne die Maske des Alkohols.
Ich für mich muß auch ganz klar sagen daß ich mir die "trinkende Umgebung" natürlich auch ausgesucht habe, man sucht/trifft sich mit Leuten, mit denen man zusammen trinken kann. Oder etwa nicht ?
Ich denke dieses "midlifecrisis-Ding" kann auch ganz andere Gesichter haben als nur die Trinkerei.
Das kann über ein neues extremes Hobby bis zu Schönheitsop´s alles sein. Alles womit man eben versucht, sich selbst nicht begegnen zu müssen, sich eine Tiefe, Zufriedenheit zu suchen die man in sich selbst nicht findet.
Ich denke es ist die Frage, wie "echt" man sich selbst fühlt. Wo und wie man sich selbst seinen Platz in der Welt sieht.
Masken und show-spiel-Möglichkeiten gibt es genug.

Grüßle
Bea


michimu Offline



Beiträge: 93

30.08.2003 11:56
#3 RE: Statistisches Alter Zitat · Antworten

Hi Ganznette

das mit der Statistik ist so ne Sache. Die erste Schwierigkeit ist, wie werden Alkoholiker erfaßt, es gibt ein Krebsregister, und die Seuchenregister sowieso, da werden die entsprechenden Krankheiten wie AIDs relativ repräsentativ zur Gesamtbevölkerung erfaßt, schon bei den den Drogenzahlen, die immerhin von der Polizei erfaßt werden weiß man nur sehr ungenau wieviel Konsumenten es tatsächlich gibt, zu den Alkoholabhängigen weiß man gar nix.

Es gibt bestimmte Schätzungen die dann hochgerechnet werden, z.B Trunkenheitsfahrten und die entsprechenden MPU Daten, aber die sind alles andere als repräsentativ. Die Daten die du erwähnst kenn ich im Zusammenhang zur Arbeitsmedizin. Von den Angestellten, die alkoholauffällig werden sind die meisten tatsächlich um die 40 +/- 5 Jahre. Man schätzt dass man ungefähr 10 Jahre `mißbräuchlich´ saufen muß um abhängig werden zu können. Das Saufen bei den entsprechenden Angestellten kommt meist aus einer beruflichen Über/Unterforderung, wenn die Karriere abhebt oder stecken bleibt........aber wie gesagt, das ist so Literaturwissen und hat mit der Wirklichkeit nur bedingt was zu tun. Mir gings wie Beachen, ich hab shon früh mit 13 angefangen und auch Drogen nicht verschmäht, ich bin also gar nicht erst in einen vernünftigen Arbeitsplatz hineingekommen und entsprechend auch in keine Statistik, weil ich hab mich nicht erwischen lassen

LG Michael


felidaela Offline




Beiträge: 796

30.08.2003 12:24
#4 RE: Statistisches Alter Zitat · Antworten

Hallo Ganznette,

ich kann dich gut verstehen. Ich habe aufgehört zu Trinken, dennoch ist nichts wirklich besser geworden. Auch ich habe diese Leere weggetrunken, die entstanden ist, weil ich Angst davor hatte, mich „unters Volk“ zu mischen. Ziele, Träume? Nichts. Dazu müsste man ja raus, kommunizieren, sich mit Menschen auseinander setzen.

Angst wird ganz oft zu Depression, eben weil man sich immer mehr zurückzieht. Diese Abneigung gegen Das da draußen als Angst zu erkennen, ist mir durch das Weglassen von Alk klar geworden und ich konnte endlich auf die anderen Menschen schauen (achtete ja sonst immer nur auf mich, ob ich auch nicht unangenehm auffalle, nichts peinlich werden kann, ich mich nicht zu blöd anstelle usw.), die auch oft genug gesenkten Hauptes durch die Straßen ziehen. Hier und da blamiert sich einer, oder ich finde jemanden unsympathisch..... Aber sind das Katastrophen? Ganz und gar nicht, das ist das Leben. Im Grunde ist es schnurz, was die anderen denken, von diesem Gefühl habe ich ein Zipfelchen zu fassen bekommen.

Während meiner psychosomatischen Reha (9 Wochen) wurde mir zumindest ein großer Teil der Angst genommen, denn wir hatten ja schließlich alle 'n Knall ;-). Die Depris sind offenbar hartnäckiger – ich nehm‘ sie hin. Es ist wahnsinnig schwer, latsche immer wieder mal mit, versuche dieses und jenes..... Das einfache Glück zu empfinden, ist mir offenbar nicht gegeben. Immer wieder höre ich, wie toll es den Leuten ohne Alk geht, wie wohl und zufrieden sie sich fühlen. Ich bin müde, frustriert, habe pausenlos Kopfschmerzen, wache morgens damit schon auf.... es fehlt der Kick, die Vorfreude. Obwohl ich der ohnehin nicht mehr traue. War es nicht die Vorfreude, die mich zur Flaschen greifen ließ? Die freudige Erwartung auf ein Ereignis (z.B. Feierabend) und die Angst vor der Enttäuschung?

Heute bin ich so weit, dass ich gar nichts mehr erwarte, das macht mich ruhiger, fast gelassen. Blöderweise wurde ich auch noch nicht angenehm überrascht. Aber auch nicht enttäuscht. Morgens stehe ich auf (mit Kopfschmerzen – was will mir mein Körper damit sagen?), und auch wenn es mir nicht gut geht, weiß ich zumindest, dass es nicht der Alk ist. Das nimmt schonmal Schuldgefühle und ich kann mich meinem Elend hingeben, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Eben weil alles so austauschbar ist, kann nur jeder für sich sein Heil finden und das auch nur mit und durch sich selbst (Amen). Es hilft kein Jammern (so wie ich hier), denn stoßen wir nicht gerade die zurück, die uns da rauszerren wollen? Haben wir nicht tausende Argumente, die unsere Schmach rechtfertigen? Selbstmitleid bringt mich aber immer ganz nach unten und wenn ich dann da bin, durch alle Selbstmordgedanken hindurch, kann ich wieder aufstehen, eben weil doch alles egal ist. Ich kann also nichts falsch machen, und selbst wenn: es ist egal. Wendet sich jemand ab? Egal! Es bleibt mir ja immer die Option, dem ein Ende zu machen, wenn ich es nicht mehr aushalte. Dieser Gedanke macht frei. Und da bekommt der Spruch: „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker“, einen Sinn, einen fassbaren, beruhigenden Sinn.

Ich wünsche allen ein schönes WE und genießt es, genießen zu können.

Alles Gute.

Ähm.... ein bissel am Thema vorbei...


duennerwolf Offline




Beiträge: 445

31.08.2003 01:20
#5 RE: Statistisches Alter Zitat · Antworten

Hallo Ganznette,
bei mir war es so, dass ich in einem riesigen Ferienhaus saß, ein nagelneuer Amischlitten vor der Tür, Frau und Baby neben mir und ich fragte mich, ob dies jetzt das richtige, das erfüllte Leben sei. Aber ich fühlte nur eine große Leere in mir.
Also fing ich nach 10 Jahren Abstinenz wieder an, diese Leere mit Alkohol zu verfüllen. Aber ich konnte hineinschütten soviel ich wollte, dieses große Loch in mir, dieses Gefühl der Sinnlosigkeit blieb.
Ich haderte mit der Welt und wartete auf den Moment, an dem mir irgendwer das große Glück, den Sinn des Lebens vorbeibringen würde.
Aber da kann man lange warten !
Erst heute lerne ich, dass diese Leere auch verschwinden kann, mann muss Sie nur mit Leben füllen. Machen muss man das aber schon selbst.
Nun habe ich aber gut reden, wo ich doch gerade selbst wieder auf die Beine komme.
Schönen Sonntag noch
Wolfgang


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